Verfahrensgang
SG Duisburg (Urteil vom 31.01.1983) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 31. Januar 1983 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Umstritten ist ein Anspruch auf Krankengeld für eine Zeit, die zunächst als Mutterschaftsurlaub geltend gemacht worden war.
Die Klägerin war bei der Beigeladenen bis 6. März 1980 beschäftigt und in dieser Zeit bei der beklagten Ersatzkasse versichert. Nach der Geburt ihres Kindes am 12. Juli 1979 setzte sie die Beigeladene fristgerecht in Kenntnis, daß sie den ihr nach § 8a des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) ab 7. September 1979 zustehenden Mutterschaftsurlaub in Anspruch nehme. Am 5. September 1979 wurde sie nach Feststellung einer infektiösen Hepatitis in ein Krankenhaus eingewiesen und dort bis zum 24. Oktober 1979 behandelt. Im Anschluß daran führte sie eine Kur durch, an deren Kosten sich die Beklagte beteiligte. Arbeitsunfähig war sie bis zum 27. Februar 1980. Für die Zeit vom 7. September 1979 bis zum 11. Januar 1980 erhielt sie von der Beklagten Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Höhe von 25,– DM täglich, vom 12. Januar bis zum 22. Februar 1980 von der Beigeladenen Lohnfortzahlung und daran anschließend bis zum 27. Februar 1980 von der beklagten Krankengeld in Höhe des Nettolohnes von 50,52 DM täglich.
Den Antrag der Klägerin, ihr ab 7. September 1979 Krankengeld statt Mutterschaftsgeld zu gewähren, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Entscheidung der Klägerin, den Mutterschaftsurlaub zu nehmen, sei nicht mehr korrigierbar gewesen, und während des Mutteschaftsurlaubs bestehe (in entsprechender Anwendung der Vorschriften zum unbezahlten Urlaub) kein Anspruch auf Krankengeld.
Das Sozialgericht (SG) hat nach der ihm vom Senat aufgegebenen Beiladung der Arbeitgeberin der Klägerin (Urteil des Senats vom 25. November 1981 – 3 RK 29/80 –) die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 7. September 1979 bis zum 11. Januar 1980 Krankengeld unter Anrechnung des bereits gezahlten Mutterschaftsgeldes zu gewähren. Es hat ausgeführt: Der Anspruch auf Krankengeld sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin bei der Beigeladenen Mutterschaftsurlaub verlangt habe. Aus § 8a Abs. 3 MuSchG ergebe sich, daß Mutterschaftsurlaub, solange er wegen eines objektiven Grundes nicht angetreten werden könne, nicht genommen werden müsse. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 8/2613 S 12) sei diese Vorschrift gerade im Hinblick darauf konzipiert worden, daß der Mutter zB wegen eines Krankenhausaufenthaltes der Antritt des Mutterschaftsurlaubs nicht möglich sei. Die Regelung sei am ehesten mit der Rechtsprechung zum unbezahlten Sonderurlaub zu vergleichen. Diene ein solcher Urlaub Erholungszwecken, so entfalle er ohne weiteres, wenn Arbeitsunfähigkeit eintrete (BSGE 43, 86; 38, 130). Es könne dahingestellt bleiben, ob eine Unterrichtung des Arbeitgebers erforderlich sei, denn eine solche Unterrichtung habe hier stattgefunden. Sie sei auch ausreichend gewesen. Die Klägerin hätte weder den ausdrücklichen Wunsch äußern noch mit der Arbeitgeberin vereinbaren müssen, daß sie den Mutterschaftsurlaub nicht antrete. Da sie auch nach Entlassung aus dem Krankenhaus zu keiner Zeit erklärt habe, daß sie nun den Mutterschaftsurlaub antreten wolle, sei der Krankengeldanspruch auch später in der hier fraglichen Zeit nicht entfallen. Der Anspruch habe nicht nach § 189 RVO geruht, denn die Beigeladene habe ihr für die Zeit bis zum 11. Januar 1980 kein Gehalt gezahlt.
Mit der Sprungrevision rügt die Beklagte, das angefochtene Urteil verletze § 182 Abs. 1 Nr. 2, § 200 Abs. 4 RVO iVm § 8a MuSchG und § 200c Abs. 1 RVO. Der Mutterschaftsurlaub könne nur unmittelbar im Anschuß an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG angetreten werden. Die in Absatz 3 des § 8a MuSchG getroffene Regelung räume der Mutter die Möglichkeit ein, den Mutterschaftsurlaub auch dann noch zu beanspruchen, wenn sie aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund nicht in der Lage gewesen sei, den Mutterschaftsurlaub rechtzeitig zu verlangen oder anzutreten. Der Mutterschaftsurlaub beginne aber auch dann unmittelbar nach Ablauf der Schutzfrist, wenn der Hinderungsgrund ausnahmsweise über das Ende der Schutzfrist hinaus andauere. Die Mutter könne ihre Erklärung, Mutterschaftsurlaub zu nehmen, nach der Erklärungsfrist des § 8a Abs. 2 MuSchG nicht mehr revidieren. Sie könne den Mutterschaftsurlaub nur mit Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig beenden. Das Zustimmungserfordernis solle den Arbeitgeber in seinen Dispositionen schützen. Ein Schutzbedürfnis des Arbeitgebers sei auch dann gegeben, wenn der Mutterschaftsurlaub infolge Arbeitsunfähigkeit nicht angetreten werden könne. Für die Frage der Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit während eines unbezahlten Urlaubs habe das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, daß Entgeltfortzahlung nur beansprucht werden könne, wenn die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung sei (AP Nr. 8 zu § 9 BUrlG). Eine Erkrankung der Arbeitnehmerin während des Mutterschaftsurlaubs habe keine arbeitsrechtlichen Auswirkungen. Eine dem § 9 BUrlG entsprechende Vorschrift fehle. Durch das Mutterschaftsgeld werde sowohl ein Anspruch auf Krankengeld als auch ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach § 1 LFZG, § 616 BGB, § 63 HGB oder § 133c GewO ausgeschlossen. Für den Fall, daß die Arbeitnehmerin wegen Krankheit den Mutterschaftsurlaub von vornherein nicht antreten könne, gelte die Sonderregelung des § 8a Abs. 3 MuSchG nur dann, wenn die Mutter die Erklärung nach § 8a Abs. 2 MuSchG noch nicht abgegeben habe oder wenn sie eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber darüber treffe, daß der Mutterschaftsurlaub nicht wirksam werden solle (vgl. BSGE 38, 130).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 31. Januar 1983 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie erwidert, die Beklagte verkenne, daß es hier nicht um die Korrektur ihrer gegenüber der Beigeladenen abgegebenen Erklärung gehe, sondern darum, ob sie den gewollten Mutterschaftsurlaub habe antreten können. Das Gesetz unterscheide strikt zwischen der rechtzeitigen Geltendmachung und der Erfüllung des Anspruchs auf Mutterschaftsurlaub. § 8a Abs. 3 MuSchG lasse sich nur dahin auslegen, daß der Mutterschaftsurlaub nicht automatisch mit dem Fortfall des unvertretbaren Hinderungsgrundes beginne, sondern daß er erneut innerhalb einer Wochenfrist geltend gemacht werden müsse. Die vom SG gefundene Lösung entspreche dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Das Gesetz über den Mutterschaftsurlaub habe nicht den Sinn, die Krankenkassen von ihrer Pflicht, Krankengeld zu leisten, zu befreien. Es wäre unverständlich, eine Mutter, die aus Krankheitsgründen den gewünschten Mutterschaftsurlaub nicht antreten könne, wirtschaftlich schlechter zu stellen als ihre Arbeitskolleginnen, die keinen Mutterschaftsurlaub beanspruchen und arbeitsunfähig seien. Dadurch, daß die Beigeladene den Gehaltsfortzahlungsanspruch erst für die Zeit vom 12. Januar bis zum 22. Februar 1980 erfüllt habe, sei der Beklagten kein Nachteil erwachsen. Sie hätte sonst entsprechend länger Krankengeld zahlen müssen. Unbeachtlich sei, daß ihrer Anzeige, sie liege im Krankenhaus auf der Isolierstation und könne deswegen den Mutterschaftsurlaub nicht antreten, von der Beigeladenen keine Beachtung geschenkt worden sei.
Die Beigeladene hat sich nicht am Revisionsverfahren beteiligt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
Die allein streitige Frage, ob der Krankengeldanspruch der Klägerin von einem Anspruch auf Mutterschaftsgeld verdrängt worden ist (§ 200c Abs. 1 RVO), wird vom SG zu Recht verneint. Zwar hätte der Klägerin für die streitbefangene Zeit nach § 8a Abs. 1 MuSchG Mutterschaftsurlaub und für diesen nach § 200 Abs. 4 RVO Mutterschaftsgeld zugestanden. Zunächst machte die Klägerin den Mutterschaftsurlaub auch innerhalb der Frist des § 8a Abs. 2 MuSchG bei ihrer Arbeitgeberin geltend. Sie konnte ihn aber aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund weder unmittelbar im Anschluß an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG noch später antreten. Sie mußte sich zwei Tage vor Beginn des Mutterschaftsurlaubs wegen einer infektiösen Hepatitis in Krankenhausbehandlung begeben. Die dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit bestand während der gesamten Zeit des Mutterschaftsurlaubs und noch darüber hinaus fort.
Der Beklagten ist allerdings zunächst zuzustimmen, daß eine Arbeitnehmerin ihre dem Arbeitgeber gegenüber abgegebene Erklärung, den Mutterschaftsurlaub nehmen zu wollen, nach Ablauf der Erklärungsfrist des § 8a Abs. 2 MuSchG grundsätzlich nicht mehr (einseitig) revidieren kann. Die gesetzliche Bestimmung, daß die Mutter den Mutterschaftsurlaub spätestens 4 Wochen vor Ablauf der Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG verlangen muß, dient dem Schutz des Arbeitgebers. Er soll entsprechend disponieren und gegebenenfalls eine Ersatzkraft einstellen können (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs zu Art. 1 Nr. 1 – § 8a Abs. 2 –, BT-Drucks. 8/2613 S 12). Die Erklärungsfrist erfüllt ihren Zweck lediglich dann, wenn der Arbeitgeber nach Ablauf der Frist keine neue Entscheidung der Arbeitnehmerin hinnehmen muß. Nach Fristablauf steht der Arbeitnehmerin nur noch in besonderen Ausnahmefällen ein einseitiges Gestaltungsrecht zu (§ 8a Abs. 3 und 4 MuSchG). Liegt ein solcher Ausnahmefall nicht vor, kann ein verspätet geltend gemachter Mutterschaftsurlaub nur mit Zustimmung des Arbeitgebers genommen werden (Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes –BVA– vom 16. Januar 1984 – Z 2-3424.15/III und 3424.17/II –, BKK 1984, 163). Bei einem rechtswirksamen Urlaubsverlangen ist die Arbeitnehmerin an ihre Erklärung gebunden. Der in Anspruch genommene Mutterschaftsurlaub schließt grundsätzlich unmittelbar an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG an. Weitere Schritte sind dazu nicht erforderlich. Die Mutter bleibt von der Arbeit freigestellt.
Die Klägerin wendet jedoch zutreffend ein, daß es hier nicht um die Korrektur ihrer dem Arbeitgeber gegenüber abgegebenen Erklärung geht, sondern darum, ob sie den (ursprünglich) gewollten Mutterschaftsurlaub habe antreten können. Die Ausnahmevorschrift des § 8a Abs. 3 MuSchG enthält nicht nur eine Regelung für den Fall, daß eine Mutter den Mutterschaftsurlaub nicht rechtzeitig verlangen kann, sondern auch für den Fall („oder”), daß sie den Urlaub nicht rechtzeitig antreten kann. Ist der Hinderungsgrund von der Mutter nicht zu vertreten, so soll sie den Urlaubsanspruch nicht verlieren (BT-Drucks. aaO). Sie soll den Urlaubsantritt nachholen können. Daraus ergibt sich andererseits, daß die Zeit im Anschluß an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG auch dann nicht unbedingt als Mutterschaftsurlaub gelten muß, wenn die Mutter den Urlaub rechtzeitig verlangt hat. Hätte ein rechtzeitiges Verlangen unter allen Umständen zur Folge, daß sich der Schutzfrist der Mutterschaftsurlaub anschließt, so wäre eine auf die nicht rechtzeitige Geltendmachung beschränkte Regelung ausreichend gewesen.
Es ist einzuräumen, daß es in Anbetracht der Gesamtregelung des § 8a MuSchG fraglich erscheint, was unter Antreten des Mutterschaftsurlaubs zu verstehen ist. Da sich im Normalfall der Mutterschaftsurlaub, wie oben dargelegt, bei fristgerechtem Verlangen ohne weiteres, an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG anschließt, hat die Arbeitnehmerin außer der Geltendmachung keine zusätzliche Erklärung abzugeben. Es wird deshalb im Schrifttum auch die Auffassung vertreten, dem Urlaubsantritt komme gegenüber der Geltendmachung des Urlaubs keine eigene rechtliche Bedeutung zu (Bulla/Buchner, MuSchG, Komm, 5. Aufl, Vorbem §§ 8a bis 8d RdNr. 29; Buchner, NJW 1979, 1793, 1796). Diese Auffassung wird jedoch dem Wortlaut und der Begründung des § 8a Abs. 3 MuSchG nicht gerecht. Es ist daher der anderen im Schrifttum vertretenen Auffassung, die dem Urlaubsantritt eine selbständige Bedeutung beimißt, der Vorzug zu geben (Gröninger/Thomas, MuSchG, Komm, Stand: Oktober 1982, § 8a Anm. 5; Töns, Mutterschaftshilfe und Mutterschutz, Komm, Stand: August 1984, Anm. 2. b (4) Seite K 15; Schmatz/Fischwasser, Vergütung der Arbeitnehmer bei Krankheit und Mutterschaft, Stand: April 1984, § 200 RVO Anm. V.2.c Seite S 330b;– in eingeschränkterem Sinne: Zipperer, DOK 1979, 569, 573; Zmarzlik/Zipperer, MuSchG, 3. Aufl, § 8a RdNr. 18; weiter eingeschränkt in 4. Aufl, § 8a RdNr. 30). Die Bedeutung kann jedoch nur darin gesehen werden, daß keine Gründe vorliegen, die dem Mutterschaftsurlaub entgegenstehen.
§ 8a MuSchG wurde dem Mutterschutzgesetz durch das Gesetz zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs vom 25. Juni 1979 (BGBl I 797) eingefügt. Den dritten Absatz übernahm der Gesetzgeber aus dem Entwurf der Bundesregierung, ohne eine Änderung vorzunehmen. Es ist daher die Folgerung erlaubt, daß die gesetzliche Regelung mit der Regelungsabsicht übereinstimmt, die sich aus der Begründung des Entwurfs ergibt. Nach dieser soll Härtefällen Rechnung getragen werden, in denen es der Mutter aus einem besonderen Grund (zB wegen eines Krankenhausaufenthalts) nicht möglich ist, den Mutterschaftsurlaub rechtzeitig zu verlangen oder anzutreten. In derartigen Fällen wäre es nicht gerechtfertigt, der Mutter den Anspruch auf Mutterschaftsurlaub zu versagen (BT-Drucks. aaO). Danach ist zwar § 8a Abs. 3 MuSchG nicht darauf gerichtet, worum es im vorliegenden Fall geht, den Mutterschaftsurlaub hinauszuschieben oder gänzlich auszuschließen, sondern im Gegenteil darauf, der Arbeitnehmerin den Mutterschaftsurlaub zu erhalten. Diese Regelung setzt aber andererseits voraus, daß ohne sie der Mutterschaftsurlaub verfallen wäre. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene und vom Gesetzgeber übernommene Regelung beruht also auf der rechtlichen Ausgangslage, daß besondere Gründe auch dann einem rechtzeitigen Antritt des Mutterschaftsurlaubs entgegenstehen können, wenn dieser rechtzeitig verlangt worden ist. Der Mutterschaftsurlaub beginnt beim Vorliegen eines Hinderungsgrundes später. Er wird nach Wegfall des Hinderungsgrundes nicht rückwirkend „im Anschluß an die Schutzfrist” angetreten. Für diese Auffassung spricht nicht nur der Umstand, daß ein Urlaub nicht rückwirkend genommen werden kann, sondern auch der Hinweis in der Begründung des Gesetzentwurfes, daß der Mutterschaftsurlaub auch bei einem späteren Antritt an dem Tag endet, an dem das Kind 6 Monate alt wird. Dieses Hinweises hätte es nicht bedurft, wenn der Mutterschaftsurlaub bei einem späteren Antritt ebenfalls im Anschluß an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG (rückwirkend) begänne. Zu der Frage einer Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs über den 6. Lebensmonat des Kindes hinaus mußte nur wegen des späteren Beginns des Mutterschaftsurlaubs Stellung genommen werden.
Im vorliegenden Fall war die Klägerin infolge einer Erkrankung aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund gehindert, den Mutterschaftsurlaub anzutreten. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob jede Erkrankung als ein solcher Hinderungsgrund anzusehen ist. Das ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Erkrankung Arbeitsunfähigkeit bedingt, eine die Mutter in vollem Umfang in Anspruch nehmende ärztliche Behandlung erforderlich macht und voraussichtlich längere Zeit andauern wird. Die Erkrankung der Klägerin war solcher Art. Die Krankenhausbehandlung begann noch in der Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG und nahm eine Zeit von 7 Wochen in Anspruch. Daran schloß sich eine Genesendenkur an. Arbeitsunfähigkeit bestand noch mehrere Wochen über das Ende des Zeitraums fort, der als Mutterschaftsurlaub in Betracht kam. Der Mutterschaftsurlaub soll es der Mutter ermöglichen, sich nach der Entbindung weiter zu erholen und sich ihrem Kind wenigstens in der besonders wichtigen ersten Lebensphase zu widmen (BT-Drucks. aaO S 1). Wenn auch die Anerkennung einer Zeit als Mutterschaftsurlaub nicht davon abhängig ist, daß der Zweck der gesetzlichen Regelung tatsächlich erreicht wird, so kann doch eine Mutter den von ihr zunächst verlangten Mutterschaftsurlaub dann nicht zu nehmen gezwungen sein, wenn bereits vor dem Antritt des Urlaubs feststeht, daß die an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG anschließende Zeit ausschließlich einem anderen Zweck (Heilung einer Krankheit) gewidmet werden muß und deshalb von vornherein nicht als Mutterschaftsurlaub geeignet ist.
Rechtlich geschützte Interessen des Arbeitgebers werden dadurch nicht beeinträchtigt. Dem Arbeitgeber steht der Schutz des § 8a Abs. 2 MuSchG nur im Rahmen der gesetzlichen Gesamtregelung zu. § 8a Abs. 3 MuSchG schränkt diesen Schutz ein. Die daraus für den vorliegenden Fall abgeleiteten Konsequenzen entsprechen den gesetzlichen Intentionen. Mit der Einführung des Mutterschaftsurlaubs wurde der Arbeitnehmerin eine Vergünstigung gewährt. Wollte man die arbeitsunfähig erkrankte Mutter zwingen, den Mutterschaftsurlaub anzutreten, würde sie gegenüber anderen Arbeitnehmerinnen benachteiligt. Eine solche Benachteiligung ergibt sich nicht notwendigerweise aus dem mit der Vergünstigung des Mutterschaftsurlaubs korrespondierenden Schutz des Arbeitgebers. § 8a Abs. 2 MuSchG gibt dem Arbeitgeber den Schutz, weil ihm die Ungewißheit darüber nicht zugemutet wird, ob die Arbeitnehmerin nach Ablauf der Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG die Arbeit wieder aufnimmt oder für die Zeit des Mutterschaftsurlaubs die Freistellung von der Arbeit in Anspruch nimmt. Dagegen wird dem Arbeitgeber im Falle der Erkrankung der Arbeitnehmerin zugemutet, während der Arbeitsunfähigkeit ohne ihre Arbeitsleistung auszukommen und trotzdem noch wenigstens bis zu 6 Wochen Arbeitsentgelt zu zahlen (§ 1 LFZG, § 616 BGB, § 63 HGB, § 133c GewO). Es besteht kein gewichtiger Grund, im Falle der Erkrankung vor Antritt des Mutterschaftsurlaubs die Arbeitnehmerin unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob sie den Mutterschaftsurlaub zunächst verlangt hat oder nicht. Ein solcher Grund ergibt sich auch nicht aus § 8a Abs. 2 MuSchG. Selbst wenn der Arbeitgeber eine Ersatzkraft eingestellt hat, erleidet er bei der Erkrankung der Arbeitnehmerin keine zusätzlichen auf die Geltendmachung des Mutterschaftsurlaubs zurückzuführenden Nachteile. Hätte die Arbeitnehmerin den Mutterschaftsurlaub nicht geltend gemacht, müßte der Arbeitgeber trotzdem auf ihre Arbeitsleistung verzichten und Entgeltfortzahlung gewähren. Die Geltendmachung des Mutterschaftsurlaubs hat es ihm ermöglicht, eine Ersatzkraft einzustellen. Dafür erhält er während des Mutterschaftsurlaubs eine Arbeitsleistung. Die Geltendmachung des Urlaubs kann nur dann wieder für den Arbeitgeber bedeutsam werden, wenn die erkrankte Mutter nach ihrer Erkrankung, aber noch während des Mutterschaftsurlaubs, die Arbeit wieder aufnehmen will. Ob der Arbeitgeber dann, vor allem wenn er eine Ersatzkraft eingestellt hat, die Mutter auf ihr ursprüngliches Urlaubsverlangen verweisen kann, muß hier nicht entschieden werden, denn die Klägerin hat an ihren Arbeitgeber kein derartiges Ansinnen gerichtet. Die Rechtslage ist eine andere, wenn der Mutterschaftsurlaub angetreten worden ist. Eine Erkrankung während des Mutterschaftsurlaubs unterbricht diesen nicht. Eine dem § 9 BUrlG entsprechende Regelung kennt das MuSchG nicht. Eine vorzeitige Beendigung nach § 8a Abs. 5 MuSchG, die nur auf die Aufnahme der Arbeit gerichtet sein kann, kommt bei einer Arbeitsunfähigkeit ebenfalls nicht in Betracht. Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht nicht, denn der Grund der unterbliebenen Arbeitsleistung ist nicht die Arbeitsunfähigkeit, sondern der Mutterschaftsurlaub. Dem entspricht § 200c Abs. 1 RVO, der eine Krankengeldgewährung neben der Gewährung von Mutterschaftsgeld ausschließt. Diese Rechtslage gilt für den Mutterschaftsurlaub, sie gilt nicht, wenn der Mutterschaftsurlaub aus einem von der Arbeitnehmerin nicht zu vertretenden Grund nicht angetreten werden konnte.
Es ist hier nicht zu entscheiden, wie die Rechtslage ist, wenn die Arbeitnehmerin trotz eines Hinderungsgrundes iS des § 8a Abs. 3 MuSchG wünscht, den Mutterschaftsurlaub zu nehmen (zB um den weitergehenden Kündigungsschutz nicht zu verlieren). Eine solche Erklärung hat die Klägerin nicht abgegeben. Nach den Tatsachenfeststellungen des SG, die für den Senat bindend sind (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–), hat sie ihren Arbeitgeber unverzüglich von der Krankenhausaufnahme in Kenntnis gesetzt. Sie hat damit zu erkennen gegeben, daß sie die Berücksichtigung dieses Umstandes wünscht.
Ein eventueller Anspruch der Klägerin auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts schließt den Krankengeldanspruch nicht aus. Der Anspruch auf Krankengeld ruht nur, soweit die Klägerin Arbeitsentgelt erhalten hat (§ 189 RVO; vgl. auch § 182 Abs. 10 RVO aF, § 115 SGB X).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen