Entscheidungsstichwort (Thema)
Geburtsdatum. Beweiskraft eines ausländischen Schulregisterauszuges. Urkunde. Feststellungsklage
Orientierungssatz
1. Die Klärung des maßgeblichen Geburtsdatums eines Versicherten kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (Aufgabe BSG vom 18.1.1995 - 5 RJ 20/94 = SozR 3-2600 § 149 Nr 3).
2. Der Begriff einer Urkunde iS von § 33a Abs 2 SGB 1 richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen, wonach jede schriftliche Verkörperung eines Gedankens zu verstehen ist, der Aussteller und die Art und Weise der Herstellung sind unerheblich. Eine Beschränkung auf die Berücksichtigung nur bestimmter Urkunden erfolgt nicht (vgl BSG vom 5.4.2001 - B 13 RJ 35/00 R = BSGE 88, 89 = SozR 3-1200 § 33a Nr 4 und BSG vom 31.1.2002 - B 13 RJ 9/01 R). Das Gesetz verlangt nicht, dass das Geburtsdatum als solches in der Urkunde ausdrücklich und vollständig vermerkt ist; es "ergibt" sich aus der Urkunde auch, wenn die durch die Urkunde bewiesenen Tatsachen - hier ein Auszug aus dem Schülerregister - zur vollen Überzeugung des Gerichts auf ein abweichendes Geburtsdatum iS des § 33a Abs 2 SGB 1 schließen lassen.
Normenkette
SGB I § 33a Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1, 3; SGG § 55 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 415; SGG § 118 Abs. 1 S. 1; SGB X § 21 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beigeladene wendet sich gegen die Feststellung, dass das maßgebliche Geburtsdatum des Klägers, soweit davon im Rahmen seines rentenversicherungsrechtlichen Rechtsverhältnisses zu ihr Rechte und Pflichten abhängig sind, ein anderes Datum ist, als es die an den Kläger vergebene Versicherungsnummer (VNr) enthält.
Der in Griechenland geborene Kläger ist seit Dezember 1977 in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Er wird von der Beklagten unter der VNr 23 47 080 geführt. Das darin enthaltene Geburtsdatum 1947 entspricht den Angaben, die der Kläger ursprünglich zu seinem Geburtsdatum gegenüber der Beklagten gemacht hat.
Im August 1994 beantragte der Kläger bei der Beklagten die "Berichtigung" seiner VNr hinsichtlich des Geburtsdatums. Dazu legte er ein Urteil des Landgerichts Trikala vom 29. Juli 1992 vor, mit dem sein bisher in Griechenland registriertes Geburtsdatum " 1947" auf " 1945" berichtigt wurde. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. Oktober 1994 ab. Den Überprüfungsantrag vom 5. April 1995 lehnte sie mit Bescheid vom 28. August 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. November 1996 ebenfalls ab. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 16. Mai 1997 die Klage abgewiesen und sich dazu auf die Urteile des erkennenden Senats vom 18. Januar 1995 (5 RJ 20/94 - SozR 3-2600 § 149 Nr 3) und vom 21. Februar 1996 (5 RJ 12/95 - BSGE 78, 13 = SozR 3-5748 § 1 Nr 2) gestützt.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger diverse Bescheinigungen griechischer Behörden vorgelegt, ua den Beschluss der griechischen Sozialversicherungsanstalt IKA (Niederlassung Trikalon) vom 15. September 1998, wonach der Kläger dort mit dem Geburtsdatum 1945 geführt wird, sowie Kopien von Auszügen aus dem Schulregister der Gemeinde Valtino nebst beglaubigten Übersetzungen, aus denen sich ergibt, dass der Kläger im Jahr 1945 geboren und am 15. September 1951 im Alter von sechs Jahren eingeschult worden ist. Ferner hat er sein Klagebegehren auf die Feststellung des 1945, hilfsweise des 14. September 1945, als dem im Rahmen des Rentenversicherungsverhältnisses für das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze maßgeblichem Geburtsdatum geändert und die mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend gemachte Änderung der VNr nur noch hilfsweise verfolgt. Sein Feststellungsinteresse hat er damit begründet, dass er beabsichtige, mit seiner Arbeitgeberin eine Vereinbarung über Altersteilzeit zu treffen, und dazu Gewissheit über sein für die Rentenversicherung maßgebliches Alter benötige. Das Landessozialgericht (LSG) hat Zeiten der Zugehörigkeit des Klägers zur Rentenversicherung in Griechenland ermittelt, von der Arbeitgeberin des Klägers den für sie gültigen Tarifvertrag über Altersteilzeit angefordert und die Beigeladene als im Leistungsfall zuständigen Rentenversicherungsträger zum Verfahren beigeladen.
Mit Urteil vom 28. März 2003 hat das LSG festgestellt, dass das maßgebliche Geburtsdatum des Klägers der 14. September 1945 ist, soweit im Rahmen des rentenversicherungsrechtlichen Rechtsverhältnisses des Klägers zu der Beigeladenen und der Beklagten Rechte und Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder überschritten ist, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Feststellungsklage sei zulässig; im Hinblick auf die nachgewiesene Absicht einer Vorruhestandsvereinbarung mit seiner Arbeitgeberin sei der Kläger für eine sachgerechte Disposition darauf angewiesen, dass sein Lebensalter und damit der frühestmögliche Beginn einer von der Beigeladenen als dem dafür zuständigen Rentenversicherungsträger zu leistenden Altersrente feststehe. Das Geburtsdatum sei hier nach § 33a Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) abweichend von dem Datum, das sich aus der ersten Angabe der Klägers gegenüber der Beklagten ergebe, festzustellen, weil sich aus einer älteren Urkunde iS von § 33a Abs 2 Nr 2 SGB I, nämlich aus dem Original des Schulregisters der Gemeinde Valtino, ein anderes Geburtsdatum ergebe. Der Urkundenbegriff dieser Vorschrift sei durch die höchstrichterliche Rechtsprechung dahingehend geklärt, dass er sich nach den allgemeinen Bestimmungen richte; eine Beschränkung auf bestimmte Arten von Urkunden oder einen "Mindeststandard" für die Beweiskraft ausländischer Urkunden, etwa dahin, dass als Aussteller lediglich Behörden, Gerichte oder sonstige Stellen in Betracht kämen, die erkennbar für die Feststellung und Bescheinigung solcher Daten zuständig seien, könne § 33a SGB I nicht entnommen werden. Dass nur Urkunden zu berücksichtigen seien, deren Original vor der ersten Angabe des Versicherten iS von § 33a Abs 1 SGB I ausgestellt worden sei, bedeute nicht, dass das Original der Urkunde vorliegen müsse. Ausschlaggebend sei, ob zur vollen Überzeugung des Gerichts festgestellt werden könne, dass eine Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der ersten Angabe iS des § 33a Abs 1 SGB I ausgestellt worden sei, ein anderes Geburtsdatum ergebe. Daher könne für die Überzeugungsbildung des Gerichts auch eine Kopie von Bedeutung sein, unabhängig davon, wann diese ausgestellt worden sei. Die Frage, ob sich nunmehr aus einer älteren Urkunde ein anderes Geburtsdatum ergebe, sei nach allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts zu entscheiden. Dabei sei, nachdem der Gesetzgeber mit § 33a SGB I die unbedingte Anknüpfung an das "wahre" Geburtsdatum aufgegeben und das für den Geltungsbereich maßgebliche Geburtsdatum eigenständig definiert habe, auch nicht unbedingt das wahre historische Datum der Geburt zu ermitteln; das gemäß § 33a Abs 1 SGB I auf Grund der ersten Angabe maßgebliche Datum sei immer dann durch ein anderes Datum zu ersetzen, das sich aus einer älteren Urkunde ergebe, wenn die ältere Urkunde ihrem Charakter nach geeignet sei, die Richtigkeit des darin angegebenen bzw des sich hieraus ergebenden Geburtsdatums zu belegen. Für Urkunden aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestehe nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) grundsätzlich die Verpflichtung der deutschen Stellen, von der Behörde eines anderen Staates ausgestellte Urkunden zu beachten, sofern deren Richtigkeit nicht durch konkrete, auf den Einzelfall bezogene Anhaltspunkte ernstlich in Frage gestellt sei. In Anwendung dieser Grundsätze seien die Originale der Schülerregister der Gemeinde Valtino vom 10. Oktober 1951 sowie vom 26. Juni 1955 taugliche Beweismittel iS des § 33a Abs 2 Nr 2 SGB I; an der Echtheit des Schülerregisters und der Richtigkeit der dort hinsichtlich des Klägers erfolgten Eintragungen bestünden für den erkennenden Senat keine Zweifel. Unter Berücksichtigung des in Griechenland seinerzeit allgemein geltenden Einschulungsalters von sechs Jahren könne nicht angenommen werden, dass der Kläger bereits im Alter von vier Jahren eingeschult worden sei. Vielmehr belegten diese Urkunden, dass der Kläger sein gesamtes Schulleben im Regelalter absolviert habe. Die Gefahr eines missbräuchlichen Bezugs von Sozialleistungen könne insoweit ausgeschlossen werden. Aus den Urkunden gehe allerdings nicht hervor, dass der Kläger am 1945 geboren sei. Aus ihnen lasse sich lediglich folgern, dass er bei seiner Einschulung am 15. September 1951 sein sechstes Lebensjahr vollendet gehabt habe bzw im Schuljahr 1955/56 zehn Jahre gewesen sei, dh spätestens am 14. September 1945 geboren sein müsse. Damit stehe zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger bereits am 15. September 1945 gelebt habe, so dass das von ihm ursprünglich gegenüber den inländischen Sozialversicherungsträgern angegebene Geburtsdatum unrichtig sei. Folglich ergebe sich aus dem Schülerregister der Gemeinde Valtino "ein anderes Datum". Lasse sich nämlich mit Hilfe einer Alturkunde iS des § 33a Abs 2 Nr 2 SGB I beweisen, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits an einem bestimmten Tag gelebt habe, so sei zumindest dieser Tag als Geburtstag zugrunde zu legen. Unerheblich sei dabei, dass sich aus der Urkunde das konkrete Geburtsdatum nach Tag und Monat nicht ergebe und dass es sich hierbei nicht um das exakt zutreffende Geburtsdatum des Klägers handele. Das so anhand des Schülerregisters der Gemeinde Valtino ermittelte Datum liege jedenfalls zeitnäher an dem tatsächlichen Geburtsdatum des Klägers und sei daher "richtiger" als das bisher angegebene und von der Beklagten und der Beigeladenen angenommene Geburtsdatum. Mit Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck des § 33a SGB I und dem grundsätzlich geschützten Eigentumsrecht des Klägers auf Auszahlung der ihm zu gegebener Zeit zustehenden Rente wäre es nicht zu vereinbaren, ihn an dem nachweislich falschen Geburtsdatum festzuhalten und es ihm gleichzeitig unmöglich zu machen, seine Altersrente "rechtzeitig" mit Erfüllung der Altersvoraussetzung in Anspruch zu nehmen, nur weil das historisch richtige Geburtsdatum nicht auf Tag und Monat genau aus der Alturkunde folge.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beigeladene die Verletzung des § 33a Abs 2 Nr 2 SGB I und begründet diese Rüge wie folgt: Die Grundnorm des § 33a Abs 1 SGB I besage, dass bei der Frage, wann eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten sei, das Geburtsdatum maßgebend sei, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des dritten oder sechsten Abschnitts des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch handele, gegenüber dem Arbeitgeber ergebe. Schon in dieser Vorschrift werde darauf abgestellt, dass Unterlagen vorgelegt würden, die ein Geburtsdatum dokumentierten. Geburtsdaten ergäben sich zB aus Personenstandsunterlagen wie zB aus Geburtsscheinen oder Geburtsurkunden, die auch von ausländischen Behörden ausgestellt werden könnten. Einer Schulbescheinigung oder zB einer Militärbescheinigung komme eine solche Beweiskraft nicht zu, denn eine Schulbescheinigung oder ein Auszug aus dem Schülerregister beweise zB iS von § 60 Abs 1 Personenstandsgesetz (PStG) nicht den Tatbestand der Geburt. Die Schulbescheinigung bzw der hier vorliegende Auszug aus dem Schülerregister beinhalte beweisgegenständlich lediglich, dass der Schüler im Jahre 1951 eingeschult worden sei; diese Bescheinigung beweise also nicht das nach § 33a SGB I zu beweisende und entscheidungserhebliche Geburtsdatum. Im Übrigen werde von einem Geburtsdatum das Geburtsjahr, der Geburtsmonat und der Geburtstag umfasst. Wenn im vorliegenden Sachverhalt aus dem Schülerregisterauszug lediglich das Geburtsjahr - 1945 - hervorgehe, aber diesem Auszug keine Angaben zum Geburtstag bzw Geburtsmonat zu entnehmen seien, könne von einer Änderung des Geburtsdatums iS von § 33a SGB I nicht ausgegangen werden, da insofern dieser Auszug aus dem Schülerregister nur einen Teil der Änderung des Geburtsdatums betroffen habe. Das LSG hätte bei Anwendung von § 33a Abs 2 Nr 2 SGB I nur eine Urkunde berücksichtigen dürfen, die zum einen Beweiskraft hinsichtlich von Personenstandsurkunden oder -unterlagen und zum anderen die vollständigen Geburtsdaten, also auch Geburtsmonat und Geburtstag, geändert hätte.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. März 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte erklärt, sich zur Revision der Beigeladenen nicht äußern zu wollen. Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Revision der Beigeladenen zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG für zutreffend und trägt ergänzend vor, § 33a Abs 2 Nr 2 iVm Abs 3 SGB I, wonach eine Änderung des Geburtsdatums erfolgen könne, sobald sich aus einer Urkunde ein anderes Geburtsdatum ergebe, sei weit auszulegen und beschränke sich keinesfalls auf Geburtsurkunden oder sonstige Personenstandsurkunden. Andernfalls würde der Gesetzgeber alle diejenigen, deren Personenstandsunterlagen unverschuldet abhanden gekommen seien, wie zB bei Verbrennen der Unterlagen während des Krieges, von der Anwendung dieser Vorschrift rechtswidrig ausschließen. Das Gesetz enthalte auch keine Begrenzung dahin, dass der Nachweis des "vollständigen" Geburtsdatums erfolgen müsse. Folge man dem Wortlaut von § 33a Abs 3 SGB I, so würden die Absätze 1 und 2 für "Geburtsdaten", folglich auch für Bestandteile des Geburtsdatums gelten. Folge man den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts, so lasse die beigebrachte Schulbescheinigung und insbesondere der amtliche Schulregisterauszug die berechtigte Schlussfolgerung zu, dass der Kläger ein anderes Geburtsdatum als das in der VNr angegebene habe. Es lasse sich zweifelsfrei feststellen, dass zumindest ein Teil des Geburtsdatums, nämlich das Geburtsjahr, das einen Bestandteil der VNr darstelle, ein anderes sei und der Änderung bedürfe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Beigeladene hat keine Verfahrensrügen erhoben. Ein von Amts wegen zu beachtender Verfahrensmangel steht der Entscheidung des Senats in der Sache nicht entgegen. Auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen, die für das Bundessozialgericht (BSG) bindend sind, hat das LSG zutreffend entschieden.
1. Die Feststellungsklage ist hier ausnahmsweise statthaft. Zwar ist sie nicht iS von § 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Die Vorschrift setzt aber nicht notwendig voraus, dass ein Rechtsverhältnis im Ganzen festgestellt werden soll; auch ein einzelnes Recht oder eine einzelne Pflicht aus einem Rechtsverhältnis kann feststellbar sein (BSG Urteil vom 25. Juni 1991 - 1/3 RK 21/90 - BSGE 69, 76 = SozR 3-2500 § 59 Nr 1 mwN). Ausnahmsweise ist von der Rechtsprechung des BSG auch eine so genannte Elementenfeststellungsklage für statthaft gehalten worden, falls der Streit zwischen den Beteiligten durch die gerichtliche Entscheidung über ein einzelnes Element eines Rechtsverhältnisses vollständig ausgeräumt werden kann (BSG Urteile vom 29. Juli 1970 - 7 RAr 44/68 - BSGE 31, 235 = SozR Nr 14 zu § 141 SGG sowie vom 25. Juni 1991 - 1/3 RK 21/90 - BSGE 69, 76 = SozR 3-2500 § 59 Nr 1 und vom 24. Oktober 1996 - 4 RA 108/95 - SozR 3-2600 § 58 Nr 9 S 58, jeweils mwN). Für die Zulässigkeit einer solchen Klage spricht jetzt auch § 130 Abs 2 SGG, eingefügt mit Wirkung zum 2. Januar 2002 durch das 6. SGG-ÄndG vom 17. August 2001 (BGBl I 2144), denn danach kann das Gericht durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Nach diesen Grundsätzen konnte hier hinsichtlich der Pflicht der Beigeladenen, bei Gewährung einer Altersrente an den Kläger für die Frage des frühestmöglichen Rentenbeginns von einem bestimmten Geburtsdatum auszugehen, die Klärung des maßgeblichen Geburtsdatums gegenüber der Beigeladenen als zuständigem Leistungsträger außerhalb des Verfahrens über die Rentengewährung mit der Feststellungsklage herbeigeführt werden. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 18. Januar 1995 (5 RJ 20/94 - SozR 3-2600 § 149 Nr 3) ausgeführt hat, das Geburtsdatum sei eine bloße Tatsache, die lediglich einer beweismäßigen Feststellung zugänglich sei und deshalb nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein könne, hält er daran im Hinblick auf die Einfügung des zum 1. Januar 1998 in Kraft getretenen § 33a SGB I durch Art 2 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (1. SGB III-ÄndG) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I 2970) nicht mehr fest.
Mit § 33a SGB I hat der Gesetzgeber eine leistungsrechtliche Regelung getroffen (vgl BSG Urteil vom 31. März 1998 - B 8 KN 11/95 R - SozR 3-1200 § 33a Nr 2; Senatsurteil vom 9. April 2003 - B 5 RJ 32/02 R - SozR 4-1200 § 33a Nr 1 RdNr 18); sie besagt, dass bei Rentenansprüchen, die vom Erreichen einer Altersgrenze abhängig sind, das Geburtsdatum maßgebend ist, das erstmals gegenüber einem Sozialleistungsträger oder dem Arbeitgeber angegeben wurde (§ 33a Abs 1 SGB I) und ein davon abweichendes Geburtsdatum nur dann maßgebend ist, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass 1. ein Schreibfehler vorliegt, oder 2. sich das andere Geburtsdatum aus einer Urkunde ergibt, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist (§ 33a Abs 2 SGB I). Sind die Voraussetzungen für eine Abweichung gegeben, ist das entsprechende Datum im Leistungsfall grundsätzlich unabhängig davon maßgebend, welche Angaben zum Geburtsdatum an anderer Stelle vorgemerkt oder festgestellt sind.
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht hier auch nicht entgegen, dass der Versicherte nach der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 5. April 2001 - B 13 RJ 35/00 R - BSGE 88, 89, 90 = SozR 3-1200 § 33a Nr 4 S 16 f mwN; Senatsurteil vom 9. April 2003 - B 5 RJ 32/02 R - SozR 4-1200 § 33a Nr 1 RdNr 4) nach §§ 147 und 152 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) iVm der Versicherungsnummern-, Kontoführungs- und Versicherungsverlaufsverordnung - VKVV - vom 30. März 2001 (BGBl I 475) unter den Voraussetzungen des § 33a Abs 2 SGB I einen Anspruch auf Neuvergabe (Berichtigung für die Zukunft) einer VNr durch Verwaltungsakt hat, den er bei einer Ablehnung mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage durchsetzen kann (zum fehlenden Rechtsschutzinteresse, wenn der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage geltend machen kann, vgl BSG Urteil vom 22. Mai 1985 - 12 RK 30/84 - BSGE 58, 150, 152 f mwN = SozR 1500 § 55 Nr 27).
Daraus, dass § 33a Abs 3 SGB I für die Vergabe der VNr die entsprechende Anwendung des § 33a Abs 1 und 2 SGB I vorschreibt, folgt nicht, dass der Versicherte hinsichtlich der Feststellung des für die Leistungsgewährung maßgeblichen Geburtsdatums außerhalb eines Verfahrens über einen Leistungsanspruch ausschließlich auf den Weg einer Neuvergabe der VNr verwiesen wird (vgl auch BSG Urteil vom 31. März 1998 - B 8 KN 11/95 R - SozR 3-1200 § 33a Nr 2, wo eine "Vorabklärung" bzw "Feststellung" des maßgeblichen Geburtsdatums erwogen ist). Soweit das LSG in tatsächlicher Hinsicht das Interesse des Klägers an der baldigen Klärung seines für ihn leistungsrechtlich maßgeblichen Geburtsdatums festgestellt hat, ist der Senat daran gebunden (§ 163 SGG), da die Beigeladene keine Verfahrensrügen erhoben hat. Im Übrigen kann im vorliegenden Fall das besondere Feststellungsinteresse des Klägers an der Fortführung der Feststellungsklage nicht deshalb verneint werden, weil er zunächst sein Klageziel bereits im Wege der Korrektur der Versicherungsnummer verfolgt hat und hierzu von der Beklagten ein Verwaltungsverfahren durchgeführt worden ist. Durch die Umstellung der ursprünglich gegen die Beklagte zulässig erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf die vom LSG für zulässig gehaltene Feststellungsklage gegen die Beigeladene würde eine Zurückweisung der jetzt allein noch verfolgten Feststellungsklage dazu führen, dass der Kläger weiterhin im Ungewissen bliebe, welches Geburtsdatum für seine künftigen, nunmehr möglicherweise bereits in naher Zukunft anstehenden Ansprüche vom zuständigen Leistungsträger zu Grunde zu legen ist. Da auf Grund des vorangegangenen Verfahrensablaufs die Feststellungsklage auch schon aus prozessökonomischen Gründen als zulässig anzusehen ist, lässt es der Senat dahinstehen, ob der Kläger sein Klageziel nicht allein mit der ursprünglich erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage hätte erreichen können, weil auf Grund des nach § 33a Abs 3 SGB I im Rentenrecht gegebenen engen Zusammenhangs zwischen der (Neu-)Vergabe einer Versicherungsnummer und der Verpflichtung, ein (neu) festgestelltes Geburtsdatum für den Leistungsfall zu Grunde zu legen, eine solche Entscheidung nur einheitlich und für alle Rentenversicherungsträger verbindlich ergehen kann. Von daher kann auch offen bleiben, ob der Anspruch auf Neuvergabe der Versicherungsnummer sich nicht ohnehin immer gegen den jeweils zuständigen Versicherungsträger zu richten hat.
2. Die Anwendung des § 33a SGB I durch das LSG lässt auch im Übrigen keine Rechtsfehler erkennen.
Ein Geburtsdatum ist iS des § 33a SGB I nicht erst dann fehlerhaft, wenn sich nach Tag, Monat und Jahr ein (vollständig) anderes Geburtsdatum ergibt (vgl dazu Senatsurteil vom 9. April 2003 - B 5 RJ 32/02 R - SozR 4-1200 § 33a Nr 1 - zur Berichtigung von nur dem Tag und Monat entsprechenden Stellen des Geburtsdatums in der VNr). Ob sich das LSG hier entsprechend den Vorgaben der VKVV wegen der Ungewissheit über Tag und Monat mit der Feststellung des Jahrs der Geburt hätte begnügen müssen - was hier im Hinblick auf die Verwaltungsübung, bei unbekanntem Tag und Monat der Geburt stets den Beginn einer vom Erreichen einer Altersgrenze abhängigen Rente auf den 1. Juli zu legen, dh fiktiv den 1. Juli des jeweiligen Jahres als Geburtsdatum anzusehen (vgl Senatsurteil aaO SozR 4-1200 § 33a Nr 1 RdNr 18) für den Kläger günstiger wäre - kann dahinstehen, weil der Kläger gegen das Urteil des LSG keine Revision eingelegt hat.
Das LSG hat zutreffend berücksichtigt, dass der Gesetzgeber mit § 33a SGB I die Anknüpfung an das "wahre" Geburtsdatum aufgegeben und - zur Vermeidung einer dafür besonders verwaltungsintensiven Prüfung und um missbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen vorzubeugen (vgl die Gesetzesbegründung BT-Drucks 13/8994, S 67 zu Art 1a) - das im Geltungsbereich des SGB für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebende Geburtsdatum eigenständig definiert hat. Zu Recht ist das LSG aber auch davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Frage, ob sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt, nicht nur Personenstandsunterlagen bzw nur solche Urkunden herangezogen werden können, die das Geburtsdatum unmittelbar selbst dokumentieren.
a) Zur Frage, was unter einer Urkunde iS von § 33a Abs 2 SGB I zu verstehen ist, hat der 13. Senat in seinen Urteilen vom 5. April 2001 (B 13 RJ 35/00 R - BSGE 88, 89 = SozR 3-1200 § 33a Nr 4) und 31. Januar 2002 (B 13 RJ 9/01 R - veröffentlicht in JURIS) entschieden, dass sich dieser Begriff nach den allgemeinen Bestimmungen richte und eine Beschränkung auf die Berücksichtigung nur bestimmter Urkunden der Vorschrift nicht zu entnehmen sei. Dieser Auslegung schließt sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung an. Für die Auffassung, die Urkunde iS des § 33a Abs 2 SGB I müsse von einer Behörde oder sonstigen Stelle ausgestellt sein und diese müsse für die Bestätigung personenstandsrechtlich relevanter Tatsachen zuständig sein (Bayerisches LSG Urteil vom 21. Juli 2001 - L 20 RJ 102/01 - veröffentlicht in JURIS), gibt das Gesetz keinen Anhalt. § 33a Abs 2 SGB I verlangt auch nicht, dass das Geburtsdatum als solches in der Urkunde ausdrücklich und vollständig vermerkt ist; es "ergibt" sich aus der Urkunde auch, wenn die durch die Urkunde bewiesenen Tatsachen zur vollen Überzeugung des Gerichts auf ein abweichendes Geburtsdatum iS des § 33a Abs 2 SGB I schließen lassen. Das LSG war daher nach § 33a Abs 2 SGB I nicht gehindert, die Frage, ob sich im Fall des Klägers ein von dessen erster Angabe (im Dezember 1977) abweichendes Geburtsdatum aus einer davor ausgestellten Urkunde ergibt, anhand der ihm vorliegenden Kopien der Schülerregister der Gemeinde Valtino vom 10. Oktober 1951 sowie vom 26. Juni 1955 zu beantworten.
aa) Nach den allgemeinen Bestimmungen ist unter einer Urkunde iS von § 33a SGB I wie in § 21 Abs 1 Nr 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 415 Zivilprozessordnung (ZPO) jede schriftliche Verkörperung eines Gedankens zu verstehen (BSG Urteil vom 5. April 2001 - B 13 RJ 35/00 R - BSGE 88, 89, 92 = SozR 3-1200 § 33a Nr 4 S 19; vgl auch von Wulffen, SGB X-Komm, 4. Aufl 2001, § 21 RdNr 9; Roller in HandKomm-SGG, 2003, § 118 RdNr 35; Schreiber in Münchener Kommentar zur ZPO, Band 2, 2. Aufl 2000, § 415 RdNr 1; Thomas in Thomas/Putzo, ZPO-Komm, 23. Aufl 2001, Vorbemerkung zu § 415 RdNr 1), der Aussteller und die Art und Weise der Herstellung sind unerheblich. Auch Fotokopien stellen nach diesen allgemeinen Bestimmungen Urkunden dar (BSG aaO BSGE 88, 89, 93 = SozR 3-1200 § 33a Nr 4 S 20; BVerwG Beschluss vom 3. Januar 1986 - 9 B 399/85 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr 29).
Nicht zu den Merkmalen der Urkunde gehört deren Beweiskraft (vgl Schreiber aaO § 415 RdNr 9). Daher geht der Hinweis der Beklagten auf § 60 Abs 1 PStG fehl; denn diese Vorschrift enthält eine Beweiskraftregel hinsichtlich der Richtigkeit der Eintragungen ua über die Geburt in den Personenstandsbüchern iS einer widerlegbaren Vermutung. Der Nachweis der Unrichtigkeit der darin beurkundeten Tatsachen ist nach § 60 Abs 2 Satz 1 PStG zulässig, wobei der Nachweis der Unrichtigkeit eines Eintrags im Familienbuch auch durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift aus dem Heirats-, Geburten- oder Sterbebuch geführt werden kann. Für den Nachweis der Unrichtigkeit dieser Primäreintragungen (vgl § 15b Abs 1 PStG) gibt es im Übrigen keine Begrenzung der Beweismittel. Die Berichtigung der Eintragungen richtet sich nach den §§ 46a ff PStG. Sie erfolgt, soweit nicht eine Berichtigung durch den Standesbeamten zugelassen ist, nach §§ 47, 48 Abs 1 PStG im gerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG); dabei sind nach hM die Vorschriften der ZPO über den Urkundenbeweis entsprechend anwendbar (vgl Schmidt in Keidel-Kuntze-Winkler, FGG-Komm, 15. Aufl 2003).
bb) Für die Frage, welche Tatsachen durch eine Urkunde bewiesen werden, und für deren Echtheit gelten nach § 118 SGG die besonderen Beweisregeln der §§ 415 bis 419 ZPO bzw die §§ 437 bis 440 ZPO entsprechend. Dabei besteht nach den hier auch zu beachtenden europarechtlichen Grundsätzen die Verpflichtung, von der Behörde eines anderen Mitgliedstaates ausgestellte Urkunden zu beachten, sofern deren Richtigkeit nicht durch konkrete, auf den Einzelfall bezogene Anhaltspunkte ernstlich in Frage gestellt ist (EUGH Urteil vom 2. Dezember 1997 - C-336/94 - SozR 3-7670 § 66 Nr 1). Im Übrigen entscheidet das Gericht insbesondere über die Frage, welche Bedeutung die durch eine Urkunde iS der Beweisregeln bewiesenen Tatsachen für das Beweisthema haben, in freier Beweiswürdigung.
b) Das LSG ist nach diesen Grundsätzen im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei den Originalen der Schulregister der Gemeinde Valtino vom 10. Oktober 1951 und 26. Juni 1955 um taugliche Beweismittel iS des § 33a Abs 2 SGB I handelt, dass sie unzweifelhaft echt und hinsichtlich der Eintragungen über den Kläger richtig sind und sich aus ihnen ein von der ersten Angabe des Klägers abweichendes Geburtsdatum iS dieser Vorschrift ergibt, weil sie belegen, dass der Kläger bei seiner Einschulung am 15. September 1951 sein sechstes Lebensjahr vollendet hatte, mithin zumindest am 15. September 1945 bereits gelebt hat und daher spätestens am 14. September 1945 geboren ist. An die auf diese Weise zustande gekommenen Feststellungen des LSG ist der Senat gemäß § 163 SGG gebunden, da die Beigeladene auch insoweit keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen vorgebracht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen