Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung Leistungsausschluss neues Heilmittel Hippotherapie Bewertung durch Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Abgrenzung Krankenbehandlung gesundheitsbewusste Lebensführung Zeitablauf Rechtswidrigkeit Ausschuss Untätigkeit Systemfehler Bewertung medizinische Dringlichkeit Ermessensspielraum Verfahrensdauer drei Jahre
Leitsatz (amtlich)
- Bei der Bewertung neuer Heilmittel hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in gleicher Weise wie bei der Bewertung neuer Behandlungsmethoden neben dem therapeutischen Nutzen auch die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen.
- Zur Abgrenzung von Krankenbehandlung und gesundheitsbewusster Lebensführung (hier: therapeutisches Reiten).
Normenkette
SGB V § 1 S. 2, § 27 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 3, § 135 Abs. 1 S. 1, § 138; HeilMHilfsMRL; HeilMRL
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. September 2000 wird zurückgewiesen.
Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Leistungspflicht der beklagten Ersatzkasse für die so genannte Hippotherapie.
Der 1982 geborene Kläger ist bei der Beklagten familienversichert. Er leidet an einer zerebralen Tetraparese und einem fokalen Anfallsleiden. Seit 1989 zahlte die Beklagte Zuschüsse zu den Kosten für die vom behandelnden Arzt verordnete Hippotherapie. Im November 1998 lehnte sie eine weitere Bezuschussung ab und berief sich auf eine Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (Bescheid vom 13. November 1998; Widerspruchsbescheid vom 11. März 1999). In der Folge sind bis Januar 2000 Kosten für selbstbeschaffte Hippotherapie in Höhe von 1.640 DM für insgesamt 40 Einheiten angefallen.
Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteile vom 21. September 1999 und vom 21. September 2000). Das Landessozialgericht (LSG) hat zur Begründung ausgeführt: Der Streit betreffe ein neues Heilmittel iS des § 138 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), weil die Hippotherapie niemals Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung gewesen sei (Bezugnahme auf BSGE 52, 70 = SozR 2200 § 182 Nr 72). Der Bundesausschuss habe 1982 entschieden, dass die Hippotherapie im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden dürfe, nachdem sich bereits 1977 ergeben hätte, dass die Prüfung weitere wissenschaftliche Untersuchungen voraussetze. Anders als für den Ausschluss bereits anerkannter Heilmittel bestehe für die Entscheidung über die Einführung neuer Heilmittel eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage (Hinweis auf BSGE 85, 132 = SozR 3-2500 § 27 Nr 12). Eine Überprüfung der Feststellungen des Bundesausschusses im sozialgerichtlichen Verfahren – etwa durch Sachverständigengutachten – finde nicht statt. Da der Bundesausschuss sich auch nach 1982 mit der Aufnahme der Hippotherapie in die vertragsärztliche Versorgung wiederholt befasst habe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die frühere Entscheidung durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse überholt sei.
Mit der Revision rügt der Kläger insbesondere die Verletzung von § 138 SGB V. Die Hippotherapie sei nach der Rechtsprechung ein erstattungsfähiges Heilmittel (Hinweis auf BSGE 52, 134 = SozR 2200 § 182 Nr 76; BSG SozR 3100 § 11 Nr 13) und werde infolgedessen von § 138 SGB V nicht erfasst; sie sei ausdrücklich als beihilfefähig anerkannt (GMBl 1993, 130) und werde deshalb auch von den privaten Versicherungen vergütet. Daher habe ein Ausschluss nur nach § 34 SGB V erfolgen dürfen, was bisher nicht geschehen sei. Die weitgehende Ermächtigung des Bundesausschusses durch § 138 SGB V, wie sie vom LSG vertreten werde, stehe weder mit der gesetzlichen Wertung des § 34 SGB V noch mit der Verfassung in Einklang. Der Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit spreche nicht gegen die Leistungspflicht, da die Behandlungsstunde mit demselben Betrag vergütet werde wie andere neurophysiologische Behandlungen. Der Leistungsausschluss sei auch deshalb unwirksam, weil der Bundesausschuss lediglich überprüft habe, ob die Hippotherapie konventionellen Methoden überlegen sei. Nach dem Gesetz genüge es, wenn die anzuerkennende Methode zumindest als gleichwertig beurteilt werde.
Die Feststellungen des LSG ergäben einen so genannten Systemmangel, weil der Bundesausschuss über den im Januar 1999 eingereichten Antrag des Deutschen Kuratoriums für therapeutisches Reiten (Kuratorium) bisher nicht entschieden habe. Eine Rechtfertigung für die überlange Verfahrensdauer gebe es nicht; die notwendige Neufassung der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Heilmitteln und Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heil- und Hilfsmittel-RL) und die durch das Senatsurteil vom 16. November 1999 (B 1 KR 9/97 R – Fußpflege – BSGE 85, 132 = SozR 3-2500 § 27 Nr 12) angeblich veranlasste Überarbeitung von deren Anlage 2 könnten als Gründe für die Verfahrensdauer nicht anerkannt werden. Infolgedessen sei das LSG verpflichtet gewesen, die Wirksamkeit bzw die Verbreitung der Hippotherapie selbst zu überprüfen; die Verbreitung ergebe sich bereits aus der Beihilfefähigkeit sowie aus der Tatsache, dass jährlich nach den Angaben des Kuratoriums etwa 100.000 Behandlungsstunden gegeben würden. Dessen Antrag an den Bundesausschuss sei auf eine große Zahl von Veröffentlichungen in Fachzeitschriften gestützt.
Schließlich rügt der Kläger Verfahrensfehler. Das LSG habe aus der Auskunft des Bundesausschusses, er habe sich seit 1982 sechsmal – zuletzt am 24. Juli 1991 – mit der Hippotherapie befasst, nicht schließen dürfen, es seien keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen gewesen. Dieser Schluss verstoße gegen die Denkgesetze bzw gegen das Verbot der vorweggenommenen Beweiswürdigung oder beruhe auf einem tatsächlich nicht existierenden Erfahrungssatz, dass nach sechs Beratungen über eine Methode keine neuen Erkenntnisse zu erwarten seien. Bei entsprechendem Hinweis hätte für den Kläger die Möglichkeit bestanden, die Unterlagen des Deutschen Kuratoriums vorzulegen, wie im Revisionsverfahren geschehen. Das LSG habe auch versäumt, die Tatsache des laufenden Antragsverfahrens vor dem Bundesausschuss zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen, und es habe das vom Kläger beantragte Sachverständigengutachten zur Wirksamkeit der Methode entgegen der Rechtsprechung des Senats als von vornherein ungeeignet abgelehnt.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. September 2000 und des Sozialgerichts Mainz vom 21. September 1999 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 13. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 1999 zu verurteilen, die seit September 1998 entstehenden Kosten für eine bis zu dreimal im Monat durchgeführte Hippotherapie zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend erkannt, dass dem Kläger kein Kostenerstattungsanspruch für die Vergangenheit und kein Sachleistungsanspruch auf künftige Gewährung der Hippotherapie zusteht.
Beide Ansprüche hängen davon ab, ob die Krankenkasse im Rahmen des Anspruchs auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 3 SGB V verpflichtet ist, die Hippotherapie als Heilmittel zu gewähren. Es handelt sich nicht um eine reine Dienstleistung iS der Kriterien, die das Bundessozialgericht (BSG) zur Abgrenzung von Heilmitteln und Hilfsmitteln entwickelt hat (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 39 S 220 mwN), denn allein unter dem Gesichtspunkt der Benutzung des Pferdes wäre von einem Hilfsmittel auszugehen. Trotzdem überwiegt der Charakter der Dienstleistung, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass ein Eigenbesitz des Pferdes aus therapeutischem Anlass bei weniger als einer Reitstunde pro Woche nicht ernsthaft in Betracht kommt.
Das LSG hat beim Kläger eine Tetraparese mit fokalem Anfallsleiden und somit eine behandlungsbedürftige Krankheit festgestellt. Es hat nicht geprüft, ob die Hippotherapie etwa deshalb keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen sein kann, weil sie über eine behindertengerechte Gesundheitsförderung (vgl § 1 Satz 2 SGB V) nicht hinausreicht. Die Antwort auf diese Frage versteht sich nicht von selbst, weil das Reiten, obwohl es wahrscheinlich der körperlichen und seelischen Gesundheit förderlich ist, generell nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört. In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des Senats zu verweisen, wonach Mehrkosten für Diätlebensmittel auch dann nicht von der Krankenkasse zu übernehmen sind, wenn damit lebensgefährliche Stoffwechselentgleisungen zu vermeiden sind (Senatsurteil vom 9. Dezember 1997, BSGE 81, 240 = SozR 3-2500 § 27 Nr 9), wonach aber andererseits Maßnahmen der Körperpflege mit Rücksicht auf die besondere Qualität ihrer Durchführung Krankenversicherungsleistung sein können (BSGE 85, 132, 138f = SozR 3-2500 § 27 Nr 12 S 65). Mit dieser Rechtsprechung (vgl auch BSG SozR 3-2500 § 27 Nr 6; Senatsurteil vom 31. März 1998 – B 1 KR 12/96 R – ZfS 1998, 178 = FEVS 49, 184 = USK 98145) hat der Senat Gedanken weiterentwickelt, die in einer Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 18. Mai 1976 angelegt waren: Der Sozialhilfeträger hatte Kostenerstattung wegen einer Beschäftigungs- und Bewegungstherapie für einen an Schizophrenie erkrankten Versicherten begehrt. Das BSG hat den Anspruch verneint, weil die Beschäftigungen in Malen, Flechten und Zeitungsbesprechungen bestehe und bei der Bewegungstherapie nicht dargetan sei, dass sie über das hinausgehe, was üblicherweise als Gymnastik oder Sport bezeichnet werde. Es könne deshalb davon ausgegangen werden, dass die Maßnahme in erster Linie den allgemeinen körperlichen und geistigen Zustand des Versicherten beeinflussen solle; in diesem Sinne sei sie möglicherweise sogar als notwendig anzusehen. Sie ziele jedoch nicht primär auf die medizinische Bekämpfung der Krankheit und werde auch nicht dadurch zur Heilmaßnahme, dass sie wegen der Krankheit des Versicherten mit Hilfe von geschulten Fachkräften erbracht werde (BSGE 42, 16, 18 = SozR 2200 § 182 Nr 14 S 30).
Nach dieser Rechtsprechung ist zu prüfen, ob die Bewegungstherapie (zu der auch das therapeutische Reiten zu zählen ist) gezielt zur Bekämpfung des konkreten Krankheitszustands eingesetzt wird oder ob sie nur deshalb erforderlich ist, weil sich der Versicherte wegen der Krankheit nicht ohne fachkundige Hilfe sportlich betätigen bzw an Bewegungsübungen zur Gesundheitserhaltung und – förderung gehindert ist. Aus der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Hippotherapie kann eine Beantwortung dieser Frage nicht abgeleitet werden. Denn das BSG hat – ohne zur generellen rechtlichen Einordnung des Reitens unter dem Gesichtspunkt der gesundheitsbewussten Lebensführung Stellung zu nehmen – den jeweiligen Rechtsstreit zurückverwiesen, weil die Vorinstanz die auf die Krankheit des Versicherten bezogene medizinische Notwendigkeit nicht eingehend genug geprüft bzw nur sehr allgemein die therapeutischen Vorzüge der Hippotherapie wiedergegeben hatte (Urteile vom 7. November 1979 – 9 RVi 2/78 – SozR 3100 § 11 Nr 13, vom 22. Juli 1991 – 3 RK 50/79 – BSGE 52, 70, 75f = SozR 2200 § 182 Nr 72 S 125 und vom 22. September 1981 – 11 RK 10/79 – BSGE 52, 134, 139 = SozR 2200 § 182 Nr 76 S 147).
Nach dem bisherigen Ergebnis des Verfahrens vermag der Senat den spezifisch medizinischen Charakter des therapeutischen Reitens nicht festzustellen; im hier erörterten Zusammenhang geht es dabei um eine generelle Tatsache, die vom Revisionsgericht eigenständig zu prüfen ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 18 Nr 6 S 26f mwN). Die frühere Rechtsprechung (BSG SozR 3100 § 11 Nr 13) beschreibt die Wirkungen der Hippotherapie dahingehend, dass sich der Patient an die Schwingungen des Pferderückens anpasst; in der Begründung des Kuratoriums zum Antrag auf Anerkennung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen ist dementsprechend vom Pferd als Bewegungssimulator die Rede, der sich günstig auf Muskeltonus, Gleichgewicht, Haltung, Körperwahrnehmung, Körpervertrauen, Raumlagebewusstsein und Beziehungsfähigkeit auswirkt – um einige wichtige Aspekte zu nennen. Selbstverständlich muss bei einem Patienten mit einer Zerebralparese jegliche Behandlung darauf zielen, die erwähnten Funktionen zu verbessern oder zumindest zu erhalten. Der unzweifelhaft günstige allgemeine Einfluss des Reitens auf den menschlichen Organismus reicht für die in § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V geforderte gezielte Krankheitsbekämpfung jedoch nicht aus. Mit den zitierten Stellungnahmen ist infolgedessen nicht hinreichend belegt, dass sich das Reiten eines derart behinderten Menschen iS einer spezifischen therapeutischen Zielsetzung vom üblichen Reiten eines gesunden Menschen wesentlich unterscheidet und die Einstandspflicht der Krankenversicherung gerechtfertigt ist.
Die vom Kuratorium beschriebenen Besonderheiten des therapeutischen Reitens lassen ebenfalls keine eindeutige Abgrenzung zwischen therapeutischen und behinderungsbedingten Anforderungen zu. Diese bestehen darin, dass besonders ausgebildete Pferde eingesetzt werden und dass der Kranke von besonders ausgebildeten Physiotherapeuten betreut wird. Der Senat hat sich bereits im Urteil vom 31. März 1998 dagegen gewandt, die krankenversicherungsrechtliche Leistungspflicht ohne nähere Prüfung aus dem Einsatz von Therapeuten einer bestimmten Ausbildungsrichtung abzuleiten (USK 98145 mit Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 118 Nr 1 S 5 f). Ein Zusammenhang zu einer anders nicht zu vermeidenden Gesundheitsgefährdung, wie er bei der Fußpflege für Diabetiker erörtert wurde, besteht bei der Hippotherapie nicht, denn der Patient muss nicht reiten, um Verletzungsrisiken zu begegnen, wie sie bei unterlassener Fußpflege denkbar sind (vgl nochmals BSGE 85, 132, 139 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 12 S 66). Es ist auch nicht erkennbar, dass der besonders ausgebildete Therapeut eine andere Funktion haben könnte, als nachteilige Wirkungen des Reitens – etwa durch Überforderung des Patienten, durch ungeschickte oder unzweckmäßige Haltung oder durch ungeeignete Pferdeführung – vom Behinderten fern zu halten. Die beschriebenen Hilfeleistungen dienen offenbar dazu, dem Kranken (wie jedem Gesunden) den beschriebenen generellen Nutzen des Reitens unter den besonderen Bedingungen der Krankheit und ohne besondere Gesundheitsgefährdung zu ermöglichen (vgl nochmals BSGE 42, 16, 18 = SozR 2200 § 182 Nr 14 S 30).
Andere Gesichtspunkte für einen konkreten Krankheitsbezug sind den Unterlagen des Kuratoriums nicht zu entnehmen. Darin wird dargelegt, dass der Rhythmus der Pferdebewegungen und die dadurch ausgelöste Ganzkörperbewegung des Patienten über den Abbau von Bewegungsängsten die therapeutische Wirkung zeitigen. Das reicht über die “gesundheitsbewusste Lebensführung” iS von § 1 Satz 2 SGB V kaum hinaus; dementsprechend ist eine der bisherigen krankenversicherungsrechtlichen Revisionsentscheidungen in einem Fall ergangen, in dem der Sozialhilfeträger die Hippotherapie im Wege der Eingliederungshilfe gewährt hatte (BSGE 52, 134 = SozR 2200 § 182 Nr 76); bei der anderen wird die Rechtsgrundlage für die Sozialhilfeleistung nicht mitgeteilt (BSGE 52, 70, 72 = SozR 2200 § 182 Nr 72 S 121). Die Hippotherapie dürfte in erster Linie der Stabilisierung und Sicherung des Behandlungserfolgs anderer Maßnahmen dienen, denn sowohl vom Kuratorium als auch vom behandelnden Arzt wird betont, dass diese Therapieform die gleichzeitig angewandte Krankengymnastik nach Bobath bzw Vojta unterstütze und erweitere.
Nach dem derzeitigen Stand der Sachaufklärung ist ein ausreichender Bezug zum Risiko der gesetzlichen Krankenversicherung iS der Voraussetzungen des § 27 SGB V nicht ohne weiteres zu erkennen, so dass dem Kläger der eingeklagte Anspruch unabhängig von § 138 SGB V und der Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nicht zusteht. Allerdings hatte der Kläger bisher keine Gelegenheit, hierzu seine Auffassung darzulegen oder auf weitere Ermittlungsmöglichkeiten hinzuweisen. Trotzdem braucht der Senat die Sache nicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs bzw zu weiterer Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, denn er muss die Klage unabhängig vom fehlenden Bezug zum Krankenversicherungsrisiko abweisen.
Das LSG ist zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass das Klagebegehren an der fehlenden Anerkennung durch den Bundesausschuss scheitert.
Nach § 138 SGB V dürfen neue Heilmittel nur verordnet werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zuvor ihren therapeutischen Nutzen anerkannt und in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung abgegeben hat. Trotz des etwas anderen Wortlauts wird der Anspruch des Versicherten durch diese Bestimmung in derselben Weise wie durch § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V ausgeschlossen, solange der Bundesausschuss nicht entschieden hat, dass das fragliche Mittel zur vertragsärztlichen Versorgung gehört. Insofern gelten dieselben von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, die der Senat zuletzt im Urteil vom 19. Februar 2002 zusammengefasst hat (B 1 KR 16/00 R, zur Veröffentlichung bestimmt).
Die Hippotherapie ist ein “neues” Heilmittel iS des § 138 SGB V, denn sie war beim Inkrafttreten dieser Vorschrift am 1. Januar 1989 nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung und ist seitdem nicht einbezogen worden. Bei dem Merkmal des “neuen” Heilmittels oder der “neuen” Behandlungsmethode ist im Interesse der Rechtssicherheit vorzugsweise an formale Kriterien anzuknüpfen. Deshalb hat der Senat bei ärztlichen Leistungen regelmäßig an Hand des hierfür aufgestellten Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) geprüft, ob eine Methode als neu einzustufen ist (BSGE 81, 54, 57 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 12 f; BSGE 88, 51, 59 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 S 18; Senatsurteil vom 19. Februar 2002 – B 1 KR 16/00 R, zur Veröffentlichung bestimmt). Für nichtärztliche Leistungen wie Heilmittel ist der Inhalt des EBM allerdings ebenso wenig wie für Arzneimittel als Indiz für die Zugehörigkeit zur vertragsärztlichen Versorgung geeignet, weil er insoweit nicht die Funktion eines abschließenden Leistungskatalogs hat. Außerhalb des EBM geben in erster Linie die früheren Beschlüsse des Bundesausschusses den Umfang der vertragsärztlichen Versorgung zu Beginn des Jahres 1989 zutreffend wieder; dieser ist seinerseits dafür maßgeblich, was als “neues” Heilmittel den Bestimmungen des § 138 SGB V unterfällt (vgl BSGE 86, 223, 235 = SozR 3-2500 § 138 Nr 1 S 14). Ähnlich wie bei Arzneimitteln kann es außerdem darauf ankommen, ob das zu beurteilende Mittel auf einem eigenen theoretisch-wissenschaftlichen Konzept fußt, das die systematische Anwendung bei der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl Senatsurteil vom 28. März 2000 – BSGE 86, 54, 57 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 S 70 mwN); das dadurch vom Senat gebildete einheitliche Kriterium für den zusammengefassten Begriff der “neuen Behandlungsmethode” iS des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V ist wegen des mit § 138 SGB V gemeinsamen Zwecks der Qualitätssicherung (vgl nochmals BSGE 88, 51, 60f = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 S 20; BSGE 86, 223, 235 = SozR 3-2500 § 138 Nr 1 S 14) auf den Begriff des “neuen Heilmittels” übertragbar, obwohl der Wortlaut des § 138 SGB V eine eigene Methode nicht voraussetzt.
Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob der Ausschluss der Hippotherapie tatsächlich beachtet wurde, denn die tatsächliche Kostenübernahme durch die Krankenkasse erlaubt keinen Rückschluss auf die Einhaltung der Qualitätsanforderungen der §§ 135, 138 SGB V, zumal verschiedene Krankenkassen bei derselben Leistung zu gegensätzlichen Entscheidungen gelangen können. Deshalb spielt es für die jetzige Beurteilung keine Rolle, dass und seit wann die Beklagte die umstrittene Leistung dem Kläger bis zum November 1998 gewährt hat und in welchem Umfang dies bei anderen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei anderen Kassen der Fall war. Beim Merkmal des “neuen Heilmittels” ist auch nicht zu prüfen, ob die das Mittel ausschließende frühere Richtlinie des Bundesausschusses nach damaliger Rechtsauffassung einer gerichtlichen Überprüfung standgehalten hätte. Es wurde schon erwähnt, dass in diesem Zusammenhang aus Gründen der Rechtssicherheit formale Kriterien vorzuziehen sind, so dass es insoweit auf eine ins Einzelne gehende rechtliche Überprüfung nicht ankommt.
Mit Beschluss des Bundesausschusses vom 26. Februar 1982 wurde die Hippotherapie in den Katalog der Leistungen aufgenommen, die nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden durften; mangels späterer Änderung war sie im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nicht enthalten, als das SGB V in Kraft trat. Infolgedessen unterfällt die Hippotherapie als “neues” Heilmittel den Bestimmungen des § 138 SGB V. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Qualität der Hippotherapie ergebe sich wegen der Verwandtschaft zu anerkannten Behandlungsmethoden wie der Krankengymnastik quasi von selbst (vgl dazu: BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 13), denn damit würde man den behaupteten eigenständigen therapeutischen Ansatz unzulässigerweise negieren.
Aus der bisher zur Hippotherapie ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht die Zugehörigkeit zur vertragsärztlichen Versorgung. Die beiden krankenversicherungsrechtlichen Entscheidungen (BSGE 52, 70, 74 f = SozR 2200 § 182 Nr 72 S 124 f; BSGE 52, 134, 138 = SozR 2200 § 182 Nr 76 S 146) datieren vom Juli bzw September 1981 und sind schon deshalb nicht als Anerkennung der Hippotherapie zu werten, weil die Rechtsstreite zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen wurden und weil mangels einer dem § 138 SGB V vergleichbaren Vorschrift das Fehlen einer Ausschussentscheidung nach der damals ausdrücklich erörterten Rechtslage ohne weiteres die gerichtliche Sachprüfung eröffnete. Demzufolge hat der danach erlassene Beschluss des Bundesausschusses vom 26. Februar 1982 die früheren Urteile bereits nach deren eigenem Verständnis gegenstandslos gemacht. Die spätere zum Versorgungsrecht ergangene Entscheidung vom 4. Oktober 1984 (BSG SozR 3100 § 18 Nr 9) ist in diesem Zusammenhang gleichfalls unerheblich, denn sie bezieht sich auf einen Leistungsstreit aus dem Jahre 1974.
Als neues Heilmittel ist die Hippotherapie von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen, solange sie vom Bundesausschuss nicht anerkannt ist. Eine solche Anerkennung liegt nicht vor. Dabei ist nicht von einer Untätigkeit des Bundesausschusses, sondern von einer Ablehnung auszugehen, ohne dass zu entscheiden ist, ob der Beschluss vom 26. Februar 1982 automatisch als ein solcher iS des am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen § 138 SGB V gelten würde. Denn jedenfalls hat der neu konstituierte Bundesausschuss den alten Beschluss dadurch in seinen Willen aufgenommen, dass er die Fortgeltung der früheren Heil- und Hilfsmittel-RL mit der die Hippotherapie enthaltenden Anlage 2 erklärt hat (Beschluss vom 12. Januar 1989, BABl 3/1989, 67). Außerdem hat er sich zumindest noch einmal unter dem neuen Recht – nämlich am 24. Juli 1991 – mit der Hippotherapie befasst und schließlich die Heil- und Hilfsmittel-RL neu bekannt gemacht (BAnz Nr 183b vom 17. Juni 1992). Die beschriebenen Vorgänge sind insgesamt als – erneute – Ablehnung der Hippotherapie nach den am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen Vorschriften und nicht als Untätigkeit des Bundesausschusses zu werten. Deshalb hat die Prüfung des Anspruchs unter dem Gesichtspunkt des sog Systemversagens an der Übereinstimmung der RL mit der Ermächtigungsgrundlage anzusetzen (zu den Kriterien vgl BSGE 88, 62, 67 ff = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 28 ff; zur Untätigkeitsprüfung etwa: BSGE 88, 51, 61f = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 S 21 f).
Die Ablehnung steht mit höherem Recht in Einklang; sie ist auch nicht durch Zeitablauf rechtswidrig geworden.
Nach der Rechtsprechung des BSG entscheidet der Bundesausschuss über den therapeutischen Nutzen neuer Behandlungsmethoden; seine Entscheidungen sind auch für die Gerichte verbindlich, so dass ihnen die Qualität untergesetzlicher Rechtsnormen zukommt. Gegenüber den insoweit von der Revision erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken kann mangels neuer Gesichtspunkte ebenso wie im bereits zitierten Urteil vom 19. Februar 2002 auf frühere Ausführungen verwiesen werden (BSGE 81, 73, 80 ff = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 55 ff; BSGE 82, 41, 46 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 15 ff). Für neue Heilmittel gilt grundsätzlich nichts anderes. Zwar ist der Bundesausschuss durch § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V zum Ausschluss bereits anerkannter Heilmittel aus der vertragsärztlichen Versorgung nicht ausreichend ermächtigt, weil § 34 Abs 4 und 5 SGB V insoweit Ermächtigungen des Bundesministers für Gesundheit enthält, die an engere Voraussetzungen gebunden sind. Außerdem fehlt in § 138 SGB V eine dem § 135 Abs 1 Satz 2 SGB V (idF des 2. GKV-NOG vom 23. Juni 1997) vergleichbare Ermächtigung zur Überprüfung der bisher zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Leistungen. Bereits im hierzu ergangenen Urteil des Senats wird aber darauf verwiesen, dass die Befugnisse des Bundesausschusses bei der Zulassung oder Ablehnung von neuen Heilmitteln durch diese Vorschriften nicht beschränkt sind (BSGE 85, 132, 141 = SozR 3-2500 § 27 Nr 12 S 67 f). Bei neuen Heilmitteln gilt das gesetzlich angeordnete präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, so dass der Anwendungsbereich des § 34 SGB V von vornherein nicht berührt ist und der Kompetenzkonflikt nicht entstehen kann.
Wie andere untergesetzliche Rechtsnormen sind die Entscheidungen des Bundesausschusses von den Gerichten nur daraufhin zu überprüfen, ob sie höherrangigem Recht entsprechen. Da die Gerichte nicht dazu berufen sind, selbst zum therapeutischen Nutzen einer Methode oder eines Heilmittels Stellung zu nehmen, beschränkt sich die Überprüfung auf das Verfahren vor dem Bundesausschuss und die seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Maßstäbe (vgl BSGE 81, 73, 84f = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 60; BSGE 86, 54, 60f = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 S 66; BSGE 88, 62, 72f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 32 f). Diesbezüglich ergeben sich keine Beanstandungen, so dass die Vorinstanzen die Klage zu Recht abgewiesen haben.
Die Revision rügt ohne Erfolg, der Bundesausschuss habe einen rechtswidrigen Maßstab angelegt. In der vom LSG eingeholten Stellungnahme des Bundesausschusses ist ausgeführt, die Hippotherapie sei in der Vergangenheit abgelehnt worden, weil eine therapeutische Überlegenheit gegenüber konventionellen Methoden nicht habe plausibel gemacht werden können. Außerdem sei nicht dargelegt worden, dass die Hippotherapie zu den gleichen Kosten wie die konventionellen Therapien durchgeführt werden könne.
Die so begründete Entscheidung steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Nach § 138 SGB V hat der Bundesausschuss über den “therapeutischen Nutzen” neuer Heilmittel zu entscheiden; das ist weniger ausführlich als die Formulierung in § 135 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V, wo dem Bundesausschuss aufgegeben ist, neben dem Nutzen einer neuen Methode auch deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit zu überprüfen und dabei auch einen Vergleich mit den bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden anzustellen. Dennoch gelten für die Prüfung neuer Heilmittel dieselben Beurteilungsmaßstäbe wie für neue Behandlungsmethoden. Der Zusatz in § 135 Abs 1 SGB V wurde mit dem 2. GKV-NOG vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1520) in das Gesetz aufgenommen und wird in der Begründung als Klarstellung bezeichnet (BT-Drucks 13/6087 S 29). Das entspricht der vorgefundenen Rechtslage. Denn schon in der ursprünglichen Fassung wurde in § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V auf die Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V Bezug genommen, die ihrerseits nach § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V “die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten” bieten sollen. Insofern enthält die Ergänzung von § 135 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V durch das 2. GKV-NOG in der Tat keine Neuregelung, sondern eine Klarstellung der von Anfang an bestehenden Absichten des Gesetzgebers. Es wäre auch mit dem Sinn der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar, wenn die Krankenkasse zusätzlich zur Anerkennung des therapeutischen Nutzens einer Methode durch den Bundesausschuss verpflichtet wäre, über deren (generelle) Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit – auch im Vergleich zu bereits etablierten Methoden – noch eine eigene Entscheidung zu treffen. Von daher braucht nicht weiter untersucht zu werden, inwiefern im “therapeutischen Nutzen” schon begrifflich Elemente der Zweckmäßigkeit, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit enthalten sind.
Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn der Bundesausschuss die Ablehnung der Hippotherapie unter Berücksichtigung von deren höheren Kosten auf die Erwägung gestützt hat, eine Überlegenheit gegenüber der traditionellen Vorgehensweise sei nicht festzustellen. Im Verfahren sind keine Anhaltspunkte vorgetragen oder erkennbar geworden, dass der Bundesausschuss seinerzeit die tatsächlichen Grundlagen seiner Entscheidung verkannt oder aus anderen Gründen seinen Beurteilungsspielraum überschritten haben könnte. Dieser wurde entgegen der Meinung der Revision nicht etwa durch die Beihilfevorschriften des Bundes eingeschränkt, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Kostenübernahme für die Hippotherapie vorsehen (§ 6 Abs 2 BhV; GMBl 1993, 130; dazu auch OVG NRW vom 27. September 2001 – 1 A 193/00). Denn abgesehen davon, dass die fragliche Bestimmung erst nach der hier zu erörternden Ablehnung erlassen wurde, richtet sich der Beihilfeanspruch aus dem Dienstverhältnis zu einem öffentlichen Dienstherrn nach anderen Kriterien als der Leistungsanspruch aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Hinweis der Revision und des Kuratoriums in seinem Neuantrag des Jahres 1999, dass die Kosten für die Hippotherapie pro Behandlungseinheit inzwischen nicht höher seien als für sonstige neurophysiologische Behandlungen, zieht die frühere Entscheidung des Bundesausschusses ebenfalls nicht in Zweifel, weil die damalige höhere Kostenbelastung stillschweigend sogar zugestanden und zu den allein maßgeblichen Gesamtkosten keine Aussage getroffen wird. Infolgedessen braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob die Wirtschaftlichkeit der Hippotherapie außerdem auch deshalb hätte angezweifelt werden können, weil diese von ihren Verfechtern ausdrücklich als Ergänzung zur Krankengymnastik eingesetzt wird, so dass schon mit Rücksicht auf den sich daraus ergebenden höheren finanziellen Aufwand auf einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen Wert gelegt werden muss. Ebenfalls keiner Entscheidung bedarf, wie das Kostenargument im derzeit vor dem Bundesausschuss laufenden Verfahren zu bewerten ist.
Denn auch insoweit rügt die Revision die Behandlung durch den Bundesausschuss ohne Erfolg. Die Voraussetzungen für einen Systemmangel in der Form der Untätigkeit, die in diesem Falle aus der Dauer des durch den Antrag des Kuratoriums vom Januar 1999 ausgelösten Verfahrens abzuleiten wäre, sind nicht dargetan. Der mögliche Systemmangel liegt nicht in der Verfahrensdauer an sich, sondern in der willkürlichen oder sachfremden Verzögerung der Ausschussentscheidung (grundlegend: BSGE 81, 54, 65f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 21; neuerdings: BSGE 88, 51, 61 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 S 21 mwN). Ein Sachverhalt, der eine sachfremde Verzögerung ergäbe, wird auch von der Revision nicht vorgetragen; sie behauptet lediglich, die vom Bundesausschuss ins Feld geführten Gründe seien unzureichend, um als Erklärung für die Verfahrensdauer zu dienen. Die Untätigkeit des Ausschusses ist nur dann rechtswidrig und begründet einen Systemfehler, wenn eine rechtliche Verpflichtung zum Handeln besteht. Für sich genommen bedeutet der Antrag des Kuratoriums nicht die Verpflichtung zur Entscheidung innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums; vielmehr hängt die angemessene Verfahrensdauer von den Gesamtumständen ab, etwa der Komplexität der Materie, der allgemeinen Belastung des Ausschusses oder der therapeutischen Bedeutung des Anliegens. Da gerade bei der Bewertung der medizinischen Dringlichkeit dem Bundesausschuss ein weiter Ermessensspielraum zuzugestehen ist, lässt sich aus einer über dreijährigen Verfahrensdauer allein nicht der Schluss auf eine unsachgemäße Behandlung ziehen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Bundesausschuss die Hippotherapie insgesamt bereits siebenmal behandelt hat. In einem solchen Fall ist es zumindest vertretbar, einen nochmaligen Antrag gegenüber anderen Verfahren zunächst zurückzustellen, wenn keine Anhaltspunkte für eine medizinisch völlig neue Situation sprechen. Solche Anhaltspunkte hat die Revision nicht vorgetragen; den Antragsunterlagen des Kuratoriums sind ebenfalls keine Hinweise in dieser Richtung zu entnehmen.
Da ein Systemmangel in Bezug auf die Ablehnung der Hippotherapie als Leistung der Krankenversicherung oder in Bezug auf eine zwischenzeitliche Untätigkeit gegenwärtig (noch) nicht erkennbar ist, haben die Gerichte die Sachentscheidung des Bundesausschusses nicht zu überprüfen. Die auf die Wirksamkeit der Hippotherapie und auf die dazu angeblich vorliegenden neuen Erkenntnisse zielenden Revisionsrügen greifen schon deshalb nicht durch. Das gilt insbesondere auch für das Argument der Verbreitung, auf die es allenfalls dann ankommen könnte, wenn ein Systemfehler vorläge (BSGE 81, 54, 70f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 26 f).
Da das LSG die Berufung zu Recht zurückgewiesen hat, musste auch die Revision zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
SGb 2002, 322 |
SozR 3-2500 § 138, Nr. 2 |
br 2004, 23 |
GesPol 2004, 19 |