Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten Witwerrente aus der Versicherung seiner Ehefrau M. P. (Versicherte). Umstritten ist, ob die Folgerung gerechtfertigt ist, daß die Versicherte vor ihrem Tode ihren Ehemann dadurch überwiegend unterhalten hat, daß sie höhere Geldzahlungen an den Kibbuz leistete, in dem beide Eheleute lebten.
Die Ehe des Klägers und der Versicherten wurde 1943 in Israel geschlossen. In den Jahren danach lebten die Eheleute weiterhin im Kibbuz K. R. /Israel, der aus 234 Mitgliedern bestand. Am 12. Juli 1984 ist die Versicherte verstorben. In dem Jahr vor ihrem Tode betrugen die Ausgaben für den Lebensunterhalt aller Mitglieder des Kibbuz 994.900, 00 DM (August bis Dezember 1983) und 992.379, 00 DM (Januar bis Juli 1984), d.h. insgesamt 1.987.279, 00 DM. Zu diesem Betrag haben 49 Mitglieder des Kibbuz 567.179, 00 DM an Renten aus der deutschen Rentenversicherung beigesteuert. Von der israelischen Nationalversicherung bezog der Kläger im Jahr vor dem Tode seiner Ehefrau eine Altersrente von umgerechnet 3.952, 50 DM, die Versicherte eine Altersrente von umgerechnet 3.780, 50 DM. Letztere erhielt zudem von der Beklagten eine Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) in Höhe von monatlich 836, 10 DM. Beide Eheleute zahlten die Rentenbeträge in die Kibbuz-Kasse ein.
Den im Mai 1985 bei der Beklagten gestellten Antrag auf Witwerrente lehnte diese mit Bescheid vom 11. Juni 1985 ab, weil die Versicherte nicht den überwiegenden Unterhalt der Familie bestritten habe; die Familie werde im Kibbuz nicht vom Ehegatten, vielmehr die Ehegatten von der Gemeinschaft unterhalten. Den Widerspruch des Klägers leitete die Beklagte gemäß § 85 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) an das Sozialgericht Düsseldorf (SG) weiter.
Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung des streitigen Bescheides verurteilt, dem Kläger Witwerrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren (Urteil vom 9. August 1991). Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 25. Mai 1992). Dem Kläger stehe die geltend gemachte Rente aus der Versicherung seiner Ehefrau nicht zu, weil diese den Unterhalt ihrer Familie nicht überwiegend bestritten habe. Sie habe zwar ein höheres Einkommen als der Kläger gehabt, ihre Einkünfte jedoch, ebenso wie der Kläger seine Rente, an den Kibbuz abgeführt. Damit habe sie einen Beitrag zu den finanziellen Aufwendungen des Kibbuz geleistet, nicht aber den Unterhalt ihrer Familie überwiegend bestritten. Unter Familie im Sinne des § 1266 der Reichsversicherungsordnung (RVO) sei nämlich die Familie im Sinne des Art 6 des Grundgesetzes (GG) zu verstehen. Aber selbst wenn in dem Kibbuz eine Familie im Sinne von Art 6 GG, § 1266 RVO zu sehen sei, hätte die versicherte Ehefrau des Klägers nicht den überwiegenden Unterhalt dieser "Familie", d.h. des Kibbuz, bestritten, was angesichts der Aufwendungen des Kibbuz für den Lebensunterhalt seiner Mitglieder und der Höhe der Rentenleistungen der verstorbenen Ehefrau des Klägers keiner weiteren Begründung bedürfe. Abgesehen davon habe sich aber auch an der Unterhaltssituation des Klägers durch den Tod seiner Ehefrau nichts geändert. Sein Lebensunterhalt werde nach wie vor durch den Kibbuz sichergestellt, ohne daß er irgendwelche Abstriche wegen des Wegfalls des Beitrages seiner Ehefrau zu dem Finanzaufwand des Kibbuz hinnehmen müßte. Unerheblich sei ferner, ob die verstorbene Ehefrau des Klägers seine Wäsche besorgt und auch die gemeinsame Wohnung in Ordnung gehalten habe. Denn unabhängig davon, daß der Kläger zur Übernahme eines Teils dieser Arbeiten auch seiner Ehefrau gegenüber verpflichtet gewesen sei, überstiegen diese Leistungen auch nicht die Hälfte der Leistungen, die der Kläger und seine Ehefrau vom Kibbuz erhalten hätten.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 1266 RVO. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor: Ausgehend von dem Grundsatz, daß den Renten der Versicherungsanstalten Lohnersatzfunktion zukomme, sei es gerechtfertigt, im vorliegenden Fall die allgemeinen Grundsätze des Ersatzrechts zu beachten. Ziehe man von dem Betrag von 1.987.279, 00 DM, den der Kibbuz K. R. für den Unterhalt seiner 234 Mitglieder innerhalb des Zeitraums vom 1. August 1983 bis 31. Juli 1984 aufgewandt habe, die den einzelnen Kibbuz-Mitgliedern zugeflossenen (BEG- und Sozialversicherungs-) Renten von 567.159, 00 DM ab, so verblieben 1.420.120, 00 DM, die aus der Tätigkeit der Kibbuz-Mitglieder herrührten. Wären dem Kibbuz die aus Deutschland stammenden Renten nicht zugeflossen, so hätte für jedes Kibbuz-Mitglied nur ca 505, 00 DM monatlich aufgewandt werden können (1.420.120, 00 DM : 12 = 118.344, 00 DM : 234); dieser Betrag liege in Deutschland unter der sog Armutsgrenze. Jeder ersatzlose Wegfall einer aus Deutschland gezahlten Rente bringe mithin jedes einzelne Kibbuz-Mitglied der Armutsgrenze näher. Eine Parallele könne zu den deutschen katholischen Orden gezogen werden. Das Berufungsgericht erkläre dagegen mit seinem Urteil im Ergebnis, daß sich die Beklagte bei dem Kibbuz K. R. wegen der Mitgliedschaft des Klägers in diesem Kibbuz "finanziell erholen" dürfe. Dabei habe gerade die Diskussion zum Schadenersatzrecht der letzten Jahrzehnte deutlich gezeigt, daß der Schädiger von Zufällen in der Geschädigtensphäre nicht profitieren dürfe und daß der Schädiger ggf auch Ersatz zu leisten habe, wenn der Geschädigte persönlich keine Vermögenseinbußen erlitten habe.
Der Kläger beantragt, das Urteil des LSG vom 25. Mai 1992 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 9. August 1991 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§ 164 SGG).
Die Revision des Klägers ist auch im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen reichen für eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts nicht aus. Es sind noch die Rechtsbeziehungen in dem Kibbuz K. R. zu klären, und es ist u.a. noch zu ermitteln, in welcher Weise und in welchem Umfang jeder der Ehepartner in der Zeit vor dem Tode der Versicherten durch Arbeitsleistung zu den Unterhaltsaufwendungen des Kibbuz beigetragen hat und - im Falle von Schwankungen des finanziellen Beitrags oder der Arbeitsleistung - welche Verhältnisse als letzter wirtschaftlicher Dauerzustand anzusehen sind.
Maßgeblich für den geltend gemachten Anspruch ist wegen § 300 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) das vor dem 1. Januar 1992 geltende Recht, denn der Anspruch des Klägers war schon vor dem Inkrafttreten des SGB VI streitig (ständige Rechtsprechung; vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 29; vgl. auch BSG, Urteil vom 25. Februar 1992 - 5 RJ 22/91 -). Rechtsgrundlage für den vom Kläger erhobenen Anspruch ist deshalb, wie das LSG zutreffend erkannt hat, § 1266 Abs. 1 RVO in der am 31. Dezember 1985 geltenden Fassung (vgl. Art 2 § 19a des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪ArVNG≫). Diese Vorschrift ist auf den Kläger im Hinblick auf die in Art 4 Abs. 1 i.V.m. Art 3 Abs. 1 Buchst a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über soziale Sicherheit vom 17. Dezember 1973 (BGBl. II 1975 S. 245, ≪DISVA≫), geändert durch das Änderungsabkommen vom 7. Januar 1986 (BGBl. II S. 862), enthaltene Gebietsgleichstellung - mit den im DISVA für die hier zu entscheidende Streitfrage nicht einschlägigen Modifikationen - grundsätzlich anwendbar, denn der Kläger ist nach den vom LSG wegen der weiteren Einzelheiten in Bezug genommenen Verwaltungsakten israelischer Staatsangehöriger, worüber unter den Beteiligten auch kein Streit besteht.
Nach § 1266 Abs. 1 RVO erhält der Ehemann nach dem Tode seiner versicherten Ehefrau Witwerrente, wenn die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie überwiegend bestritten hat. Nach § 1263 Abs. 2 RVO wird Hinterbliebenenrente u.a. nur gewährt, wenn der Verstorbenen zur Zeit ihres Todes Versichertenrente zustand. Letzteres war nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hier der Fall. Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des Vordergerichts einschließlich der in Bezug genommenen Verwaltungsakten (vgl. dort Bl 177ff., 204) sowie dem Tatbestand des Urteils erster Instanz ergibt sich ferner, daß der Kläger mit der Versicherten zur Zeit ihres Todes in rechtsgültiger Ehe gelebt hat. Indessen läßt sich die Frage, ob die Versicherte den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat, noch nicht abschließend beurteilen.
Eine Versicherte hat den Unterhalt der Familie "überwiegend bestritten", wenn ihr Unterhaltsbeitrag mehr als die Hälfte der gesamten Unterhaltsleistungen ausgemacht hat, die für die Familie erbracht worden sind (ständige Rechtsprechung; vgl. BSG SozR 2200 § 1266 Nr. 23 mwN; vgl. auch BSG, Urteil vom 12. September 1990 - 5 RJ 67/89 -; vgl. ferner BSG SozR 2200 § 593 Nr. 1). Zur "Familie" im Sinne des § 1266 Abs. 1 RVO gehören aber nicht die Personen, die, ohne durch Familienbande mit der Versicherten und/oder ihrem Ehemann verbunden zu sein, mit diesen in einer sozialen Gemeinschaft von Gleichgesinnten Arbeit und Einkünfte teilen. Derartige Kollektive, mithin auch die israelischen Kibbuzim, rechnen daher, wie das LSG in seiner Haupterwägung zu Recht angenommen hat, nicht zur "Familie" im Sinne der vorgenannten Bestimmung. Mit dem LSG ist davon auszugehen, daß hier die "Familie", auch wenn sie in der Lebensform einer sozialen Gemeinschaft im Kibbuz aufgegangen sein mag, allein aus den Eheleuten bestanden hat.
Für die Entscheidung, ob die verstorbene Ehefrau des Klägers den Familienunterhalt überwiegend getragen hat, ist der letzte wirtschaftliche Dauerzustand maßgebend, der mit der letzten wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Familienmitgliedes mit Dauerwirkung vor dem Tode der Versicherten beginnt und grundsätzlich mit dem Tode der Versicherten endet (ständige Rechtsprechung; vgl. BSGE 14, 129, 132 = SozR Nr. 1 zu § 1266 RVO; SozR a.a.O. Nrn 2, 3 und 4; SozR 2200 § 1266 Nr. 23 m.w.N.). Wenn die äußeren Umstände unverändert bleiben und lediglich das unter Fortbestehen dieser Umstände erzielte, d.h. tatsächlich zugeflossene, Einkommen (dazu BSG SozR Nr. 9 zu § 1266 RVO; SozR 2200 § 1266 Nrn 8, 9 und 12 S. 50; vgl. auch BSG, Urteil vom 1. Dezember 1983 - 4 RJ 33/82 - und Urteil vom 26. Juni 1990 - 5 RJ 54/89 -) schwankt, so begründet dies allerdings noch nicht den Beginn eines neuen wirtschaftlichen Dauerzustandes. Maßgebend ist auch in einem solchen Falle der gesamte letzte wirtschaftliche Dauerzustand einschließlich der in ihm enthaltenen Zeiten vorübergehender Einkommensschwankungen (BSGE 14, 129, 133; BSG, Urteil vom 25. Februar 1992 - 5 RJ 22/91 -). Das LSG ist, der Meinung des Klägers folgend, offenbar davon ausgegangen, daß letzter wirtschaftlicher Dauerzustand die Zeit von August 1983 bis Juli 1984 gewesen ist; es hat für diesen Zeitraum beim Kläger eine israelische Altersrente in Höhe von insgesamt umgerechnet 3.952, 50 DM und bei der Versicherten eine solche von insgesamt umgerechnet 3.780, 50 DM sowie eine von der beklagten Landesversicherungsanstalt (LVA) bezogene monatliche EU-Rente von 836, 10 DM (insgesamt 10.033, 20 DM) berücksichtigt. Damit hat es für den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand auf das letzte Jahr vor dem Tode der Versicherten abstellen wollen. Das letzte Jahr vor dem Tode der Versicherten kann dem "letzten wirtschaftlichen Dauerzustand" gleichgesetzt werden, wenn die letzte Änderung gerade ein Jahr vor dem Tode eingetreten ist oder wenn die Verhältnisse im letzten Jahr repräsentativ für die ganze Dauer des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes sind (BSG SozR Nr. 4 zu § 1266 RVO; SozR 2200 § 1266 Nrn 12 und 17; Urteil vom 16. März 1989 - 4/1 RA 17/87 - und vom 25. Februar 1992 - 5 RJ 22/91 -). Davon konnte das LSG hier zunächst ausgehen, da es sich bei dem Einkommen beider Eheleute um Rentenleistungen handelte, deren möglichen Veränderungen im Laufe eines Jahres bei dem hier bisher vorliegenden Zahlenmaterial nicht ins Gewicht fallen würden.
Als Unterhalt kann allerdings nicht ohne weiteres die Summe aller Familieneinnahmen angesehen werden, sondern nur derjenigen Einnahmen, die tatsächlich zum Familienunterhalt verwendet wurden (ständige Rechtsprechung; vgl. BSG SozR 2200 § 1266 Nr. 21 S. 81 mwN; vgl. auch Urteile vom 16. März 1989 - 4/1 RA 17/87 - und vom 25. Februar 1992 - 5 RJ 22/91 -). Damit stellt sich die Frage, ob die Abführung der Einkünfte an den Kibbuz als Verwendung für den Familienunterhalt anzusehen ist. Dies ist grundsätzlich zu bejahen. Zwar wird damit nicht unmittelbar der Unterhaltsbedarf gedeckt, sondern die Sicherstellung des Unterhalts durch einen Dritten bewirkt. Auch solche Zahlungen sind indes als Unterhaltszahlung anzusehen. Dies ist anerkannt beim sog Vorsorgeunterhalt, d.h. bei Entrichtung von Beiträgen für Versicherungen, die der Sicherstellung des Lebensunterhalts dienen (für Bausparverträge: BSG SozR Nr. 10 zu § 1266 RVO; BSGE 40, 161, 165 = SozR 2200 § 1266 Nr. 3; für freiwillige Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung: BSG, Urteil vom 16. März 1989 - 4/1 RA 17/87 -; anders allerdings für Pflichtbeiträge: BSGE 53, 34, 35 = SozR 2200 § 1266 Nr. 19).
Dies ist ferner anzunehmen, soweit Leistungen an ein Heim oder ähnliche Einrichtungen erbracht werden, die ihrerseits den Unterhalt sicherstellen. In solchen Fällen wird der Unterhalt pauschal durch einen Vertrag mit einem Dritten gesichert und es trägt dann (finanziell) derjenige Ehepartner überwiegend zum Unterhalt bei, der den höheren Anteil der finanziellen Gegenleistung für den vereinbarten Unterhalt der Familie aufbringt.
Kollektive Formen der Unterhaltssicherung unterscheiden sich hiervon nicht grundsätzlich, sondern nur in der Gestaltungsform. Deutlich wird dies, wenn beispielsweise mehrere Ehepaare einen Gesellschaftsvertrag schließen (§§ 705ff. BGB), der vorsieht, daß sie aus einer Kasse wirtschaften, in die sie ihre Einkünfte oder einen bestimmten Betrag einbringen. Auch in einem solchen Fall ist der eigene finanzielle Beitrag die vertragliche Voraussetzung und Gegenleistung für die Gewährung des Familienunterhalts aus der gemeinsamen Kasse der Gesellschaft. Nicht ein Dritter erbringt von sich aus den Unterhalt; auch wird er nicht bruchteilsmäßig von den beteiligten Einzelpersonen sichergestellt, sondern von der Gesamtheit der Gesellschaft aufgrund der vertragsmäßig gezahlten Beiträge. Dementsprechend trägt im Verhältnis der Ehepartner derjenige den Unterhalt überwiegend, der überwiegend die Kosten für das "Unterhaltspaket" trägt.
Dabei ist nicht entscheidend, ob und inwieweit der Unterhaltsbedarf der Eheleute (z.B. wegen bestimmter Leiden) unterschiedlich hoch ist; denn es kommt stets auf den gesamten Unterhalt der Familie an. Unerheblich ist auch, ob die vertragliche Gestaltung eine gleich hohe Zahlung aller Mitglieder vorsieht oder im Sinne eines sozialen Ausgleichs verschieden hohe Summen eingebracht werden. In allen Fällen wird der Unterhalt für die Familie durch die "Beiträge" der Eheleute erworben.
Nicht anders sind im Grundsatz die Rechtsverhältnisse in der größeren Gemeinschaft eines Kibbuz zu sehen. Geht man einmal von den Bestimmungen der Kibbuzstatuten der Vereinigten Kibbuzbewegungen (abgedruckt in "Das Kibbutz-Modell", herausgegeben von Gunnar Heinsohn, Edition Suhrkamp Nr. 998, Frankfurt 1982) aus, so ergibt sich, daß die besondere Lebensform in der Gemeinschaft des Kibbuz nur zu ermöglichen war (ua) durch Abführung des eigenen Einkommens an den Kibbuz, der seinerseits den Unterhalt seiner Mitglieder sicherstellt. Auch hier würde es sich danach um eine Vertragsgestaltung handeln, bei der durch Entrichtung bestimmter Geldbeiträge (darüber hinaus allerdings auch noch von Arbeitsleistungen, auf die später eingegangen wird) eine pauschale Sicherstellung des Unterhalts bewirkt wird. Dabei ist auch ohne Bedeutung, daß als Gegenleistung für die Sicherstellung des Unterhalts kein fester Betrag vorgesehen ist und der Umfang des zu gewährenden Unterhalts nicht festgeschrieben ist, sondern sich nach den Bedürfnissen richtet.
Es kommt bei einer solchen Vertragsgestaltung auch nicht darauf an, wie der Kibbuz die Mittel verwendet, ob er also z.B. einen Teil für geschäftliche Aktivitäten einsetzt, die nicht dem Unterhalt zuzurechnen sind. Bei Verträgen mit einem Dritten über die Sicherung des Unterhalts verliert die erforderliche Gegenleistung ihren Charakter als Zahlung für den Unterhalt nicht dadurch, daß der Dritte "ein gutes Geschäft macht" und dadurch einen Teil der Zahlungen der Berechtigten für andere Zwecke verwenden kann. In einer Gesellschaft oder einem Kollektiv könnte die Verwendung von Mitteln für andere Zwecke allenfalls bruchteilmäßig von den Zahlungen der einzelnen Mitglieder abgezogen werden; hierdurch würde sich im Verhältnis der Zahlungen der Eheleute zueinander aber nichts ändern.
Legt man die zitierten Kibbuz-Statuten zugrunde, so ist darüber hinaus bedeutsam, wie die Arbeitsleistung des Klägers einerseits und der Versicherten andererseits zu bewerten ist, die sie während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes für den Kibbuz erbracht haben. Auch die Erfüllung der satzungsgemäßen Arbeitsverpflichtung ist eine Gegenleistung für die Sicherstellung des Unterhalts und mithin als Unterhaltsleistung zu bewerten. Da die Arbeitsleistung offenbar im Kibbuz nicht entlohnt wird, ist unter Anwendung der Rechtsprechung, die zum Wert der Hausarbeit ergangen ist (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 12. September 1990 - 5 RJ 67/89 -; BSGE 31, 90, 95 f; BSG SozR 2200 § 1266 Nr. 13), von dem Bruttoentgelt auszugehen, das für entsprechende Tätigkeiten in der freien Wirtschaft zu zahlen gewesen wäre.
Nicht entscheidend ist demgegenüber, in welchem Umfang der Kläger und die Versicherte bei ihrem Eintritt in den Kibbuz diesem Vermögen übertragen haben. Das BSG hat bereits im Zusammenhang mit einem Altenteilsvertrag entschieden, daß die Übergabe des landwirtschaftlichen Vermögens an den Jungbauern, mit der die Unterhaltssicherung bewirkt wurde, nicht als Unterhaltsleistung des Altenteilers für die Familie anzusehen ist (BSG, Urteil vom 18. November 1977 - 5 RJ 58/76 -). Entsprechendes muß dann auch für sonstige Vermögensgegenstände gelten.
Ist somit grundsätzlich festzuhalten, daß die laufenden Leistungen der Eheleute an den Kibbuz (finanzielle Leistungen/Arbeitsleistung) als Beitrag zum Unterhalt der Familie anzusehen sind, wenn dieser durch den Kibbuz sichergestellt wird, so bedarf es noch der genauen Feststellung, welche Verpflichtungen insoweit den Kläger und die Versicherte trafen, wie also die Rechtsverhältnisse im Kibbuz K. R. geregelt waren und inwieweit der Kläger und die Versicherte darin eingebunden waren. Das LSG hat dazu bisher - von seiner Rechtsauffassung aus zu Recht - noch keine Feststellungen getroffen. Das Revisionsgericht kann die in der Literatur enthaltenen Angaben dazu nicht verwerten, da es offenbar durchaus unterschiedliche Gestaltungsformen gibt.
Bei der Nachholung der erforderlichen Ermittlungen durch das LSG kann sich ergeben, daß es hinsichtlich des Arbeitseinsatzes untypische Einsatzformen gibt, die möglicherweise keine Entsprechung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden. Bei derartigen Schwierigkeiten genügt eine Schätzung des Wertes der Arbeitsleistung.
Zeitlich kann nicht ohne weiteres das letzte Jahr vor dem Tode der Versicherten als letzter wirtschaftlicher Dauerzustand zugrunde gelegt werden. Dies wäre zwar - wie dargelegt - im vorliegenden Fall unproblematisch, wenn man - wie das LSG - nur die Rentenleistungen beurteilt. Es kann jedoch weder von einer gleich zu bewertenden noch von einer gleichmäßigen Arbeitsleistung der Eheleute im Zeitraum des letzten Jahres ausgegangen werden. Sofern sich letztlich nur knapp ein überwiegender Unterhalt der Familie durch die Versicherte ergibt (oder nicht ergibt), wäre dann auch eine sonst nicht bedeutsame Veränderung in der Rentenhöhe uU bedeutsam und deshalb zu ermitteln.
Schließlich können neben den Leistungen an den Kibbuz auch noch Unterhaltsleistungen unmittelbar im Verhältnis der Eheleute zueinander erbracht worden sein. Soweit erkennbar, war offenbar der private familiäre Bereich auch im Kibbuz nicht völlig aufgelöst. Wenn dem aber so ist, kommt es uU darauf an, inwieweit der Kläger und inwieweit die Versicherte Unterhalt durch Hausarbeit geleistet haben. Das BSG hat dazu in jüngeren Entscheidungen darauf abgestellt, in welchem Umfang eine Verpflichtung zur Hausarbeit bestand (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1983 - 4 RJ 33/82 -; Urteil vom 12. September 1990 - 5 RJ 67/89 -). Hierbei dürfte bei Rentnern der Gesundheitszustand eine besondere Rolle spielen und im Rahmen eines Kibbuz auch der Umfang der Verpflichtungen gegenüber dem Kibbuz. Die Bewertung erfolgt wie oben dargelegt nach dem Bruttoentgelt einer Haushaltshilfe, die entsprechende Arbeiten in einem Arbeitsverhältnis verrichtet.
Unbeachtlich ist für den Anspruch nach § 1266 RVO, ob der Kläger letztlich durch den Tod seiner Ehefrau einen Verlust an Unterhaltsleistungen erlitten hat. Hinterbliebenenrenten haben zwar grundsätzlich Unterhaltsersatzfunktion. Sie sind aber rechtlich nicht davon abhängig, daß dem Hinterbliebenen Unterhaltsleistungen entgehen. Weder eine erhebliche Erbschaft von seiten der verstorbenen Ehefrau noch Leistungen aus einer Lebensversicherung der Ehefrau, eigenen Vorsorgeverträgen oder Leistungen Dritter schließen den Hinterbliebenenrentenanspruch aus. Dementsprechend kann auch die durch den Kibbuzvertrag über den Tod der Ehefrau hinauswirkende Sicherung des Unterhalts einem Anspruch auf Witwerrente nicht entgegenstehen. Vergleichbares hat das BSG bereits im Zusammenhang mit einem Altenteilsvertrag entschieden (BSG, Urteil vom 18. November 1977 - 5 RJ 58/76 -).
Der Rechtsstreit war daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG). Dieses wird auch über die Kosten zu entscheiden haben.
Fundstellen