Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 25. Juni 1997 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten um die Anrechnung von Erlösen aus der vollständigen Verpachtung eines landwirtschaftlichen Unternehmens auf eine Hinterbliebenenleistung aus der Alterssicherung der Landwirte.
Die am 27. Juni 1943 geborene Klägerin, Witwe des im März 1993 verstorbenen Landwirts U. … E. … (E.), beantragte am 23. Juni 1994 Hinterbliebenengeld nach den Vorschriften des Gesetzes über eine Altershilfe der Landwirte (GAL). Mit Pachtvertrag vom 21. Juni 1994 verpachtete die Klägerin den von ihr bewirtschafteten Betrieb bis zum 30. Juni 2006 für jährlich DM 58.080,– an ihren Sohn Olaf, gab jedoch gegenüber der Finanzbehörde ihre Stellung als landwirtschaftliche Unternehmerin im Sinne des Einkommensteuerrechts nicht auf. Der Pachtzins setzt sich nach der Anlage zum Pachtvertrag zusammen aus DM 25.080,– für 41,80 ha landwirtschaftlich genutzte Flächen (DM 600,– je ha) sowie DM 33.000,– für das Inventar, die Betriebsvorrichtungen sowie die Wirtschaftsgebäude (ua 150 Sauenplätze). Dem stehen Aufwendungen der Klägerin für Zinsen und Tilgung von DM 35.818,– (Stand 1994) sowie für öffentliche und private Lasten von DM 13.687,– gegenüber.
Am 4. November 1994 erklärte die Klägerin, daß die Anrechnung anderweitigen Erwerbseinkommens auf das Hinterbliebenengeld nach § 97 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) erfolgen solle. Mit Bescheid vom 29. März 1995 bewilligte die Beklagte das Hinterbliebenengeld bei vorgerücktem Alter (§ 3b Abs 1 GAL); wegen Anrechnung der vollen Pachteinnahmen ergab sich jedoch kein Zahlbetrag.
Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, Einkünfte aufgrund der vollständigen Verpachtung eines landwirtschaftlichen Unternehmens ohne eigene Mitarbeit seien kein anrechenbares Erwerbseinkommen aus selbständiger Tätigkeit. Die Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein (LVA) zahle deshalb die Witwenrente ungekürzt aus. Jedenfalls seien nicht die Bruttopachteinnahmen, sondern lediglich die tatsächlich zu versteuernden Einkünfte anzurechnen. Sie legte eine „Kalkulation” des Landwirtschaftlichen Buchführungsverbandes für den Zeitraum vom 1. Juli 1994 bis 30. Juni 1995 vor. Die Beklagte nahm nunmehr mit Bescheid vom 16. April 1996 rückwirkend ab 1. Juli 1994 bzw ab 1. August 1994 (Minderung des Freibetrages wegen Wegfalls eines waisenrentenberechtigten Kindes) eine Neufeststellung vor, wobei sie den vom Buchführungsverband geschätzten Gewinn aus der Landwirtschaft zugrunde legte und die Belastung wegen der Tilgung der Darlehen unberücksichtigt ließ. Der Nettozahlbetrag der Rente verminderte sich dadurch von DM 660,28 auf DM 494,95 bzw DM 399,61. Gleichzeitig erfolgten aber bereits Neufeststellungen für die Zeit ab 1. Januar 1995, 1. Juli 1995 und 1. Januar 1996 nach Maßgabe des Agrarreformsozialgesetzes 1995 (ASRG 1995), wodurch sich der Zahlbetrag noch weiter minderte. Im übrigen blieb der Widerspruch erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 1996).
Der Klägerin war mit Bescheid der LVA Schleswig-Holstein vom 14. Mai 1996 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus eigenen Anwartschaften bewilligt worden. Die Beklagte rechnete deshalb mit Bescheid vom 7. August 1996 auch die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit an und verband dies mit dem Vollzug der Rentenanpassung ab 1. Juli 1996. Der Auszahlungsbetrag des Hinterbliebenengeldes verringerte sich dadurch nach Abzug des Beitrags zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) auf DM 189,57 monatlich.
Mit Urteil vom 25. Juni 1997 hat das Sozialgericht (SG) Schleswig die am 5. August 1996 erhobene Klage abgewiesen und die Revision zugelassen: Durch die Änderung des § 15 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) habe der Gesetzgeber eine volle Parallelität von Einkommensteuer- und Sozialversicherungsrecht herbeiführen wollen, so daß sich Pachterlöse, die einkommensteuerrechtlich den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zugerechnet werden, weil der Betrieb im einkommensteuerrechtlichen Sinne noch nicht aufgegeben worden ist, als Arbeitseinkommen rentenmindernd auswirkten.
Mit der Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 28 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG), des § 97 SGB VI sowie der §§ 18a bis 18e und 15 SGB IV. Da sie die Hinterbliebenenleistung am 23. Juni 1994 auf der Grundlage eines Versicherungsfalles im März 1993 geltend gemacht habe, könne der Rentenberechnung nicht die ab 1. Januar 1995 geltende Neufassung des § 15 SGB IV zugrunde gelegt werden. Das in § 15 SGB IV aF definierte Arbeitseinkommen müsse mit einer tatsächlich ausgeübten selbständigen Tätigkeit erzielt werden. Die §§ 18a ff SGB IV zeigten darüber hinaus, daß eine Einkommensanrechnung nur erfolgen solle, soweit Einkommen durch eine Erwerbstätigkeit, nicht dagegen durch den Einsatz von Kapital erzielt werde. Das Gebot, Veräußerungsgewinne nach § 15 Satz 2 SGB IV aF vom Gewinn abzuziehen, verdeutliche, daß eine Anrechnung von Pachteinnahmen, die letztlich auf nicht realisierten Veräußerungsgewinnen beruhten, dem Sinn und Zweck der Vorschrift widerspräche. Zu berücksichtigen sei ferner, daß die Alterssicherung der Landwirte nur eine Ergänzungsfunktion zu den Einnahmen infolge der Hofabgabe habe. Im übrigen verstoße die unterschiedliche Behandlung von Landwirten gegenüber den Rentenbeziehern der gesetzlichen Rentenversicherung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16. April 1996 idF des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 1996 unter Einbeziehung des Bescheides vom 29. März 1995 zu verurteilen, ihr die ihr zustehenden Hinterbliebenenleistungen ohne Anrechnung von Pachteinkünften zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie führt aus, dem Wortlaut des Art 2 § 6e Abs 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte (GALNG) idF des am 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des GALNG vom 2. Dezember 1993 (BGBl I 1998) sei unzweideutig zu entnehmen, daß auch Miet- und Pachterlöse aus landwirtschaftlich genutzten Flächen Arbeitseinkommen seien, solange sie nach den Feststellungen der zuständigen Finanzbehörde zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehörten. Die damalige Verwaltungspraxis auf der Grundlage des § 15 SGB IV in der bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Fassung, das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit allein nach sozialversicherungsrechtlichen Kriterien zu prüfen, sei damit überholt. Die Neufassung des § 15 SGB IV bestätige dies. Auf die Frage, ob eine selbständige Tätigkeit tatsächlich noch ausgeübt werde, komme es nicht mehr an. Entscheidend sei allein die steuerrechtliche Zuordnung. Zählten nach den Feststellungen der Finanzbehörden die Pachteinnahmen zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, seien sie anzurechnen, zählten sie dagegen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung, Leibrenten oder sonstigen wiederkehrenden Leistungen, habe dies die Anrechnungsfreiheit zur Folge. Da die Klägerin ihren Betrieb im steuerrechtlichen Sinne nicht aufgegeben habe, erfolge die Anrechnung zu Recht. § 98 Abs 6 Satz 1 ALG führe auch nach dem Inkrafttreten des ALG zum 1. Januar 1995 das im Jahre 1994 bestehende Recht fort. Soweit die Revision eine Ungleichbehandlung rüge, sei dem entgegenzuhalten, daß auch in der gesetzlichen Rentenversicherung die Einkommensanrechnung geboten sei und ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht nicht existiere.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die ausdrücklich angefochtenen Bescheide der Beklagten einschließlich ihres Bescheides vom 7. August 1996, über den das SG unter Hinweis auf § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mitentschieden hat.
Die Klägerin wendet sich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage, § 54 Abs 1, Abs 4 SGG, gegen die Anrechnung von Gewinnen aus der Landwirtschaft und begehrt unter Abänderung der angefochtenen Bescheide die Auszahlung des ungekürzten Hinterbliebenengeldes. Unstreitig sind die Anspruchsvoraussetzungen für das Hinterbliebenengeld nach § 3b Abs 1 GAL erfüllt. Die Regelung findet nach § 94 Abs 2 ALG, eingeführt durch das ASRG 1995 vom 29. Juli 1994 (BGBl I 1890), für Ansprüche, die vor Inkrafttreten des ASRG 1995 am 1. Januar 1995 (Art 48 Abs 1 ASRG 1995) entstanden sind und realisiert werden können, weiterhin Anwendung.
Das SG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die angefochtenen Bescheide der Beklagten dem materiellen Recht entsprechen.
Die Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften des GAL (§ 3b Abs 1 Buchst e, § 4 Abs 5 Satz 1, § 10 Abs 6 GAL) sind für den hier streitigen Zeitraum ab 1. Juli 1994 nicht anzuwenden. Zwar schreibt § 98 Abs 6 Satz 1 ALG vor, daß bei den nach § 98 Abs 1 und 2 ALG für die Zeit ab 1. Januar 1995 umgewerteten Bestandsrenten die für das Jahr 1994 anzuwendenden Vorschriften über das Zusammentreffen von Renten mit Einkommen weiter anzuwenden sind, wobei nach § 98 Abs 6 Satz 2 ALG an die Stelle der oben genannten Vorschriften des GAL § 106 Abs 2 und 3 ALG tritt. Einschlägig ist hier jedoch – als das nach § 98 Abs 6 Satz 1 ALG auch für die Zeit nach dem 1. Januar 1995 fortzuführende Recht des Jahres 1994 über das Zusammentreffen von Renten mit Einkommen – Art 2 § 6e GALNG, eingefügt mit Wirkung ab 1. Januar 1994 durch Art 1 Nr 1 des Gesetzes zur Änderung des GALNG vom 2. Dezember 1993 (BGBl I 1998).
Nach Art 2 § 6e Abs 1 Satz 1 GALNG hat der Bezieher ua von Hinterbliebenengeld ein Wahlrecht, ob die genannten Anrechnungsvorschriften des GAL oder diejenige des § 97 SGB VI Anwendung finden. Dieses Wahlrecht hat die Klägerin mit der Erklärung vom 4. November 1994, die rechtzeitig eingegangen ist (Art 2 § 6e Abs 1 Satz 2 GALNG), ausgeübt, so daß für den gesamten hier streitigen Zeitraum die Anrechnungsvorschrift des § 97 SGB VI und die Grenzwerte dieser Vorschrift (Art 2 § 6e Abs 1 Satz 5 GALNG) anzuwenden sind. Zudem trifft Art 2 § 6e Abs 1 Satz 6 GALNG folgende Regelung: „Arbeitseinkommen aus der Land- und Forstwirtschaft umfaßt auch Miet- und Pachterlöse aus landwirtschaftlich genutzten Flächen, solange sie nach den Feststellungen der zuständigen Finanzbehörde zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören”.
Mit Art 2 § 6e Abs 1 Satz 6 GALNG als im Jahre 1994 geltende lex specialis, die nach § 98 Abs 6 Satz 1 ALG bei Bestandsrenten auch nach dem 1. Januar 1995 weiterhin anzuwenden ist, ist für die landwirtschaftliche Altershilfe als Sonderversicherung die Anrechnungsvorschrift des § 97 Abs 1 und 2 SGB VI iVm den §§ 15, 18a bis 18e SGB IV in der im Jahre 1994 gültigen Fassung modifiziert worden. Vor allem erhält durch Art 2 § 6e Abs 1 Satz 6 GALNG der Begriff des Erwerbseinkommens in § 18a Abs 1 Nr 1 SGB IV für Rentenberechtigte nach dem GAL, die von der Wahlmöglichkeit des Art 2 § 6e Abs 1 GALNG Gebrauch gemacht haben, eine andere Bedeutung. Zum Erwerbseinkommen zählt nach § 18a Abs 2 SGB IV auch das Arbeitseinkommen, das wiederum für Selbständige in § 15 SGB IV definiert ist. Maßgebend ist somit entgegen der Auffassung der Klägerin allein die einkommensteuerliche Zuordnung nach den Feststellungen der Finanzbehörde. Aus steuerrechtlicher Sicht sind – wie im Falle der Klägerin – auch bei vollständiger Verpachtung der Landwirtschaft die Pachtzinsen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs 1 Nr 1, §§ 13 bis 14a Einkommensteuergesetz ≪EStG≫) und unterliegen als Gewinneinkünfte (§ 2 Abs 2 Nr 1 EStG) der Einkommensteuer, solange der Verpächter nicht die Betriebsaufgabe erklärt hat. Erst von diesem Zeitpunkt an werden sie steuerlich den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs 1 Nr 6 EStG) zugeordnet und sind als Überschußeinkünfte (§ 2 Abs 2 Nr 2 EStG) zu versteuern (BFHE 79,195, 197).
Art 2 § 6e Abs 1 Satz 6 GALNG bedarf allerdings der Auslegung. Sein Wortlaut verleitet zur Annahme, lediglich die Miet- und Pachterlöse seien anzurechnen, solange sie nach den Feststellungen der Finanzbehörde zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören. Das ist indessen nicht gemeint. Der Begriff „Arbeitseinkommen” ist in § 15 Satz 1 SGB IV aF (gleichlautend mit § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 1. Januar 1995 geltenden Fassung) definiert. Es ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Unter Berücksichtigung dessen und nach dem Sinn der Vorschrift enthält Art 2 § 6e Abs 1 Satz 6 GALNG vielmehr folgende Regelung: Beim Arbeitseinkommen (dh bei der Ermittlung des Gewinns) aus Land- und Forstwirtschaft sind auch Miet- und Pachterlöse aus landwirtschaftlich genutzten Flächen zu berücksichtigen, solange sie nach den Feststellungen der zuständigen Finanzbehörde zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören. Dies ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien. Der allgemeine Teil der Begründung des Entwurfs des ASRG 1995 stellt unter A III Nr 2 Buchst e das neue Konzept der Einkommensanrechnung bei Renten an Versicherte und Leistungen an Hinterbliebene vor (BT-Drucks 12/5700 Seite 65, 66). Die bisherigen Anrechnungs- und Ruhensvorschriften des GAL werden durch die (wegen der Freibeträge und Pauschalabzüge) in der Regel günstigeren des SGB VI ersetzt, wobei bei der Ermittlung des anrechenbaren Arbeitseinkommens „Miet- und Pachterlöse bis zur Erklärung der Betriebsaufgabe berücksichtigt werden, da sie steuerrechtlich als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gelten” (aaO Seite 66). Entsprechend gilt nach § 28 ALG beim Zusammentreffen einer Rente wegen Todes mit Einkommen (§§ 18a bis 18e SGB IV) des Berechtigten § 97 SGB VI mit der Maßgabe, daß auch die Grenzwerte dieser Vorschrift anzuwenden sind. Gleichzeitig erfolgte mit Wirkung ab 1. Januar 1995 durch Art 3 Nr 2 ASRG 1995 eine Neufassung des § 15 SGB IV: § 15 Satz 1 SGB IV aF blieb unverändert. Dessen Satz 2 „Bei der Ermittlung des Gewinns sind steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen” wurde indessen ersatzlos gestrichen und durch § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV nF ersetzt: „Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist”. Die Begründung im Gesetzentwurf (BT-Drucks 12/5700 Seite 92, zu Art 3 Nr 2) führt an, daß die ersatzlose Streichung des § 15 Satz 2 SGB IV aF aus Gründen der Praktikabilität erfolge. Mit der Einfügung des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV wurde dagegen neues Recht gesetzt. Auch für die Bestimmung, welches Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, soll nunmehr allein das Einkommensteuerrecht maßgeblich sein. Damit „wird eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht”.
Mit dieser Neufassung des Gesetzes (§ 15 SGB IV) ist für die Zeit ab seinem Inkrafttreten (1. Januar 1995) einem Streit der Boden entzogen worden, der um die Auslegung des § 15 Satz 1 SGB IV aF entbrannt war. Rentenversicherungsträger und auch die Beklagte nahmen im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung und des Bundesversicherungsamts nur eine eingeschränkte Bindung an die Regelungen des Einkommensteuerrechts an, nämlich soweit Regelungen über die Höhe des Gewinns (zB durch Abschreibungssätze) getroffen wurden, wobei sich diese Bindung wiederum nicht auf steuerliche Vergünstigungen und Veräußerungsgewinne erstreckte. Die Grundentscheidung, ob überhaupt eine selbständige Tätigkeit vorliegt, trafen die Sozialleistungsträger dagegen nach sozialversicherungsrechtlichen Kriterien. Nach dieser Meinung war zwar nach Maßgabe einer steuerrechtlichen Bewertungsvorschrift der Grundsatz des Verlustausgleichs bei mehreren selbständigen Tätigkeiten zu beachten (BSGE 58, 277). Behandelte jedoch das Steuerrecht bei nicht erfolgter Betriebsaufgabe Überschußeinkünfte (zB aus Vermietung und Verpachtung) als Gewinneinkünfte, obwohl im Grunde keine selbständige Betätigung als Landwirt oder Selbständiger mehr vorlag, handelte es sich nach dieser Auffassung nicht um Erwerbseinkommen aus eigener selbständiger Tätigkeit (zum Meinungsstand mit umfassenden Nachweisen Zindel, SdL 1993, 41 ff; VdR Vorlage Nr 314/89 vom 12. Dezember 1989; VdR-Rdschr vom 4. September 1992). Das Bundessozialgericht (BSG) mußte dazu keine Entscheidung fällen. Im Urteil des BSG vom 22. April 1986 (SozR 2200 § 180 Nr 30) zur Wertung der Gewinnanteile eines Kommanditisten als Arbeitseinkommen iS des § 15 Satz 1 SGB IV aF wird zB weiterhin als entscheidende Voraussetzung dafür, daß der Kommanditist als Mitunternehmer einer Kommanditgesellschaft anzusehen ist, verlangt, daß die Hauptmerkmale für eine Unternehmerstellung vorliegen, nämlich die Möglichkeit der Entfaltung einer gewissen Unternehmerinitiative und das Tragen eines nennenswerten Unternehmerrisikos. Weitere Entscheidungen des 12. Senats des BSG (BSGE 57, 235, 238; zusammenfassend BSGE 79, 133, 138 f) verdeutlichen und bekräftigen lediglich die Anbindung an die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts nach § 15 Satz 1 SGB IV aF.
Diese „neue Einkommensanrechnung” auf dem Gebiet der agrarsozialen Sicherung, dh die Anwendung des § 97 SGB VI, jedoch mit den gleichzeitig beabsichtigten Modifikationen (§ 15 nF SGB IV) jedenfalls bei der Frage, was der Qualität nach eine selbständige Tätigkeit sei, sollte nun bereits im Jahre 1994 vorzeitig den Bestandsrentnern zugute kommen (Allgemeine Begründung zum ASRG 1995, A III Nr 2 Buchst e, BT-Drucks 12/5700 Seite 66), weshalb bereits der Entwurf des ASRG 1995 (in Art 7 Nr 1) die Einfügung des Art 2 § 6e in das GALNG vorsah. Die Erläuterung hierzu stellt nur noch fest, die Vorschrift nehme die Anwendung der geänderten, an die Regelungen im SGB VI angelehnten Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen auf Renten für das Jahr vor Inkrafttreten der Reform der Alterssicherung der Landwirte vorweg (BT-Drucks 12/5700 Seite 93 f). Die Begründung zu Art 1 § 28 des Entwurfs verweist auf die für die Bestandsrentner günstige Übergangsregelung und führt aus, es werde damit (bei Neurentnern nach dem ALG für die Zeit ab 1. Januar 1995) die Rechtslage aufrechterhalten, die aufgrund von Art 2 § 6e GALNG im Jahr 1994 eingeführt wird (BT-Drucks 12/5700 Seite 76).
Art 2 § 6e Abs 1 Satz 6 GALNG trifft deshalb im Kern für die Bestandsrentner des GAL die gleiche Regelung, die – nunmehr abstrakt für alle Zweige der Sozialversicherung – in § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV zu finden ist. Die Erwähnung speziell der Miet- und Pachterlöse aus landwirtschaftlich genutzten Flächen ist beispielhaft gemeint (…umfaßt auch…) und soll lediglich das Neue der Regelung aufzeigen. Denn gerade an den Pachterlösen nach vollständiger Aufgabe der Landwirtschaft hatte sich die Diskussion entfacht, da es schwer zu vermitteln war, einerseits als Leistungsvoraussetzung nach dem GAL die Verpachtung von Flächen zu fordern, andererseits aber den Erlös aus dieser Verpachtung anzurechnen, obwohl die Renten nach dem GAL mit Blick auf mögliche Pachteinnahmen nur eine Teilversorgung sichern sollten (Zindel, aaO, Seite 48 f). Keinesfalls ist jedoch allein auf die Miet- und Pachterlöse abzustellen. Maßgeblich ist vielmehr der Gewinn aus der (steuerlich) weiterbetriebenen Land- und Forstwirtschaft.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, daß Art 2 § 6e GALNG gegen die Verfassung verstößt. Da Hinterbliebenenrenten, zumal subventionierte, nicht dem Eigentumsschutz des Grundgesetzes (GG) unterliegen, kommt Art 14 GG als Prüfungsmaßstab nicht in Betracht (BVerfG vom 18. Februar 1998 – 1 BvR 1318/86 und 1484/86, SozVers 1998, 135, 136; Breith 1998, 525; NJW 1998, 3109). Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG) ist nicht erkennbar. Eine Ungleichbehandlung im Vergleich zur Gruppe der Hinterbliebenenrentenempfänger der gesetzlichen Rentenversicherung liegt jedenfalls für die Zeit ab 1. Januar 1995 nicht vor, da auch die Träger der Rentenversicherung § 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV anzuwenden haben. Die vorzeitige Einführung des neuen Anrechnungsrechts im Jahre 1994 für die Bestandsrentner nach dem GAL hatte sachliche Gründe und sollte den Großteil der Bestandsrentner gegenüber der bisherigen Rechtslage begünstigen. Diejenigen, die sich schlechter stellten, konnten dem ausweichen, indem sie das Wahlrecht nach Art 2 § 6e GALNG nicht ausübten. Soweit Verpächter, die Überschußeinkünfte versteuern, weil sie gegenüber den Finanzbehörden die Betriebsaufgabe erklärt haben, keine Anrechnung von Erwerbseinkünften hinnehmen müssen, hat dies sachliche Gründe. Da es der Klägerin freigestellt ist, zu entscheiden, ob sie den Betrieb im steuerrechtlichen Sinne fortführt, wird sie die Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten bedacht haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen