Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 11.01.1991) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Januar 1991 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Gewährung von Bundeserziehungsgeld für die Zeit vom 10. November 1989 bis zum 5. Januar 1990.
Der Kläger ist Hausmann, seine Ehefrau ist als Diplom-Chemikerin erwerbstätig. Aus der Ehe ging am 10. November 1989 der (zweite) Sohn David hervor, der mit seinen Eltern und seinem Bruder in einem gemeinsamen Haushalt lebt und vom Kläger selbst betreut und erzogen wird. Die Techniker-Krankenkasse leistete der Ehefrau des Klägers Mutterschaftsgeld für die Dauer der Schutzfristen iS des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) vom 22. September 1989 bis einschließlich 5. Januar 1990 in Höhe von 25,– DM kalendertäglich.
Dem vom Kläger und seiner Ehefrau gestellten Antrag, dem Kläger Erziehungsgeld für die Höchstdauer bis zur Vollendung des 15. Lebensmonats des Kindes David zu gewähren, gab das beklagte Land mit dem streitigen Bescheid vom 10. Januar 1990 insoweit statt, als es Erziehungsgeld für die Zeit vom 6. Januar 1990 bis zum 9. Februar 1991 zuerkannte; es bewilligte die Leistung für die Zeit vom 6. bis zum 9. Januar 1990 in Höhe von 80,– DM und ab 10. Januar 1990 in Höhe von lebensmonatlich 600,– DM. Hingegen versagte es dem Kläger Erziehungsgeld für die Zeit vom 10. November 1989 bis zum 5. Januar 1990, weil nach § 7 Satz 1 und Satz 3 des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) vom 6. Dezember 1985 (BGBl I S 2154, idF der Bekanntmachung vom 25. Juli 1989, BGBl I S 1550) das der Ehefrau für diesen Zeitraum gezahlte Mutterschaftsgeld anzurechnen sei, so daß die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt seien (Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 1990).
Klage und – vom Sozialgericht Speyer (SG) zugelassene – Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 7. Juni 1990; Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz -LSG- vom 11. Januar 1991). Das LSG ist folgender Ansicht: Die entscheidende Frage, ob der Gesetzgeber unter Beachtung von Art 3 Abs 1 und Abs 2 sowie Art 6 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) die anspruchsvernichtende Anrechnung des der Mutter des Kindes gewährten laufenden Mutterschaftsgeldes auf das Erziehungsgeld des berechtigten Vaters anordnen durfte, sei zu bejahen. Es widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG nicht, daß eine nicht erwerbstätige Mutter Erziehungsgeld für sechs Monate in voller Höhe erhalte, hingegen ein Vater unter gleichen Voraussetzungen erst etwa acht Wochen nach der Geburt des Kindes. Die Anrechnung des Mutterschaftsgeldes verhindere gerade, daß der Vater sich gegenüber einer Mutter besser stelle, die Mutterschaftsgeld erhalte und sich dieses auf das Erziehungsgeld anrechnen lassen müsse. Ansonsten würden bei den Familien Benachteiligungen eintreten, in denen die Mutter das Erziehungsgeld in Anspruch nehme. Zwischen dem Mutterschaftsgeld und dem Erziehungsgeld bestehe mit Bezug auf Sinn und Zweck beider Leistungen zwar keine volle Deckungsgleichheit; sie dienten aber überwiegend vergleichbaren Zwecken (Hinweis auf BT-Drucks 10/3792 S 13 und BT-Drucks 10/4212 S 5). Angesichts der weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers sei die Anrechnungsregelung nicht willkürlich; verstoße nicht gegen den speziellen Gleichbehandlungsgrundsatz und genüge der staatlichen Pflicht zum Schutz von Ehe und Familie.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger, die Anrechnung des Mutterschaftsgeldes nach § 7 Satz 3 BErzGG verstoße gegen Art 3 Abs 1 und Abs 2 GG und gegen Art 6 GG. Antragsteller mit gleichen Voraussetzungen müßten gleich behandelt werden. Zuwendungen an den Vater würden einer antragstellenden Mutter nicht angerechnet. Alleiniger Anknüpfungspunkt sei das Geschlecht des Erziehungsberechtigten. Nicht nachvollziehbar sei, daß Erziehungsgeld und Mutterschaftsgeld gleiche Ziele verfolgten. Die Unterstellung sei unzulässig, eine Mutter übernehme während der achtwöchigen Schutzfrist auch die Betreuung und Erziehung des Kindes. Der Gesetzgeber habe von seiner Gestaltungsfreiheit nicht sachgerecht Gebrauch gemacht. Ein Erziehungsgeldberechtigter dürfe nicht deshalb benachteiligt werden, weil einem anderen Erziehungsgeldberechtigten eine an dessen Geschlecht gebundene Leistung gewährt werde und auf dessen Erziehungsgeldanspruch anrechenbar sei. Art 6 GG sei verletzt, weil der vor der Geburt seines Kindes nicht berufstätige Vater nicht in demselben Maß gefördert werde wie eine Mutter, die vor der Geburt ihres Kindes nicht berufstätig gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
„1. das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 7. Juni 1990 und das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Januar 1991 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 1990 idF des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Jugend und Soziales vom 6. Februar 1990 insoweit aufzuheben, als dem Kläger kein Erziehungsgeld für den Zeitraum vom 10. November 1989 bis zum 5. Januar 1990 gewährt wird.
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Erziehungsgeld für den Zeitraum vom 10. November 1989 bis zum 5. Januar 1990 zu gewähren.”
Das beklagte Land beantragt schriftsätzlich,
die Revision zurückzuweisen.
Es hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Gesetzgeber habe sich im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit für die Anrechnung des Mutterschaftsgeld entschieden, weil vermieden werden solle, daß soziale Leistungen, die die gleiche Zielrichtung verfolgen, zweimal gezahlt werden.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Er hat für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Erziehungsgeld.
Zwar erfüllt der Kläger die Grundvoraussetzungen für einen Anspruch auf Erziehungsgeld iS von § 1 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 bis 4 BErzGG. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Kläger in dem maßgeblichen Zeitraum seinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes, lebte er mit seinem Kind David, für das ihm die Personensorge zusteht, in einem Haushalt, betreute und erzog er dieses Kind selbst und übte auch keine Erwerbstätigkeit aus.
Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dem Begehren des Klägers stehe nicht schon § 3 Abs 2 Satz 4 iVm Satz 1 und 3 BErzGG entgegen. Nach diesen Bestimmungen ist allein die Ehefrau die Anspruchsberechtigte, wenn beide Ehegatten „die Anspruchsvoraussetzungen” erfüllen, aber bis zum Ablauf des dritten Lebensmonats des Kindes gegenüber der zuständigen Stelle keine schriftliche Bestimmung darüber getroffen haben, wer von ihnen Berechtigter sein soll. Den tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, ob die Ehefrau des Klägers in dem streitigen Zeitraum, in dem sie gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 MuSchG nicht beschäftigt werden durfte, ihren zweiten Sohn ebenfalls selbst betreut und erzogen hat. Hierauf sowie auf die Frage, ob unter „die Anspruchsvoraussetzungen” iS von § 3 Abs 2 Satz 1 BErzGG nur die in den §§ 1 und 2 umschriebenen (anspruchsbegründenden und anspruchshindernden) Grundvoraussetzungen des Erziehungsgeldanspruches oder aber auch die in den §§ 4 ff BErzGG geregelten (anspruchsbegrenzenden und anspruchsvernichtenden) weiteren Anspruchsvoraussetzungen zu verstehen sind (auf die in §§ 1 und 2 BErzGG geregelten Voraussetzungen beschränkend: Zmarzlik/Zipperer/Viethen, Mutterschutzgesetz, 5. Aufl 1986, § 3 BErzGG RdNr 4; Wiegand/Stoll, Komm zum Bundeserziehungsgeldgesetz, Stand: April 1987, § 3 BErzGG RdNr 5, jeweils ohne Angabe von Gründen), ist nicht näher einzugehen. Denn die Ehefrau des Klägers hat den Antrag auf Gewährung von Erziehungsgeld an den Kläger mitunterzeichnet. Dadurch haben die Eheleute vor Ablauf des dritten Lebensmonats des Kindes schriftlich gegenüber der zuständigen Stelle erklärt, wer von ihnen – der Ehemann – erziehungsgeldberechtigt iS von § 3 Abs 1 Satz 1 BErzGG sein soll, nach dem für die Betreuung und Erziehung eines Kindes nur einer Person Erziehungsgeld gewährt wird.
Der Kläger kann aber deswegen von dem beklagten Land nicht verlangen, ihm Erziehungsgeld zu zahlen (vgl § 194 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB), hat also keinen Anspruch auf Erziehungsgeld, weil ihm das seiner Ehefrau für die streitige Zeit gezahlte Mutterschaftsgeld mit anspruchsvernichtender Wirkung zutreffend angerechnet worden ist.
Gemäß § 7 Satz 1 BErzGG wird für die Zeit vor oder nach der Geburt laufend zu zahlendes Mutterschaftsgeld, das der Mutter ua nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) gewährt wird, auf das Erziehungsgeld angerechnet. Nach Satz 3 aaO werden, soweit die Mutter, die mit dem Vater des Kindes in einem Haushalt lebt, Leistungen (ua nach Satz 1) erhält, diese auch auf das Erziehungsgeld des Vaters angerechnet. Keiner Darlegung bedarf, daß die Ehefrau des Klägers laufend zu zahlendes Mutterschaftsgeld nach § 200 RVO erhalten hat und daß sie mit dem Kläger, dem Vater des Kindes, in einem Haushalt lebt.
Das beklagte Land hat den anzurechnenden Betrag im Blick auf den Anrechnungszeitraum und auf die Anrechnungshöhe zutreffend festgestellt:
Nicht zu beanstanden ist, daß nicht der Gesamtbetrag des Mutterschaftsgeldes, das die Techniker-Krankenkasse für die Zeit vom 22. September 1989 bis zum 5. Januar 1990 in Höhe von 2.650,– DM gezahlt hat, angerechnet worden ist, sondern nur der Teilbetrag hiervon, der für die Zeit vom Entbindungstag (10. November 1989) bis zum Ablauf der Mutterschutzfrist (5. Januar 1990) in Höhe von 1.425,– DM geleistet worden ist. Denn der Wortlaut des § 7 Satz 1 BErzGG: „Für die Zeit vor … der Geburt” soll nur festlegen, daß bei erneuter Schwangerschaft während des Bezuges von Erziehungsgeld auch das Mutterschaftsgeld, das vor der Geburt des nächsten Kindes gezahlt wird, auf das Erziehungsgeld für das früher geborene Kind angerechnet wird (BT-Drucks 11/4776 S 3). Ein solcher Fall liegt nicht vor.
Auch die Höhe des dem Kläger für den zweiten Lebensmonat des Kindes (10. Dezember 1989 bis 9. Januar 1990) zu gewährenden Erziehungsgeldes ist richtig berechnet worden. Im Schrifttum ist umstritten, wie das Mutterschaftsgeld auf das Erziehungsgeld anzurechnen ist, wenn – wie hier – das Mutterschaftsgeld nur für einen Teil des Lebensmonats gewährt wird und dieser mehr (oder weniger) als 30 Tage umfaßt (eingehend hierzu mit umfassenden Nachweisen: Wiegand/Stoll, aaO, § 7 RdnNr 17 bis 22). Entgegen der Ansicht von Wiegand/Stoll (aaO) ist nicht der nach § 5 BErzGG für den Lebensmonat zustehende Gesamtbetrag des Erziehungsgeldes (hier nach § 5 Abs 1 BErzGG: 600,– DM) dem Gesamtbetrag des für diesen Lebensmonat gezahlten Mutterschaftsgeldes (hier: 675,– DM gegenüberzustellen. Denn nach § 7 Satz 1 BErzGG endet die Anrechenbarkeit von Mutterschaftsgeld mit dem letzten Kalendertag, für den die Mutter diese Leistung erhalten hat (hier: 5. Januar 1990). Es ist aber auch nicht der Ansicht zu folgen (stellvertretend: Zmarzlik/Zipperer/Viethen, Mutterschaftsgesetz, 5. Aufl 1986, § 7 RdnNrn 12 bis 14; Grüner/Dalichau, Bundeserziehungsgeldgesetz, Komm, Stand: Dezember 1990, § 7 Anm III S 9), nach der eine Übereinstimmung in den Zahlungszeiträumen dadurch herbeizuführen ist, daß der nach § 5 BErzGG lebensmonatlich ermittelte Erziehungsgeldbetrag (hier: 600,– DM) durch die Anzahl der Kalendertage des Lebensmonats geteilt und der so errechnete kalendertägliche Wert (zwischen 21,42 DM bei Lebensmonaten mit 28 Tagen bis 19,35 DM bei Lebensmonaten – wie hier – mit 31 Tagen) dem kalendertäglich gezahlten Mutterschaftsgeld gegenübergestellt wird. Diese Berechnungsweise ist mit § 5 Abs 4 Satz 2 BErzGG nicht vereinbar, nach dem Erziehungsgeld, soweit es für Teile von Monaten zu leisten ist, für einen Kalendertag ein Dreißigstel von 600,– DM beträgt (= 20,– DM). Der Widerspruch zu dieser Vorschrift wird augenfällig, wenn im letzten Lebensmonat des Kindes sowohl Erziehungsgeld als auch Mutterschaftsgeld nur für einen (uU denselben) Teil dieses Lebensmonats zustehen.
Nach § 7 Satz 1 BErzGG, der keine kalendertägliche Zuordnung von Mutterschaftsgeld und Erziehungsgeld zueinander, sondern nur eine Kongruenz der Leistungszeiträume voraussetzt, ist der Anrechnungsbetrag vielmehr so zu ermitteln, daß der unter Anwendung von § 5 Abs 4 Satz 2 BErzGG zu ermittelnde anteilige Gesamtbetrag des auf den Anrechnungszeitraum entfallenden Erziehungsgeldes (30 Tage abzüglich der Kalendertage, für die kein Mutterschaftsgeld gezahlt worden ist; hier: 4 Tage; Anrechnungswert des Erziehungsgeldes also: 520,– DM) dem Gesamtbetrag des in diesem Teilmonat gezahlten Mutterschaftsgeldes (hier: 675,– DM) gegenübergestellt wird. Da das Mutterschaftsgeld der Ehefrau des Klägers also nicht nur im ersten Lebensmonat des Kindes (mit 750,– DM), sondern auch im anteiligen Anrechnungszeitraum des zweiten Lebensmonats (bis 5. Januar 1990) höher als das grundsätzlich zustehende Erziehungsgeld war, ist dem Kläger für den streitigen Zeitraum Erziehungsgeld nicht zu zahlen.
Soweit es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits darauf ankommt, ob § 7 Satz 1 und Satz 3 BErzGG verfassungsgemäß ist, hat der Senat sich nicht iS von Art 100 Abs 1 GG davon überzeugen können, daß diese Anrechnungsregelung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG, dem Gleichberechtigungsgrundsatz iS von Art 3 Abs 2 GG, mit den verfassungsrechtlichen Garantien des Art 6 GG oder mit anderen Bestimmungen des Grundgesetzes nicht vereinbar ist.
Keiner vertiefenden Erörterung bedarf, daß § 7 Satz 3 BErzGG keine mit Art 3 Abs 2 GG, nach dem Männer und Frauen gleichberechtigt sind, unvereinbare direkte Ungleichbehandlung enthält. Entgegen der Ansicht des Klägers knüpft die Norm nicht an das Geschlecht an, wie sich schon daraus ergibt, daß ein erziehungsgeldberechtigter Vater, der mit der Mutter des Kindes nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebt, sich das der Frau gezahlte Mutterschaftsgeld nicht anrechnen lassen muß. Es liegt aber auch keine sog indirekte Ungleichbehandlung iS von Art 3 Abs 2 GG vor, weil – worauf zurückzukommen ist – die Erstreckung der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes nach § 7 Satz 3 BErzGG (sie erfolgt immer zu Lasten der Väter) durch geschlechtsunabhängige Gründe bestimmt und verfassungsrechtlich legitimiert ist. Die vom Kläger bekämpfte Anrechnungsvorschrift verletzt auch nicht seine Grundrechte aus Art 6 Abs 1 GG, nach dem Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, ebensowenig die in dieser Vorschrift enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm oder die Garantie von Ehe und Familie (Institutsgarantie). Sowohl das Mutterschaftsgeld als auch das Erziehungsgeld sind Leistungen, die Ehe und Familie fördern sollen (vgl Bundesverfassungsgericht – BVerfG in SozR 2200 § 200 Nr 9). § 7 Satz 3 BErzGG dient der gegenseitigen Abstimmung beider Leistungssysteme iS der Vermeidung von Doppelleistungen, dh von solchen Zuwendungen, die – zumindest in Teilbereichen -dieselben Zwecke fördern sollen (vgl BT-Drucks 10/3792 S 17 f; BT-Drucks 11/4776 S 3). Die Vorschrift soll einerseits sicherstellen, daß die Mutter uneingeschränkt den Anspruch auf das volle Mutterschaftsgeld behält, das als Lohnersatzleistung der besonderen Schutzbedürftigkeit der Mutter während der Schutzfristen ua nach der Entbindung Rechnung trägt (dazu zuletzt Urteile des 1. Senats des BSG vom 17. April 1991 – 1 RK 21/88 und 1/3 RK 26/89, beide zur Veröffentlichung vorgesehen) und Ausdruck der Fürsorge der Gemeinschaft für die Mutter ist (Art 6 Abs 4 GG); andererseits soll die Norm gewährleisten, daß die Betreuung von Kindern, die mit ihren Eltern in häuslicher Gemeinschaft leben, durch Mittel aus öffentlichen Kassen nicht in höherem Maße gefördert wird als diejenige von Kindern, die nur im Haushalt eines Elternteils betreut werden. Das wäre nämlich der Fall, wenn Eltern, die miteinander und mit dem Kind in einem Haushalt leben, sowohl Mutterschaftsgeld als auch Erziehungsgeld erhielten, während die Betreuung durch einen alleinerziehenden Vater oder eine alleinerziehende (nicht erwerbstätige und nicht arbeitslose) Mutter nur bis zum Höchstbetrag des Erziehungsgeldes (§ 5 BErzGG), die durch eine alleinerziehende (erwerbstätige oder arbeitslose) Mutter zwar durch Mutterschaftsgeld, ggf aber, falls dieses geringer als das Erziehungsgeld ist, nach Anrechnung gemäß § 7 Satz 1 BErzGG auch nur bis zum Höchstbetrag des Erziehungsgeldes (§ 5 BErzGG) gefördert würde. Letztlich verhindert § 7 Satz 1 und Satz 3 BErzGG somit eine sachlich nicht zu rechtfertigende ungleiche Förderung der Kinder im Blick auf den von den gesetzlichen Regelungen verfolgten Zweck, dazu beizutragen, daß Mutter oder Vater in der ersten Lebensphase für das Kind da sein können (BT-Drucks 10/3792 S 13; BT-Drucks 8/2613 S 9).
Somit hängt die Verfassungsmäßigkeit von § 7 Satz 3 BErzGG entscheidend davon ab, ob es unter Beachtung der weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Bereich der ausschließlich darreichenden Daseinsvorsorge, zu dem das allein aus Steuermitteln finanzierte Bundeserziehungsgeld (§ 11 BErzGG) gehört, sachlich vertretbare und geschlechtsunabhängige Gründe gibt, Mutterschaftsgeld auf Erziehungsgeld anzurechnen (andere, nicht näher begründete Bedenken bei: Wiegand/Stoll, aaO, § 7 RdNr 2 mwN; Schleicher, BB 1986, Beil 1, S 1, 3 f; Stevens-Bartol, Bundeserziehungsgeldgesetz, 2. Aufl 1989, S 68; rechtspolitische Kritik bei Heilmann, Der Personalrat 1986, 2, 6). Das ist der Fall, weil das Mutterschaftsgeld nicht nur dem Zweck dient, als Lohnersatzleistung während der Mutterschutzfrist zur gesundheitlichen Regeneration der Mutter beizutragen. Es soll daneben nämlich auch – insoweit wie das Erziehungsgeld – die Kindesbetreuung fördern.
Das BVerfG (SozR 7830 § 8a Nr 1; SozR 7830 § 13 Nr 6; SozR 2200 § 200 Nr 9; jeweils mwN) hat bereits mehrfach klargestellt, daß das Mutterschaftsgeld ua der Mutter die Möglichkeit geben soll, sich unter Vermeidung der Mehrbelastung durch Beruf und Kindesbetreuung ihrem Kind zu widmen. Vor allem bei Frauen, die vor der Niederkunft erwerbstätig oder arbeitslos gewesen sind, hat die Annahme nahegelegen, es bedürfe eines besonderen finanziellen Anreizes, sie dazu zu bewegen, die Arbeit nicht alsbald nach der Niederkunft wiederaufzunehmen und die Doppelbelastung durch Arbeit und Kindesbetreuung zu vermeiden. Aber auch bei nicht erwerbstätig gewesenen Eltern läßt sich – etwa wegen der finanziellen Belastung durch den Familienzuwachs – der Anreiz denken, alsbald eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Mit der ursprünglichen Konzeption des gesetzlichen Mutterschutzes, die sich wesentlich am Verfassungsgebot des Art 6 Abs 4 GG orientiert hat, ist vor allem der Widerstreit zwischen den Aufgaben der Frau als Mutter einerseits und ihrer Stellung im Berufsleben als Arbeitnehmerin andererseits vorrangig unter dem Aspekt der Gesunderhaltung von Mutter und Kind ausgeglichen worden. Deswegen sind die am Verfassungsgebot des Art 3 Abs 2 GG ausgerichteten Bemühungen um eine noch bessere Sicherung der Kindesbetreuung in der ersten Lebensphase zunächst nur teilweise verwirklicht worden. Mit dem Bundeserziehungsgeldgesetz sind beide Modelle vereint und damit nicht nur die Belange von Mutter und Kind, sondern durch die Einbeziehung der Väter auch die Erfordernisse des Gleichberechtigungsgebots des Art 3 Abs 2 GG ausreichend berücksichtigt worden. Auch der erkennende Senat hat den – begrenzten – Förderungszweck des Erziehungsgeldes in ständiger Rechtsprechung betont (zuletzt Urteil vom 28. Februar 1991 – 4 RA 76/90, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl BVerfG SozR 8333 § 3 Nr 2). Da das Erziehungsgeld – in Übereinstimmung mit dem Zweck des Mutterschaftsgeldes – die Betreuung des Kindes in seiner ersten Lebensphase durch ein Elternteil fördern, jedoch aufgrund anderer Regelungen zustehende, regelmäßig durch eigene Beitragsleistungen erworbene Ansprüche auf Lohnersatzleistungen nicht erhöhen soll (§§ 2 Abs 2, 7 BErzGG), ist die Anrechnung des Mutterschaftsgeldes sachlich vertretbar. Die mittelbar geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung von Vätern, die mit der Mutter in einem gemeinsamen Haushalt leben und denen deswegen auch deren Mutterschaftsgeld wirtschaftlich zugute kommt, ist deswegen Folge der durch das Verfassungsgebot des Art 6 Abs 4 GG, einer Spezialregelung zu Art 3 Abs 2 GG, gebotenen und gerechtfertigten ausschließlichen Zuordnung des Mutterschaftsgeldes zur Mutter.
Nach alledem war die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen