Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. allgemeine Leistungsklage. Verwaltungsaktbefugnis. Rückforderungen von Rentenleistungen nach dem Tod des Berechtigten. im Soll befindliches Konto -Forderung des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Geldinstitut. Befriedigungsverbot
Leitsatz (amtlich)
- Für den Rücküberweisungsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegen das Geldinstitut ist ihm die allgemeine Leistungsklage gegeben; er darf ihn nicht durch Verwaltungsakt festsetzen.
- Der Rücküberweisungsanspruch geht auch dann nicht wegen Entreicherung des Geldinstituts unter, wenn es im Rahmen eines Girokontenvertrages mittels der fehlgegangenen Rentenüberweisung einen Schuldenstand des Kontoinhabers durch Verrechnung gemindert und so jedenfalls wirtschaftlich seinen Rückzahlungsanspruch gegen diesen erfüllt hat (Fortführung ua BSG vom 4.8.1998 – B 4 RA 72/97 R = BSGE 82, 239 = BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 3).
Normenkette
SGB VI § 118 Abs. 3 Sätze 1-4, Abs. 4 S. 1 Fassung: 2002-06-21, S. 2 Fassung: 2002-06-21; SGG § 54 Abs. 5
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 3. Mai 2005 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
- Der Streitwert wird auf 959,79 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der klagenden Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (ehemals Seekasse) einen Betrag in Höhe von 959,79 € zu erstatten hat, der ihr nach dem Tode des Rentenbeziehers auf dessen Konto bei der Beklagten überwiesen worden war.
Der am 31. August 2002 verstorbene R… S… bezog von der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) seit Mai 1998 in Höhe von zuletzt 959,79 €. In dieser Höhe wurde die Rente auch nach dem Tod von R… S… noch für den Monat September 2002 auf sein Girokonto bei der Beklagten überwiesen.
Die Klägerin forderte durch den Rentenservice der Deutschen Post AG von der Beklagten den überwiesenen Rentenbetrag in Höhe von 959,79 € zurück. Diese teilte am 10. September 2002 mit, dass der Rentenrückruf nicht ausgeführt werden könne, da über den Betrag bereits verfügt worden sei. Von dem Sterbefall habe sie erst durch den Rückruf erfahren.
Das Sozialgericht Hamburg (SG) hat mit Urteil vom 14. Oktober 2004 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 959,79 € zu zahlen. Es hat dazu ausgeführt, dass nachfolgende Verfügungen aus einem durchgehend im Soll befindlichen Konto nicht geeignet seien, den Entreicherungseinwand nach § 118 Abs 3 Satz 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu eröffnen, weil dies nicht der in § 118 SGB VI enthaltenen Risikoverteilung auch unter Berücksichtigung der Interessen der Versichertengemeinschaft entspräche. Wenn die Beklagte dem Versicherten einen derart weiten Spielraum für die Belastung seines Kontos einräume, habe sie letztlich auch das Risiko zu tragen, welches sich aus der Rückforderung seitens der Klägerin ergeben habe.
Das Landessozialgericht Hamburg (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 3. Mai 2005). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Beklagte auf den Einwand des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI berufen könne, weil über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt worden sei und das Konto zum Zeitpunkt der Rückforderung kein Guthaben mehr aufgewiesen habe. Bei den Abgängen von dem Konto zwischen dem 29. August 2002 und dem 5. September 2002, die den Rückforderungsbetrag überstiegen hätten, habe es sich im Wesentlichen um Lastschriften gehandelt, die von dem Versicherten noch zu Lebzeiten zur Einziehung erteilt worden waren, sowie um von ihm in Auftrag gegebene Überweisungen oder um offenbar von einem Berechtigten getätigte Barabhebungen. Der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG), demzufolge das Geldinstitut immer zur Erstattung verpflichtet sei, wenn die Übertragung des Werts der Geldleistung auf ein im Soll stehendes Konto erfolgt und das Vermögen des Inhabers nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur derart vermehrt sei, dass seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut vermindert würden, sei nicht zu folgen, da diese Rechtsprechung nicht den Gesetzeswortlaut des § 118 Abs 3 SGB VI berücksichtige. Vielmehr sei die Rechtsprechung des 9. Senats des BSG unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung der Gesetzesvorschrift des § 118 Abs 3 SGB VI überzeugender. Der Versicherungsträger könne eine zu Unrecht überwiesene Geldleistung auch dann nicht nach § 118 Abs 3 SGB VI vom Geldinstitut zurückfordern, wenn sie auf einem durchgehend im Soll befindlichen Girokonto gutgeschrieben und über das Konto vor der Rückforderung durch den Rentenversicherungsträger durch einen anderen Berechtigten als die Bank in Höhe mindestens eines entsprechendes Betrags verfügt worden sei, da die gesetzliche Regelung einem typisierten Interessenausgleich zwischen Leistungsträger und Bankinstitut diene. Die Bank solle aus einer ungerechtfertigten Geldüberweisung keinen offensichtlichen wirtschaftlichen Vorteil ziehen, sie solle aber auch nicht wirtschaftliche Nachteile erleiden, wenn sie bis zum Eingang der Rückforderung noch die Verfügung berechtigter Personen bis zur Höhe der eingegangenen Geldleistungen ausführe. Als berücksichtigungsfähige Verfügung sei jedes abgeschlossene bankübliche Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos anzusehen, durch welches sich eine kontoverfügungsberechtigte Person des Kontos zur Bewirkung einer Zahlung oder Auszahlung bediene. Hieran ändere sich auch dann nichts, wenn das Konto bereits zum Eingang der geltenden Überweisung einen höheren Sollstand aufgewiesen habe als der gutgeschriebene Geldbetrag ausgemacht habe, da sich aus dem Wortlaut des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI ergebe, dass Verfügungen Berechtigter auch dann zu beachten seien, wenn sich das Konto des verstorbenen Leistungsberechtigten im Minus befinde. Außerdem stelle § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI eine Schutzvorschrift für die Bank dar, derzufolge zwar die Bank den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden dürfe, dies jedoch nur bedeute, dass die Bank nach Gutschrift der Sozialleistungen nicht gehindert sei, weiterhin auch eigene Forderungen gegen den Kontoinhaber mit dessen Forderung gegen sich selbst zu saldieren, ihr aber nicht das Recht zustehe, auf Grund dieser Verfügung über das Konto die Auszahlung des von ihr nach § 118 Abs 3 Satz 2 SGB VI zurückzuüberweisenden Betrages nach Abs 3 Satz 3 der Bestimmung ganz oder teilweise zu verweigern. Das LSG hat die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugelassen.
Die Klägerin hat Revision am 1. Juli 2005 eingelegt und diese mit dem am 16. August 2005 beim BSG eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie vertritt im Wesentlichen die Auffassung, dass nach § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI das Geldinstitut sich nicht auf Entreicherung berufen können solle, solange ein Guthaben vorhanden sei. Zwar diene der Einwand des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI grundsätzlich dem Schutz des Geldinstituts, andererseits aber stehe dieser unter dem Vorbehalt eines fehlenden Guthabens und einer fehlenden Verrechnung mit eigenen Forderungen. Die Vorschrift sei Ausdruck einer vom Gesetzgeber getroffenen Interessenabwägung der in § 118 Abs 3 und 4 SGB VI aufgeführten Beteiligten. Richtig sei nur, dass die Bank nicht das Rückabwicklungsrisiko hinsichtlich der zu Unrecht gezahlten Leistung zu tragen habe. Sie dürfe aber mit ihrem aus dem Überziehungskredit resultierenden Ausfallrisiko genauso wenig das Rückabwicklungsrisiko der Versichertengemeinschaft erhöhen, welches bei einem Negativsaldo zum Zeitpunkt des Renteneingangs regelmäßig höher als beim Guthaben sei. Die Rechtsprechung des 9. Senats des BSG wie auch die Entscheidung des LSG Hamburg verkenne die Bedeutung des § 118 Abs 3 Satz 4 SGB VI, der ein relatives öffentlich-rechtliches Befriedigungsverbot beinhalte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 3. Mai 2005 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 zurückzuweisen sowie die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie vertritt im Wesentlichen die Auffassung, dass nach Sinn und Zweck des § 118 Abs 3 SGB VI keine Veranlassung bestehe, eine Verfügung bei einem im Soll geführten Konto anders zu behandeln, als eine Verfügung im Guthaben. Es sei nicht ersichtlich, aus welchem Grunde die kontoführende Bank in einem Fall die Entreicherung geltend machen können solle, im anderen nicht. Der gesetzgeberische Grundgedanke bestehe darin, dass Verfügungen über rechtsgrundlos geleistete Beträge zu Lasten der kontoführenden Bank gehen sollten.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Aufhebung der Entscheidung des LSG und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG für eine abschließende Entscheidung darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Wert des zurückgeforderten Betrages zu erstatten. Das LSG wird auf Grund der zulässigen Berufung der Beklagten im Rahmen des Klagebegehrens (§ 123 SGG) insbesondere festzustellen haben, wie hoch der Kontostand zum Zeitpunkt des Eingangs der streitbefangenen Rentengutschrift war. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das LSG Folgendes zu Grunde zu legen haben (§ 170 Abs 5 SGG):
1. Die Klage ist als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs 5 SGG zulässig (BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 1 S 3), insbesondere war die Klägerin nicht ermächtigt, ihre Forderung durch Verwaltungsakt gegen die beklagte Bank festzustellen und ein vollstreckbares Zahlungsgebot zu erlassen, so dass sie kein Rechtsschutzbedürfnis für die gemäß § 54 Abs 5 SGG erhobene allgemeine Leistungsklage hätte. Allerdings wurde § 118 Abs 4 SGB VI durch Art 8 Nr 6 des Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherungsneuregelungsgesetzes (HZvNG) vom 21. Juni 2002 (BGBl I 2167) neu gefasst und in Abs 4 Satz 2 aaO die Regelung aufgenommen, dass der Träger der Rentenversicherung Erstattungsansprüche nach Abs 4 aaO durch Verwaltungsakt geltend zu machen hat. Jedoch bezieht sich diese Neuregelung, die am 29. Juni 2002 in Kraft getreten ist (Art 25 Abs 8 HZvNG), ausschließlich auf die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen des Rentenversicherungsträgers gegenüber den in Abs 4 S 1 aaO genannten Personen. § 118 Abs 4 S 2 SGB VI gibt eine Regelungsbefugnis nur gegenüber den Personen, die zuvor in Abs 4 Satz 1 aaO genannt werden, nämlich gegenüber Empfängern von Geldleistungen sowie Verfügenden. Der Normtext spricht auch nur davon, dass “Erstattungsansprüche” durch Verwaltungsakt geltend zu machen sind; der Ausdruck “Erstattung” wird aber nur in § 118 Abs 4 Satz 1 SGB VI gebraucht. Demgegenüber wird in § 118 Abs 3 SGB VI, der sich auf die Zahlungspflicht von Geldinstituten bezieht, der Ausdruck “Rücküberweisungen” benutzt. Auch nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 14/9007, 36) kann und muss der Rentenversicherungsträger das hoheitliche Instrument des Verwaltungsaktes wählen, wenn es um die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen gegenüber Personen geht, die grundsätzlich nicht in einem Sozialrechtsverhältnis zum Rentenversicherungsträger stehen; eine Verwaltungsaktbefugnis gegenüber dem Geldinstitut wird dort nicht erwähnt.
2. Soweit das LSG mit den vom ihm angegebenen Gründen das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen hat, hat es Bundesrecht verletzt.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin auf Zahlung des geltend gemachten Betrages ist – wie das LSG zutreffend erkannt hat – § 118 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB VI. Dieser öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Klägerin ist entstanden sowie wirksam durch den Postrentendienst als Beauftragter der Klägerin geltend gemacht worden. Gemäß § 118 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB VI hat das Geldinstitut (Postgiroamt oder ein anderes Geldinstitut im Inland) Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten auf ein Konto bei ihm überwiesen wurden, der überweisenden Stelle (oder dem Träger der Rentenversicherung) zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordert. Entstehungsvoraussetzungen für den Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Geldinstitut sind deshalb zunächst nur, dass die Vermögensverschiebung durch eine Überweisung eines Geldbetrages des Rentenversicherungsträgers oder seiner überweisenden Stelle an das Geldinstitut zwecks Gutschreibung auf das angegebene Konto des Überweisungsadressaten als eine soziale Geldleistung an diesen bewirkt wurde, dieser Zweck aber nicht mehr erreicht werden konnte, weil der Adressat vor Beginn des Bezugszeitraums gestorben war. Hierbei hat der Rentenversicherungsträger dem Geldinstitut den Zeitpunkt der Überweisung der Geldleistung, das Konto, den Namen des Zahlungsadressaten, dessen Todeszeitpunkt, die bezeichnete Art der Geldleistung, deren Höhe und deren Bezugszeitraum darzulegen und das ernstliche Verlangen auszusprechen, den Wert der Geldleistung zu erstatten (“zurückzuüberweisen”), weil die Vermögensverschiebung wegen Todes zu Unrecht erfolgt sei (siehe bereits BSG, Urteil vom 4. August 1998 – B 4 RA 72/97 R, SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 21). Im Verhältnis zwischen dem Rentenversicherungsträger und dem Geldinstitut ist für den speziellen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des § 118 Abs 3 Satz 2 SGB VI nur erheblich, dass die mit der Überweisung bezweckte Zuwendung der rentenversicherungsrechtlichen Geldleistung gerade an den Überweisungsadressaten deswegen nicht erreicht werden konnte, weil der Überweisungsadressat vor Beginn des jeweiligen Bezugszeitraums gestorben war (§ 102 Abs 5 SGB VI). Hier wurde nach den bindenden Feststellungen des LSG die monatliche Rente des am 31. August 2002 verstorbenen Versicherten für den Monat September 2002 auf dessen Konto bei der Beklagten angewiesen. Der Rückzahlungsanspruch in Höhe von 959,79 € wurde von der Klägerin wirksam geltend gemacht.
3. Ob zugunsten der Beklagten der Entreicherungseinwand des § 118 Abs 3 Satz 3 und 4 SGB VI eingreift, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG noch nicht abschließend beurteilt werden. Nach § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI besteht eine Verpflichtung des Geldinstituts zur Rücküberweisung nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann; in keinem Fall darf das Geldinstitut den überwiesenen Betrag zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden (Satz 4 aaO). Der Rücküberweisungsanspruch des Rentenversicherungsträgers erlischt, soweit der Entreicherungseinwand eingreift. Dies ist nur der Fall, soweit der Wert der Geldleistung sowohl aus der unmittelbaren Verfügungsmacht als auch aus der vertraglich begründeten Verwertungsbefugnis des Geldinstituts endgültig ausgeschieden ist, und ein anderer als das Geldinstitut (oder kumulativ andere) durch ihm gegenüber rechtswirksame Verfügungen den Kontostand unter den Wert gesenkt haben. Diese “Entlastungsvoraussetzung”, also die Voraussetzung des Entreicherungseinwands, hat das Geldinstitut darzulegen (BSG, Urteil vom 4. August 1998 – B 4 RA 72/97 R, SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 21). Satz 3 aaO wird also inhaltlich durch Satz 4 ergänzt mit der Maßgabe, dass das Geldinstitut den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden darf (BSG, Urteil vom 9. April 2002, SozR 3-2600 § 118 Nr 10 S 69). Die Vorschrift ist verfassungsgemäß (BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 8 S 51), die Verfassungsbeschwerde gegen ein diesbezügliches Urteil des erkennenden Senats wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, 1. Senat, 1. Kammer vom 18. April 2002 – 1 BvR 516/02).
a) Der Entreicherungseinwand setzt voraus, dass der Wert der überwiesenen Geldleistung nicht im Vermögen des Geldinstituts geblieben ist. Da dieses ab Eingang der Überweisung bis zur “Gutschrift” auf das darin angegebene Konto die (nur durch den Bankvertrag mit ihren Kunden privatrechtlich gebundene) faktische Verfügungsmacht hat, wird das Geldinstitut von der Erstattungspflicht solange nicht frei, bis es den Wert der überwiesenen Geldleistung durch eine entsprechende Gutschrift auf das in der Überweisung genannte Konto vollständig in das Vermögen des Kontoinhabers und in dessen Verfügungsmacht übertragen hat. Nur unter diesen Voraussetzungen der Vermögensübertragung und ab dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens für den Kunden, welche im Regelfall ab der so genannten Abrufpräsenz (BGHZ 103, 143, 147) besteht, ist § 118 Abs 3 Satz 3 und 4 SGB VI überhaupt anwendbar (BSG, Urteil vom 4. August 1998 – B 4 RA 72/97 R, SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 22 ff; BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001 – B 4 RA 53/01 R, SozR 3-2600 § 118 Nr 9 S 59 ff). Durch die Gutschrift der Rentenleistung auf dem Konto des Versicherten wurden diese Voraussetzungen – wie das LSG zutreffend erkannt hat – erfüllt.
b) Die Regelungen in § 118 Abs 3 SGB VI sind im Hinblick auf Zugriffsrechte und Schutzbetrag spezielle öffentlich-rechtliche Regelungen, die als Sonderrecht des Staates die privatrechtlichen, bankrechtlichen Beziehungen zwischen dem Geldinstitut und dem jeweiligen Kontoinhaber auf der Grundlage des in Abs 3 Satz 1 aaO statuierten Vorbehalts verdrängend überlagern (BSG, Urteil vom 4. August 1998, SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 24). Obwohl beispielsweise ab dem Zeitpunkt der Abrufpräsenz bei einem nicht im Soll befindlichen Girokonto der gutgeschriebene Betrag rechtlich und wirtschaftlich vorbehaltlos in der Verfügungsmacht des Kontoinhabers steht und das Geldinstitut insoweit keinen direkten Zugriff auf den isolierten Wert der Geldleistung mehr hat, wird dem Geldinstitut der Entreicherungseinwand gleichwohl schlechthin versagt, soweit bei Eingang der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers das Konto ein Guthaben aufweist, weil dann die Rücküberweisung aus dem Guthaben erfolgen kann (§ 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI). Ungeachtet der privatrechtlichen (bankvertraglichen) Regelungen (dazu unten unter 4.) und auch dann, wenn über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, darf und muss das Geldinstitut kraft öffentlichen Rechts auf das Kontoguthaben zugreifen und den Anspruch des Kontoinhabers gegen sich um den Betrag verringern, den es selbst zur Erstattung der “überzahlten Geldleistung” an den Rentenversicherungsträger benötigt.
Es gibt keinen Sachgrund, die Bank und ihren Girokunden bei Überweisung der Rente auf ein im Soll befindliches Girokonto besser zu stellen. Soweit das Guthaben des Kontoinhabers nicht ausreicht, die Erstattung zu finanzieren, wird das Geldinstitut nur frei, soweit Dritte (in der Regel der Kontoinhaber selbst, sein Vertreter oder auch ein Pfandgläubiger), gerade aber nicht das Geldinstitut selbst, im Rahmen des bankvertraglichen Verkehrs das Guthaben durch Verfügung unter einen dem Wert der Geldleistung (oder Gutschrift) entsprechenden Betrag gesenkt haben (Schutzbetrag). Nur wenn bei Eingang des Rückforderungsverlangens des Rentenversicherungsträgers das in der Überweisung genannte Konto kein zur vollen oder teilweisen Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist, und das Geldinstitut nicht (nachträglich) den Kontostand unter einen dem Wert der Geldleistung oder Gutschrift entsprechenden Betrag gesenkt hat, um eigene Forderungen zu befriedigen, sondern dies auf Grundlage von berechtigten Verfügungen erfolgt ist, kann sich das Geldinstitut auf Entreicherung berufen. Denn dann ist der “Wert der Rente” insoweit an Dritte gelangt. Nur in diesem Fall können auch die Empfänger von Geldleistungen auf besonderer öffentlich-rechtlicher Grundlage zur Erstattung herangezogen werden, § 118 Abs 4 Satz 1 Regelung 1 und 2 SGB VI (s BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 10 S 70).
c) Das LSG und die Revisionsbeklagte gehen unter Hinweis auf eine Entscheidung des BSG zum sozialen Entschädigungsrecht davon aus, dass – der dort nur entsprechend anwendbare – § 118 Abs 3 und 4 SGB VI einen typisierten Interessenausgleich zwischen Leistungsträger und Bankinstitut regelten, demzufolge die Bank aus einer ungerechtfertigten Geldüberweisung keinen wirtschaftlichen Vorteil ziehen, jedoch auch keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden solle, wenn sie bis zum Eingang der Rückforderung noch die Verfügungen berechtigter Personen bis zur Höhe der eingegangenen Geldleistungen ausführt. Dieses Ziel ist auch bei der direkten Anwendung des § 118 Abs 3 SGB VI im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung maßgeblich. Ein Vorteil der Bank zu Lasten des Rentenversicherungsträgers oder ihrer Privatkunden wird aber im direkten Anwendungsbereich der Norm gerade nur dadurch vermieden, dass die privatrechtlichen Beziehungen der Bank zu ihren Kunden bezüglich des Wertes der “überzahlten” Rente soweit wie möglich so behandelt werden, als sei es zur Überzahlung nicht gekommen. Dies bewirkt der “Vorbehalt” des § 118 Abs 3 Satz 1 SGB VI. Deswegen muss auch die Rangordnung der Zahlungspflichten aus § 118 Abs 3 und 4 SGB VI streng beachtet werden. Es sollte gerade keine Art der Schadensteilung zwischen dem Geldinstitut auf der einen Seite und den Empfängern bzw. Verfügenden von Geldleistungen auf der anderen Seite, die nach dem Tod des Berechtigten Geldleistungen empfangen haben bzw ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen haben, angeordnet werden, aber auch keine vermeidbare Beeinträchtigung der Durchsetzung des Anspruchs des Rentenversicherungsträgers.
aa) Der gegen das Geldinstitut gerichtete Rücküberweisungsanspruch aus § 118 Abs 3 Satz 2 SGB VI ist gegenüber dem Erstattungsanspruch gegen Dritte nach § 118 Abs 4 Satz 1 Regelung 2 SGB VI vorrangig (BSG, Urteil vom 4. August 1998 – B 4 RA 72/97 R, SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 19; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002 – B 5 RJ 42/01 R, SozR 3-2600 § 118 Nr 11 S 76). Die Vorschrift, die mit Art 1 Nr 20 des Gesetzes zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1824) mit Wirkung vom 1. Januar 1996 in Kraft getreten ist, begründet eine verschärfte Haftung (vgl BT-Drucks 13/3150 S 42 zu Nr 17) auf eigenständiger öffentlich-rechtlicher Grundlage (vgl BT-Drucks 13/2590 S 25; ebenso Polster in Kasseler Komm, § 118 SGB VI, RdNr 18) zusätzlich auch für denjenigen Personenkreis, auf dessen Handeln sich der anspruchsvernichtende Entreicherungseinwand des Geldinstituts nach § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI unmittelbar stützt. Auf diese Weise werden die Personen erfasst, die dem Geldinstitut gegenüber wirksam zu Lasten des Kontos verfügt, d.h. Rechtsgeschäfte vorgenommen haben, die unmittelbar darauf gerichtet sind, auf ein bestehendes Recht einzuwirken, es zu verändern, zu übertragen oder aufzuheben (vgl etwa Palandt/Heinrichs, Kommentar zum BGB, 64. Aufl, RdNr 16 vor § 104 BGB mwN). In Betracht kommt insofern jeder berechtigte Dritte einschließlich des verstorbenen Rentners und Kontoinhabers selbst (Urteil des Senats vom 4. August 1998, SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 25; BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 9 S 62; vgl auch BT-Drucks 13/3150 S 42 und ebenso Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, § 118 SGB VI, RdNr 25). Grundlage für die Inanspruchnahme dieser ansonsten unbeteiligten Begünstigten ist der im Sinne einer wirtschaftlichen Identität des Wertabflusses vom Konto des Versicherten und des Wertzuwachses beim Empfänger enge Zusammenhang ihrer Bereicherung mit dem Wert der zu Unrecht überwiesenen Rente, hingegen nicht bereits die bloße Herkunft des erlangten Betrages von einem Konto, auf das ua auch die Rente des verstorbenen Inhabers geflossen ist (BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 9 S 63).
bb) Die Nachrangigkeit des Anspruchs aus § 118 Abs 4 SGB VI gegen einen Dritten gegenüber dem Anspruch aus § 118 Abs 3 SGB VI gegenüber dem Geldinstitut ergibt sich aus dem Schutzzweck der Regelung. § 118 Abs 4 Satz 1 Regelung 1 SGB VI enthält auf öffentlich-rechtlicher Grundlage eine verschärfte bereicherungsrechtliche Haftung der Anspruchsadressaten, die sich durch das besondere Interesse des Versicherungsträgers als treuhänderischer Sachwalter der Mittel rechtfertigt, die ihm seine Beitragszahler zur Finanzierung auch der rentenversicherungsrechtlichen Geldleistung zur Verfügung gestellt haben (BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 19). Durch diesen Schutzzweck wird zugleich die Anwendbarkeit der Norm begrenzt: Sie ist nur insoweit anwendbar als es gerade darum geht, einen der fehlgeschlagenen Rentenzahlung zuzuordnenden Geldzufluss von der Bank zu einem Dritten rückabzuwickeln. In welchen Fällen von einem insofern ausreichenden Wert-Bezug “zur Rente” ausgegangen werden kann, hat das Gesetz für den Erstattungsanspruch gegen den Verfügenden selbst ausdrücklich geregelt. Dieser kann gemäß § 118 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 3 Satz 3 SGB VI nur insoweit in Anspruch genommen werden, als ein vorhandenes Guthaben unter einen dem Wert der Geldleistung oder Gutschrift entsprechenden Betrag (Schutzbetrag) gesenkt wurde und das Konto bei Eingang der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers kein ausreichendes Guthaben aufweist, um die Rücküberweisung durch die Bank zu finanzieren. Dies muss erst recht für denjenigen Empfänger einer “infizierten” Geldleistung gelten, dessen Begünstigung sich erst aus einem notwendig vorangegangenen Tun des Verfügenden ableitet, zumal der Empfänger meistens gutgläubig bezüglich des Todes des Kontoinhabers als auch der Vorbehaltswirkung der Geldleistung durch den Rentenversicherungsträger ist. Nur dann ist er von beliebigen Personen unterscheidbar, denen ebenfalls ein Geldbetrag von dem Konto zugeflossen ist, auf das ua die Rente des verstorbenen Versicherten überwiesen wurde, deren Begünstigung aber jedes rechtlich-relevanten inneren Zusammenhangs mit dem Rentenbetrag entbehrt (BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 9 S 65 ff).
d) Erst dann also, wenn das Geldinstitut den anspruchsvernichtenden Einwand der Entreicherung dem Rentenversicherungsträger begründet entgegenhalten kann (§ 118 Abs 3 Satz 3 und 4 SGB VI), kommt der weitere Erstattungsanspruch nach § 118 Abs 4 Satz 1 Regelung 1 SGB VI oder nach § 118 Abs 4 Satz 1 Regelung 2 SGB VI überhaupt in Betracht (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 64/01 R, SozR 3-2600 § 118 Nr 10 S 69).
4. Ferner könnte das Geldinstitut – selbst wenn man davon absieht, dass § 118 Abs 3 Satz 1, 3 und Abs 4 SGB VI spezielle öffentlich-rechtliche Regelungen im Hinblick auf Zugriffsrechte und Schutzbetrag sind, die die bankvertraglichen Beziehungen zwischen Geldinstitut und Bankkunden überlagern – sich gegenüber dem Rentenversicherungsträger nur anspruchsvernichtend auf Entreicherung zu Gunsten des (Giro-)Kontoinhabers berufen, wenn der übertragene Wert der Geldleistung weder durch den Übertragungsakt selbst noch durch andere Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen des Geldinstituts nach der Übertragung, die es nach dem Bankvertrag mit dem Kunden vornehmen durfte, bei wirtschaftlicher Betrachtung wieder in das Vermögen des Geldinstituts geflossen ist (§ 118 Abs 3 Satz 4 SGB VI). Der Entreicherungseinwand greift nämlich nur durch, soweit das in der Überweisung genannte Konto bei Eingang der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers kein zur vollen oder teilweisen Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist und dieser Umstand nicht darauf beruht, dass die Bank mit eigenen Forderungen verrechnet hat, sondern Dritte ihr gegenüber wirksam über einen entsprechenden Betrag verfügt haben.
a) Die Einwendungsvoraussetzungen des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI liegen nämlich nach Abs 3 Satz 4 aaO von vornherein nicht vor, soweit die Übertragung des Wertes der Geldleistung auf den Kontoinhaber in dem Zeitpunkt, in dem sie für diesen wirksam und damit Abs 3 Satz 3 aaO erstmals anwendbar werden könnte, dessen Vermögen bei wirtschaftlicher Betrachtung nur derart vermehrt, dass seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut verringert werden; denn dann greift das Befriedigungsverbot des § 118 Abs 3 Satz 4 SGB VI ein. Nach § 118 Abs 3 Satz 4 SGB VI darf das Geldinstitut den Wert des überwiesenen Betrages nicht zur Befriedigung eigener Forderungen gegen den Kontoinhaber verwenden, was jedoch geschieht, wenn eine “Gutschrift” auf ein im Soll stehendes Konto erfolgt und das Geldinstitut durch die Verrechnung (Skontration) eine Vermögensübertragung vornimmt, und zwar unabhängig von der Rechtsform und der bankvertraglichen Rechtsnatur der Verrechnung, da das Geldinstitut jedenfalls nur eine eigene (Darlehens-)Forderung gegen den Kontoinhaber befriedigt (BSG, Urteil vom 4. August 1998 – B 4 RA 72/97 R, SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 24). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die endgültige schuldumschaffende Wirkung der Saldierung erst zum Abschluss am Ende jeden Quartals erfolgt (vgl Nr 7 Abs 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ≪AGB≫ Banken), da im Bankkontokorrent die Verrechnungen mit jedem Buchungsvorgang permanent erfolgen und auch ohne Novationswirkungen auf Grund der bestehenden Hemmungswirkungen bei Verminderung eines auf dem Konto befindlichen Sollbetrages bei wirtschaftlicher Betrachtung das Konto einen Vermögenszuwachs erfährt. Zwar wird erst durch die so genannte Saldoanerkennung nach einer Rechnungsperiode am Ende des Quartals der Saldo im Wege des abstrakten Schuldanerkenntnisses iS von § 781 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als neue Forderung festgestellt (s BGH LM § 355 HGB Nr 12; BGH WM 1982, 291) und erst dann verlieren die einzelnen Gutschriften und Belastungen des Kontos ihr Einzelschicksal. Jedoch wird bereits zum Zeitpunkt der Gutschrift der Saldo rechnerisch dargestellt und am Ende des Quartals saldiert, sofern keine Reklamationen erfolgen. Die tägliche Verrechnung der Ein- und Auszahlungen auf einem Konto bewirkt daher bei Eingang einer Gutschrift auf ein debitorisches Konto, mit welcher zugleich die Abrufpräsenz eintritt (BGHZ 103, 143, 147) und das Geldinstitut keinen direkten Zugriff auf den isolierten Wert der Geldleistung mehr hat, die Befriedigung einer eigenen Forderung gegen den Kontoinhaber. Dies ist aber in den Fällen des § 118 Abs 3 Satz 1 SGB VI aufgrund des Vorbehalts nach dem relativen öffentlich-rechtlichen Befriedigungsverbot des § 118 Abs 3 Satz 4 SGB VI im Verhältnis zum Rentenversicherungsträger und zum Bankkunden entsprechend § 134 BGB unwirksam (BSG, Urteil vom 4. August 1998 – B 4 RA 72/97 R, SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 24). Da die Bank – zivilrechtlich – auf diese Weise eigene Forderungen gegen ihre Privatkunden befriedigt hat, ist sie nicht entreichert. Sie hat vielmehr den “Wert der Rente” erlangt. Diesen hat sie an den Rentenversicherungsträger herauszugeben. Zugleich wird sie aber durch § 118 Abs 3 Satz 1 SGB VI gegenüber dem Kontoinhaber kraft öffentlichen Rechts wieder in die Position versetzt, die vor der Gutschrift “der Rente” bestanden hatte. Sie darf daher kraft öffentlichen Rechts sein Konto wieder entsprechend belasten.
b) Sofern das LSG allein auf die nach der Rentengutschrift erfolgten Verfügungen Berechtigter abstellt, durch welche das Geldinstitut von seiner Erstattungspflicht frei geworden sei, verkennt es die Rechtsnatur eines Girovertrages, der einen Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 Abs 1 BGB mit Dienstvertragscharakter mit dem Ziel der Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs darstellt (s Palandt/Sprau, BGB, § 676 f Rdnr 1). Während bei einem ein Guthaben aufweisenden Girokonto eine vom Girovertragsverhältnis selbst zu trennende unregelmäßige Verwahrung gemäß § 700 BGB vorliegt (s BGHZ 131, 60), ist die Einräumung eines Kontokorrentkredits und dessen Inanspruchnahme die Gewährung eines Bankdarlehens mit dem Inhalt, dass der Berechtigte das Geld innerhalb des Kreditrahmens insbesondere durch Auszahlung oder Überweisung abrufen kann (s Palandt/Putzo, BGB, vor § 488 RdNr 21). Hauptpflicht eines Darlehensvertrages für den Darlehensnehmer ist die Zahlung eines geschuldeten Zinses und die Rückerstattung des zur Verfügung gestellten Darlehens bei Fälligkeit (§ 488 Abs 1 Satz 2 BGB). Folglich stellt die Buchung der unter Vorbehalt gezahlten Geldleistung des Rentenversicherungsträgers auf das Konto mit gleichzeitiger Verringerung des dort befindlichen Debets bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Verminderung der Schulden des Kontoinhabers gegenüber dem Geldinstitut (Gutschrift) dar. Zwar hat die Buchung im Unterschied zum späteren Saldoanerkenntnis nur deklaratorische Bedeutung (BGHZ 105, 263), ihr kommt aber aufgrund ihrer Beweiswirkung durchaus wirtschaftlicher Wert zu (BGH NJW 2001, 3183 und 3190). Die Verrechnung der unter Vorbehalt gezahlten Rentenleistung mit einer Darlehensforderung gegen den Kontoinhaber verstößt somit gegen das relative Bereicherungsverbot des § 118 Abs 3 Satz 4 SGB VI mit der Folge, dass sich das Geldinstitut auch insoweit nicht auf Entreicherung berufen kann.
5. Soweit das LSG die Auffassung vertritt, dass die den Einwand nach § 118 Abs 3 Satz 3 und 4 SGB VI begründenden Verfügungen von dritter Seite nur dadurch möglich seien, dass das Geldinstitut den erhobenen Forderungen im Rahmen des dem Versicherten eingeräumten Überziehungskredits entsprochen hat, dieser Überziehungskredit jedoch gerade deswegen eingeräumt worden sei, weil die Bank auf den regelmäßigen Eingang der Rentenzahlung baute, verkennt es, dass bei der Regelungsanordnung des § 118 Abs 3 und Abs 4 SGB VI nicht das Verhältnis zwischen Kontoinhaber und Geldinstitut ausschlaggebend ist, sondern allein das Verhältnis zwischen dem Versicherungsträger als treuhänderischem Sachwalter der Mittel, die ihm seine Beitragszahler zur Finanzierung der rentenversicherungsrechtlichen Geldleistung zur Verfügung gestellt haben, und den Anspruchsadressaten. Auch die Befürchtung des LSG, dass durch diese Auslegung des § 118 Abs 3 und 4 SGB VI künftig Rentnern keine Girokonten mehr eingeräumt würden, verkennt den wirtschaftlichen Anreiz, den aus Sicht der Geldinstitute bundesweit regelmäßige Einzahlungen der öffentlichen Sozialversicherungsträger in Milliardenhöhe darstellen (vgl BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 8 S 52 ff; Nichtannahmebeschluss des BVerfG, 1. Senat, 1. Kammer vom 18. April 2002 – 1 BvR 516/02).
6. Ob allerdings hier die Voraussetzungen des § 118 Abs 3 SGB VI für den Anspruch gegenüber der Beklagten vorliegen, kann nicht abschließend entschieden werden. Voraussetzung ist, dass die Geldleistung in das Vermögen des Geldinstituts gelangt ist und entweder aus einem Guthaben zurücküberwiesen werden kann oder dass das Geldinstitut den überwiesenen Betrag zur Befriedigung eigener Forderungen verwandt hat. Hierzu ist die Feststellung des Kontostands zum Zeitpunkt des Eingangs der Geldleistung sowie zum Zeitpunkt des Eingangs der Rückforderung zwingend erforderlich. Das LSG hat hingegen hierzu keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern lediglich pauschal und damit unwirksam auf den “Inhalt der Prozessakten wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts Bezug genommen”. Ferner hat es lediglich festgestellt, dass über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt worden sei und das Konto zu diesem Zeitpunkt kein Guthaben aufgewiesen habe. Dies genügt jedoch nicht, da neben Feststellungen zum Datum des Eingangs des Rückforderungsverlangens und zum Kontostand zu diesem Zeitpunkt auch Feststellungen zum Kontostand im Zeitpunkt der Gutschrift (BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 26) sowie zu Rechtshandlungen des Geldinstituts nach (oder zeitgleich mit) der Gutschrift zu treffen sind (BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 10 S 71). Es ist auch nicht erkennbar, inwieweit sich das LSG die Feststellungen des SG und den auch unstreitigen Vortrag der Beteiligten zu Eigen gemacht hat. Diese Feststellungen wird das LSG nachzuholen und bei seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen haben (§ 170 Abs 5 SGG).
Demgemäß war auf die Revision der Klägerin das Urteil des LSG Hamburg vom 3. Mai 2005 aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.
7. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3, § 52 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz idF des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I 718).
8. Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.
Fundstellen