Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen. Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag aufgrund der Übergangsregelung des § 133a SGB 12. Beteiligung an den Aufenthaltskosten. Wegfall nach Unterbrechung des Leistungsbezuges. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch auf den zusätzlichen Barbetrag nach dem vor dem 1.1.2005 geltenden Sozialhilferecht für Heimbewohner, den diese am 31.12.2004 wegen der Beteiligung an den Kosten des Aufenthalts in einer Einrichtung hatten, besteht ab dem 1.1.2005 nur, solange auch ein Anspruch auf den üblichen Barbetrag bei fortbestehender Beteiligung an den Aufenthaltskosten besteht.
2. Nach Unterbrechung der Anspruchsberechtigung bzw bestandskräftiger Leistungsablehnung entsteht dieser Anspruch nicht neu.
Normenkette
SGB 12 § 19 Abs. 1 Fassung: 2003-12-27; SGB 12 § 35 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2003-12-27, Abs. 2 S. 1 Fassung: 2003-12-27, S. 2 Fassung: 2006-12-02; SGB 12 § 133a; BSHG § 21 Abs. 3 S. 4; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. April 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Im Streit ist (noch) die Zahlung von weiteren 29,78 Euro als Barbetrag zur persönlichen Verfügung bei Gewährung einer stationären Leistung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für den Monat Juni 2008.
Der 1940 geborene Kläger, der eine gesetzliche Altersrente bezieht, ist seit 1994 stationär untergebracht. Die Kosten dieser Unterbringung hat zunächst der überörtliche Träger der Sozialhilfe unter Beteiligung des Klägers an diesen Kosten übernommen und ua im Dezember 2004 einen sog Zusatzbarbetrag in Höhe von 29,78 Euro wegen der klägerischen Beteiligung an den Kosten gezahlt. Diese Leistung wurde bis 31.1.2006 weiter erbracht, ab 23.11.2005 allerdings unter Vorbehalt der - dann später erfolgten - Rückforderung (Bescheid vom 3.5.2006). Ab 1.2.2006 wurden sozialhilferechtliche Leistungen generell abgelehnt, weil der Kläger Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche in Höhe von etwa 80 000 Euro nach dem Tod seines Vaters erworben hatte und davon im Dezember 2005 über 48 000 Euro seinem Sparbuch gutgeschrieben worden waren (bestandskräftiger Bescheid vom 20.1.2006). Danach bestritt der Kläger seinen Lebensunterhalt und die Kosten der stationären Unterbringung bis einschließlich Februar 2008 in vollem Umfang selbst. Erst auf seinen Antrag vom 28.1.2008 (wegen Verbrauch des Vermögens) bewilligte ihm der Beklagte ab 1.3.2008 wiederum Leistungen in einer Einrichtung und einen monatlichen Barbetrag - für Juni 2008 in Höhe von 93,69 Euro - ohne den früher gezahlten zusätzlichen Barbetrag in Höhe von 29,78 Euro (Bescheid vom 22.7.2008; Widerspruchsbescheid vom 19.9.2008 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter).
Die hiergegen erhobene Klage hatte beim Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen Erfolg; der Beklagte wurde verurteilt, dem Kläger den "Zusatzbarbetrag in der für den Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe ab 1.3.2008 voll zu erbringen" (Urteil vom 30.7.2009). Nachdem sich die Beteiligten im Berufungsverfahren gegen dieses Urteil zunächst auf eine Neubescheidung unter Beachtung der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) im Verfahren B 8 SO 16/10 R verglichen hatten, wobei das Berufungsverfahren allerdings fortgesetzt werden solle, wenn das Revisionsverfahren ohne Urteil enden sollte, hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen nach Wiederaufgreifen des Berufungsverfahrens wegen unstreitiger Erledigung des Verfahrens B 8 SO 16/10 R das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen; der Streitgegenstand war zuvor in der mündlichen Verhandlung durch (erneuten) Vergleich auf den Monat Juni 2008 beschränkt worden (Urteil vom 16.4.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf einen höheren Barbetrag bzw den ihm früher gezahlten zusätzlichen Barbetrag. Der Beklagte habe als der nach Landesrecht sachlich und örtlich zuständige Sozialhilfeträger den im Gesetz vorgesehenen pauschalierten Barbetrag zur persönlichen Verfügung in Höhe von 27 vom Hundert des Eckregelsatzes gewährt; mangels besonderer Einzelfallgesichtspunkte komme eine höhere Bemessung nicht in Betracht. Ein Anspruch auf den (ebenfalls pauschalierten) zusätzlichen Barbetrag gemäß § 133a SGB XII iVm § 21 Abs 3 Satz 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ergebe sich nicht; dessen Fortzahlung ab 1.1.2005 sehe § 133a SGB XII nach Sinn und Zweck der Regelung (Bestandsschutz) nur bis zum Entfallen der Hilfebedürftigkeit vor.
Mit seiner Revision macht der Kläger eine Verletzung des § 133a SGB XII geltend. Der Zusatzbarbetrag sei ab 1.1.2005 auch nach einer Unterbrechung des Leistungsbezugs weiterzuzahlen. Eine andere Auslegung der Norm verstoße gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 22.7.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.9.2008 (§ 95 SGG), gegen den sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage wendet (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG). Der streitbefangene Zeitraum ist aufgrund des wirksamen Teilvergleichs der Beteiligten vom 16.4.2012 auf den Monat Juni 2008 begrenzt worden. In der Sache ist die Klage zulässigerweise beschränkt auf die Zahlung eines höheren Barbetrags (29,78 Euro), dessen untrennbarer Bestandteil der zusätzliche Barbetrag nach § 133a SGB XII ist (vgl im Einzelnen dazu BSGE 101, 217 ff RdNr 12 ff = SozR 4-3500 § 133a Nr 1). Zu Recht ist das LSG deshalb davon ausgegangen, dass eine weitere Beschränkung auf die Geltendmachung des zusätzlichen Barbetrags (§ 133a SGB XII) als alleinigen Streitgegenstand nicht möglich ist; dies gilt auch, wenn der Beklagte - wie vorliegend vom SG - vorinstanzlich verurteilt worden ist, "den Zusatzbarbetrag zu zahlen". Allerdings ist die vom Kläger geltend gemachte Leistung mit der Tenorierung des SG der Höhe nach auf den Betrag von 29,78 Euro beschränkt, weil dies dem Betrag entspricht, der für den Kalendermonat Dezember 2004 festgestellt ist. Nur hierzu hat das SG den Beklagten verurteilt ("in der für den Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe"), und der Kläger hat hiergegen keine Berufung eingelegt.
Im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel liegen nicht vor; insbesondere war die Berufung gemäß § 143 SGG iVm § 144 Abs 1 Satz 2 SGG ohne Zulassung statthaft. Denn im Zeitpunkt ihrer Einlegung betraf sie nach dem Urteilsausspruch des SG wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr. Die Klage ist auch nicht wegen des (ersten) gerichtlichen Vergleichs vom 27.9.2010 unzulässig geworden; vielmehr hat dieser Vergleich die Rechtshängigkeit (§ 101 Abs 1 SGG iVm § 94 SGG) aufgrund seiner Unwirksamkeit nicht entfallen lassen. Ein gerichtlicher Vergleich hat nämlich eine rechtliche Doppelnatur: Er ist einerseits ein materiellrechtlicher Vertrag, andererseits Prozesshandlung. Als Prozesshandlung ist er bedingungsfeindlich; er darf keine außerprozessuale Bedingung enthalten, die die Beendigung des Verfahrens betrifft (vgl nur BSG SozR 1500 § 101 Nr 8 S 10 f). Dies war vorliegend indes der Fall; denn die Beteiligten haben das Ende des Gerichtsverfahrens vom Ausgang des Revisionsverfahrens in der Sache B 8 SO 16/10 R abhängig gemacht. Die Beendigung des vorliegenden Verfahrens war somit mit der auflösenden Bedingung verknüpft, dass in dem Verfahren B 8 SO 16/10 R keine Entscheidung ergehen sollte. Der Eintritt dieser auflösenden Bedingung hat allerdings für die Berechtigung, den Rechtsstreit fortzuführen, wegen der Unwirksamkeit des Vergleichs keine Bedeutung.
In der Sache hat die Revision keinen Erfolg, sodass dahinstehen kann, ob der Beklagte für die Leistungserbringung unter Berücksichtigung des Landesrechts und der Ausführungen des LSG zum Landesrecht sachlich und örtlich zuständig war. Ein Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen des weiteren notwendigen Lebensunterhalts nach § 19 Abs 1 SGB XII (hier idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 35 Abs 2 (hier idF, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) ergibt sich nicht daraus, dass ihm gemäß § 35 Abs 2 Satz 2 SGB XII ein höherer angemessener Barbetrag zur persönlichen Verfügung zustünde. Der dem Kläger gewährte Barbetrag in Höhe von 93,69 Euro entspricht vielmehr - wie im Gesetz vorgesehen - dem Mindestbetrag von 27 vom Hundert des im Juni 2008 maßgeblichen Eckregelsatzes in Höhe von 347 Euro (vgl dazu § 1 Satz 1 Verordnung über die Regelsätze der Sozialhilfe in Nordrhein-Westfalen vom 19.6.2007 - Gesetz- und Verordnungsblatt 205). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) lagen keine besonderen Gesichtspunkte für eine von diesem pauschalierten Betrag abweichende höhere Bemessung des Barbetrags im Einzelfall vor (vgl zu diesem Gesichtspunkt das Senatsurteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 17/12 R - , in BSGE und SozR 4-3500 § 92a Nr 1 vorgesehen, RdNr 36 f).
Dem Kläger stand eine höhere Leistung auch nicht als zusätzlicher Barbetrag nach § 133a SGB XII zu. Nach § 133a SGB XII wird Personen, die am 31.12.2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG hatten, diese Leistung in der für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe weiter erbracht. § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG, der inhaltlich nicht in das SGB XII übernommen worden ist, sah für Hilfeempfänger einen zusätzlichen Barbetrag in Höhe von 5 vom Hundert ihres Einkommens vor, höchstens jedoch in Höhe von 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes, wenn sie einen Teil der Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung selbst trugen. Diese Leistung sollte wegen der nur unvollkommenen gesetzlichen Formulierung in § 133a SGB XII jedoch nicht ohne weitere Bedingung fortgezahlt werden; vielmehr muss in die Regelung die Voraussetzung hineingelesen werden, dass ein Anspruch auf den Barbetrag nach § 35 Abs 2 SGB XII auch über den 1.1.2005 hinaus bestehen und der Hilfebedürftige, wie von § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG vorgesehen, weiterhin an den Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung beteiligt sein muss. Nach Sinn und Zweck der Übergangsregelung des § 133a SGB XII muss der Anspruch auf den Barbetrag zudem ununterbrochen fortbestehen. Dies bedeutet, dass jedes Entfallen des Anspruchs auf den Barbetrag gleichzeitig den Anspruch auf den Zusatzbarbetrag entfallen lässt, ohne dass dieser wiederauflebt, gleichgültig, wie lange der Unterbrechungszeitraum dauert.
Mit der Streichung des Zusatzbarbetrags ab 1.1.2005 im SGB XII wollte der Gesetzgeber nämlich die Ungleichbehandlung von Leistungsberechtigten inner- und außerhalb von Einrichtungen beenden und den Grundsatz der ambulanten Leistung vor stationären Leistungen durchsetzen (BR-Drucks 559/03, S 194 zu § 36). Die in § 133a SGB XII vorgesehene Stichtagsregelung ist insoweit nur als Auslaufregelung zu verstehen (BT-Drucks 15/3977, S 7). Ob die Übergangsregelung angesichts der nachvollziehbaren Erkenntnis des Gesetzgebers, der zusätzliche Barbetrag im Sinne des BSHG habe eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dadurch bewirkt, dass Hilfebedürftigen über das Existenzminimum hinaus ohne konkreten Nachweis eines erhöhten Bedarfs beim Barbetrag pauschal ein weiterer Barbetrag zugestanden worden ist, obwohl bzw nur weil sie Einkommen oder Vermögen besaßen, mit dem sie sich an den Kosten der stationären Maßnahme beteiligen konnten und mussten, überhaupt notwendig war, mag dahinstehen. Jedenfalls macht die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/3977, S 7) deutlich, dass es sich bei § 133a SGB XII weniger um eine Vertrauens- als um eine Bestandsschutzregelung handelt (insoweit ungenau BSGE 101, 217 ff RdNr 24 = SozR 4-3500 § 133a Nr 1).
Bestärkt wird dies dadurch, dass der Anspruch des § 133a SGB XII ausschließlich auf den Leistungsbezug am 31.12.2004, also an einem einzigen Tag, abstellt, sodass sogar die Personen, die davor einen Anspruch auf den zusätzlichen Barbetrag hatten und diesen danach ohne die Neuregelung des SGB XII wieder gehabt hätten, nicht in den Genuss der Weitergewährung dieser Leistung kamen. Unerheblich muss deshalb auch sein, ob bzw wie lange nach dem 1.1.2005 ein zunächst fortbestehender Anspruch auf den zusätzlichen Barbetrag wegen Wegfalls einzelner Anspruchsvoraussetzungen unterbrochen war. Für die Annahme, eine Unterbrechung von kurzer Dauer sei unschädlich, fehlt im Gesetz jeder Anhaltspunkt. Sie würde der Binnensystematik des § 133a SGB XII widersprechen, die von einem Stichtag ausgeht und dabei ebensowenig berücksichtigt, wann bzw wie lange der Leistungsvorbezug (vor dem 1.1.2005) gerade am 31.12.2004 unterbrochen war.
Ob vorliegend der Anspruch des Klägers auf den Barbetrag des § 35 Abs 2 SGB XII ab 1.2.2006 wirklich entfallen war, bedarf keiner Entscheidung, weil die Leistung mit bestandskräftigem (§ 77 SGG) Bescheid vom 20.1.2006 abgelehnt worden ist und dies einer anderen materiellrechtlichen Beurteilung entgegensteht. Inwieweit bzw ob überhaupt Einmalzahlungen so auf einen angemessenen Zeitraum hätten verteilt werden müssen, dass ein Restbetrag des Barbetrags zur persönlichen Verfügung verblieben wäre (vgl zur Problematik des Verteilzeitraums BSG SozR 4-3500 § 82 Nr 5), ist damit für die Entscheidung ohne Bedeutung.
Es ist im Rahmen der Anfechtung des Ablehnungsbescheids über die Gewährung des zusätzlichen Barbetrags auch nicht inzident die Rechtmäßigkeit des früheren Ablehnungsbescheids nach § 44 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zu prüfen. Voraussetzung dafür wäre, dass der Kläger bereits mit dem Widerspruch geltend gemacht hätte, die frühere Leistungsablehnung sei trotz des zwischenzeitlichen Erwerbs von Einkommen rechtswidrig gewesen (vgl zu dieser Voraussetzung in anderem Zusammenhang BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 23). Der Kläger hat jedoch mit seinem Leistungsantrag ausschließlich darauf verwiesen, die Sozialhilfe müsse wieder gewährt werden, nachdem die Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsleistungen bis auf den Vermögensfreibetrag verbraucht seien.
Diese Auslegung des § 133a SGB XII verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG (vgl: BVerfGE 132, 134 ff RdNr 62 ff = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 88 ff; BVerfGE 125, 175, 221 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 132 ff) ist bereits deshalb nicht beeinträchtigt, weil der Bedarf des Klägers auch ohne pauschale Erhöhung des Barbetrags um den zusätzlichen Barbetrag gesichert ist (s hierzu bereits BSGE 101, 217 ff RdNr 21 = SozR 4-3500 § 133a Nr 1). Denn mit der zum 1.4.1974 vorgenommenen Einführung des zusätzlichen Barbetrags sollte den Heimbewohnern ein über die eigentliche Bedarfsdeckung hinausgehender Betrag zur freien Verfügung erhalten bleiben (vgl BR-Drucks 256/82, S 6 zu Buchst a), weil sie während ihres Arbeitslebens durch Beiträge für ihre Alterssicherung vorgesorgt hatten und ihre Renteneinkommen durch die mit den Lebenshaltungskosten steigenden und gestiegenen Heimkosten nicht aufgezehrt werden sollten (BR-Drucks 172/74, S 101 zu B). Die Regelung verstößt auch nicht gegen das Gebot des Vertrauensschutzes (Art 20 Abs 3 GG). Eine echte Rückwirkung liegt nicht vor; den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine unechte Rückwirkung ist durch die Übergangsregelung des § 133a SGB XII hinreichend Genüge getan (BSG, aaO, RdNr 24). Insbesondere besteht vor dem Hintergrund der als nicht gerechtfertigt empfundenen Besserstellung der Hilfeempfänger im stationären Bereich und der in diesem Punkt pauschalierten Bedarfsdeckung über das Existenzminimum hinaus kein schützenswertes Recht des Klägers auf zeitlich unbegrenzte Fortzahlung des zusätzlichen Barbetrags.
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) vor. Dies wäre nur der Fall, wenn der Kläger gegenüber anderen Normadressaten anders behandelt würde, obwohl zwischen ihm und diesen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestünden, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl nur: BVerfGE 55, 72, 88; 117, 272, 300 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70; BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Insoweit verweist der Kläger als Vergleichsgruppe auf die Personen, die ebenfalls am 31.12.2004 einen Anspruch auf den Zusatzbarbetrag hatten, diesen aber aufgrund eines ununterbrochenen Leistungsbezugs bzw Anspruchs auf den Barbetrag weiterhin besitzen. Die unterschiedliche Behandlung beruht jedoch auf der sachlichen Erwägung, die Leistung nicht auf Dauer erbringen zu wollen und auf diese Weise die als nicht gerechtfertigt empfundene Besserstellung gegenüber ambulanten Leistungen auch nach Unterbrechungen zu perpetuieren. Der Kläger erfährt in der Sache eine den Personen vergleichbare Behandlung, die (nur) am Stichtag (31.12.2004) keinen Anspruch auf den zusätzlichen Barbetrag hatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 6795652 |
FEVS 2015, 63 |
SGb 2014, 203 |
ZfF 2014, 205 |
info-also 2014, 181 |