Leitsatz (amtlich)
Eine Altenteilslast, die zur Ermittlung des auf die Ausgleichsrente anzurechnenden Einkommens vom Bruttoeinkommen abzuziehen ist, liegt auch dann vor, wenn aus Anlaß der Übergabe eines landwirtschaftlichen Betriebes der Übernehmer seiner Schwester anstelle einer Erbabfindung in Geld ein lebenslängliches Unterhalts- und Wohnrecht einräumt; daß die Schwester minderjährig oder hilfsbedürftig ist, wird nicht vorausgesetzt.
Normenkette
BVG § 33 Abs. 1 Fassung: 1966-12-28; BVG§33DV § 9 Abs. 3 Buchst. c Fassung: 1967-11-09
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 19. April 1972 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 26. Januar 1971 zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten sämtlicher Rechtszüge zu erstatten.
Gründe
Der 1925 geborene Kläger, der Beschädigtenrente nach einer MdE um 50 v.H. erhält, übernahm auf Grund des Übergabevertrages vom 14. Februar 1970 von seinem Vater unentgeltlich einen 17,54 ha großen Hof. Dafür verpflichtete er sich, seinen Eltern ein lebenslängliches unentgeltliches Altenteil zu gewähren und außerdem seiner Schwester, der damals 42-jährigen Sekretärin Hildegard P, auf Lebenszeit freien Unterhalt am Tisch sowie im Krankheitsfall den Unterhalt im Zimmer zu verabfolgen. Ferner räumte er ihr ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht in einem Zimmer ein. Er bewilligte und beantragte die Eintragung dieser Rechte in Abteilung II des Grundbuches. Den Wert des Unterhalts- und Wohnrechts gaben die Parteien mit monatlich 120,- DM an. Darauf erklärte die Schwester im Übergabevertrag, mit Gewährung des lebenslänglichen freien Unterhalts- und Wohnrechts sei sie nach Erhalt von früheren Zuwendungen vom elterlichen Erbteil abgefunden.
Mit Bescheid vom 28. Mai 1970 stellte das Versorgungsamt die Versorgungsbezüge des Klägers vorläufig neu fest und berücksichtigte dabei als Altenteilslast, die nach § 9 Abs. 3 Buchst. c der Verordnung zur Durchführung des § 33 des Bundesversorgungsgesetzes - BVG - (DVO) von dem auf die Ausgleichsrente anzurechnenden Einkommen des Klägers abzuziehen ist, nur das den Eltern des Klägers zu gewährende Altenteil. Danach ergab sich keine Ausgleichsrente für den Kläger. Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger, auch den seiner Schwester zu gewährenden Unterhalt, der eine dauernde Last (Betriebsausgabe) sei, zu berücksichtigen. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 1970 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, bei den Einsitzrechten von Geschwistern und sonstigen Verwandten handele es sich nicht um Betriebsausgaben im Sinne der genannten Vorschrift, sondern um eine in die Privatsphäre fallende dauernde Last. Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 26. Januar 1971 den Beklagten verurteilt, dem Kläger ab 1. Februar 1970 Ausgleichsrente zu gewähren und dabei den Wert des Unterhalts- und Wohnrechts seiner Schwester von den anzurechnenden Einkünften aus der Landwirtschaft abzusetzen. Es handele sich um eine Altenteilslast im Sinne des § 9 Abs. 3 Buchst. c DVO. Außerdem stellten diese Leistungen auch eine dinglich gesicherte und damit eine dauernde Last im Sinne dieser Vorschrift dar, die eine Betriebsausgabe sei.
Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten - nachdem mit Bescheid vom 28. Mai 1971 die Versorgungsleistungen endgültig festgestellt worden waren - das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat u.a. ausgeführt, wenn der Verordnungsgeber den Begriff der Altenteilslast verwendet habe, so lasse dies den Schluß zu, daß damit nur diejenigen Belastungen gemeint seien, die der Hofübernehmer zugunsten des Hofübergebers und dessen Ehegatten übernommen habe. Unabhängig von dieser Wortinterpretation habe das hier strittige Unterhalts- und Wohnrecht den Charakter einer erbrechtlichen Abfindung eines Miterben durch einen anderen Miterben. Derartige Belastungen seien aber nicht abzugsfähig. Wäre dies der Fall, so müßte dies generell, d.h. nicht nur für Landwirte gelten. Das Altenteil werde - bei vorweggenommener Erbfolge - als Gegenleistung dafür gewährt, daß die Eltern ihren Grundbesitz schon bei Lebzeiten mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge an einen Abkömmling übergäben. Dagegen habe die hier strittige Belastung - wie der gesetzliche Abfindungsanspruch des weichenden Miterben gegen den Hoferben auf Zahlung eines Geldbetrages - Abfindungscharakter (§§ 12 Abs. 1 und 17 Abs. 1 und 2 der Höfeordnung). Dafür spreche auch die Erklärung der Schwester, sie sei nun "abgefunden". Daß die Abfindung hier im Wege des Übergabevertrages geregelt und auf die Gewährung von Naturalleistungen gerichtet sei, ändere an dem Abfindungscharakter dieser Leistungen nichts. Ob etwas anderes dann zu gelten hätte, wenn die Schwester des Klägers noch minderjährig oder zum eigenen Unterhalt außerstande wäre, könne dahinstehen, da ein solcher Fall nicht vorliege. Die zivilgerichtlichen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (RGZ) Band 152, 104 und Band 162, 52 sowie die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in NJW 1962 Seite 2249 ff, die nicht zwischen den Begriffen Leibgedinge, Leibzucht, Altenteil und Auszug unterschieden, stünden dieser Auffassung nicht entgegen; denn in den für jene Entscheidungen maßgeblichen Rechtsvorschriften sei für solche Verträge jeweils eine einheitliche Rechtsfolge vorgesehen (z.B. bei Art. 96 EG BGB der Vorrang der landesgesetzlichen Vorschriften vor dem BGB). Nur hinsichtlich dieser gleichen Rechtsfolgen seien die Begriffe Leibgedinge, Leibzucht, Altenteil und Auszug gleichzusetzen, weshalb es in diesen Urteilen nicht darauf angekommen sei, ob das jeweils in Streit stehende Recht den Eltern, Geschwistern oder sonstigen Personen zugestanden habe. Das Unterhalts- und Wohnrecht der Schwester sei schließlich auch keine Betriebsausgabe. Dabei handele es sich nach der Auskunft des Finanzamtes Osnabrück-Land vom 25. November 1970 um Sonderausgaben. Die Auffassung des SG, die strittige Belastung sei deshalb eine Betriebsausgabe, weil sie durch Grundbucheintragung dinglich gesichert sei, treffe nicht zu.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger mit näherer Begründung die Verletzung des § 9 Abs. 3 Buchst. c DVO idF der 4. Änderungsverordnung (ÄndVO) vom 7. August 1968. Altenteilslasten lägen im Unterschied zu den entsprechenden Vorschriften des Gesetzes über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen vom 15. September 1965 auch dann vor, wenn sie nicht zu den Betriebsausgaben zählten. Bei der hier strittigen Last handele es sich um ein Altenteil. Dieses Ergebnis sei auch, bezogen auf den Ausgleichsrentenanspruch des Klägers folgerichtig, weil er den Hof von den Eltern nur unter der Voraussetzung erhalten habe, seiner Schwester ein Unterhalts- und Wohnrecht zu gewähren. Hätte er diese Bedingung nicht akzeptiert, so wäre sein jetziger Besitz wesentlich verkleinert worden; dann hätte sich auch sein derzeitiges Einkommen nicht unerheblich verringert. Das hätte aber einen höheren Ausgleichsrentenanspruch zur Folge gehabt. Der Kläger hätte aber auch durch Aufnahme einer Hypothek seine Schwester "ein für allemal" abfinden und die sich daraus ergebenden Zinsen absetzen können. Auf das Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 28. Juni 1971 (BVBl 1971, 63) werde hingewiesen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des LSG-Urteils die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Osnabrück vom 26. Januar 1971 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Dem LSG-Urteil sei zuzustimmen. Das Rundschreiben des BMA vom 28. Juni 1971 betreffe einen anderen Sachverhalt. Unter den weitergehenden Begriff "Leibgedinge" würden neben dem Altenteil auch die Leibzucht und der Auszug subsumiert. Der Verordnungsgeber habe die Absetzbarkeit in § 9 Abs. 3 Buchst. c DVO aber ausdrücklich auf Altenteilslasten beschränkt. Die strittigen Aufwendungen rechneten zwar zum "Leibgedinge", seien aber keine Altenteilslasten und könnten deshalb nicht vom Bruttoeinkommen des Klägers abgezogen werden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und deshalb zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG); sie erwies sich auch in der Sache als begründet.
Nach § 9 Abs. 3 Buchst. c der gemäß § 33 Abs. 5 BVG (idF des Dritten Neuordnungsgesetzes - NOG - vom 28. Dezember 1966, BGBl I, 750) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG idF vom 9. November 1967, geändert durch die 4. Änderungsverordnung vom 7. August 1968 (BGBl I, 965) - DVO -, ist bei der Ermittlung des auf die Ausgleichsrente anzurechnenden Einkommens (§ 33 Abs. 1 BVG) von dem nach den Absätzen 1 u. 2 des § 9 DVO ermittelten Bruttoeinkommen aus Land- und Forstwirtschaft u.a. ein Zwölftel der im Kalenderjahr verausgabten "Altenteilslasten sowie derjenigen Schuldzinsen und anderen dauernden Lasten, die Betriebsausgaben sind", abzuziehen. Der Auffassung des LSG und des Beklagten, daß das im vorliegenden Falle vom Kläger an seine Schwester zu gewährende Unterhalts- und Wohnrecht keine solche Altenteilslast darstelle, kann nicht zugestimmt werden. Insbesondere trifft es nicht zu, daß - wie das LSG ausführt - schon die Wortinterpretation ergebe, daß damit nur diejenigen Belastungen gemeint seien, die der Hofübernehmer zugunsten des Hofübergebers und dessen Ehegatten übernommen habe. Hätte dieses Rechtsinstitut schon vom Wortlaut her einen solchen beschränkten Inhalt, so müßte es, da als Übergeber in aller Regel die Eltern oder ein Elternteil in Betracht kommen, etwa "Elternleibgedinge" oder "Elternrecht" heißen, wie der erkennende Senat bereits im Urteil vom 9. Mai 1972 - 8 RV 809/71 - ausgesprochen hat.
Altenteil, Leibzucht, Leibgedinge, Auszug sind zusammenfassende Ausdrücke, die Ansprüche auf Sach- und Dienstleistungen zum Gegenstand haben, die der allgemeinen leiblichen und persönlichen Versorgung des "Berechtigten" aus dem belasteten Grundstück dienen (vgl. Palandt, Komm. zum BGB 23, Aufl., Überblick vor § 1105 BGB, Anm. 5); wer "Berechtigter" ist, ergibt sich aus dem Altenteilsvertrag. Ein solches Altenteil (Leibgedinge, Leibzucht oder Auszug) ist, wie der Bundesgerichtshof im Urteil vom 26. September 1962, NJW 1962, S. 2249, dargelegt hat, ein Inbegriff von Rechten verschiedener Art, die durch ihre Zweckbestimmung dem Berechtigten ganz oder teilweise, für eine bestimmte Zeit oder dauernd Versorgung zu gewähren, zu einer Einheit verbunden sind. Solche Verträge waren seit altersher und sind auch jetzt noch vor allem in der bäuerlichen Bevölkerung üblich. Sie enthalten in der Regel die Einräumung eines Wohnrechts und die Gewährung von wiederkehrenden Leistungen oder Nutzungen, die aus Anlaß der Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebes zugunsten des Übergebers oder seiner Ehefrau oder auch von nahen Familienangehörigen, ausbedungen werden. Der im vorliegenden Fall geschlossene Übergabevertrag vom 14. Februar 1970 stellt also, soweit er der Schwester des Übernehmers auf Lebenszeit freien Unterhalt und ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht einräumt, eine dem Sinn des Altenteils entsprechende Vereinbarung über eine "Altenteilsleistung" dar, weil sie aus Anlaß der Grundstücksüberlassung und mit Rücksicht auf die Grundstücksübertragung begründet worden ist (vgl. NJW aaO S. 2250). Daß sich das Altenteil auch auf "andere Personen" beziehen kann, ist nicht nur im Höferecht (Scheyhing, Kommentar zur Höfeordnung (HO), 1967, Randz. 30 zu § 17 HO S. 189) anerkannt, sondern z.B. auch in RGZ 162, 55 ("familienfremde Personen") betont. Der als Übernehmer in Betracht kommende Sohn hat damit die Altenteilsverpflichtungen übernommen, den Unterhalt seiner Schwester auf jeden Fall sicherzustellen (vgl. Urteil des Reichsgerichts vom 10.1.1944 zu Art. 96 EGBGB; Art. 42 Bayerisches AG BGB, veröffentlicht in Deutsches Recht 1944, 415, 416). Damit ist für den Kläger als Übernehmer des Hofes eine "Altenteilslast" begründet worden, wie sie § 9 Abs. 3 Buchst. c DVO im Auge hat. Das LSG hat seine abweichende Auffassung u.a. damit begründet, daß eine "Abfindung" bzw. die "Zahlung eines Geldbetrages" nicht als ein Altenteil angesehen werden könne. Ob dies ganz allgemein zutrifft, kann hier dahinstehen. Denn im vorliegenden Fall handelt es sich weder um die Vereinbarung eines "Gutabstandsgeldes", wie es bei der Übergabe eines landwirtschaftlichen Anwesens für die Geschwister des Übernehmers als eine einmalige Summe oder in Raten vereinbart werden kann, noch liegt eine "Abfindung" an weitere Abkömmlinge im Sinne des Rundschreibens des BMA vom 2. Juli 1959 (BVBl 1959, S. 86 Nr. 31) vor. Unter "Abfindung" ist, wenn im Einzelfall nichts anderes bestimmt ist, die Zahlung eines Geldbetrages zu verstehen (vgl. z.B. § 330 BGB - Zahlung einer Versicherungssumme oder Leibrente -); demnach wird in Palandt, Kommentar zum BGB 23. Aufl. Anm. 1 zu Art. 96 EGBGB im Zusammenhang mit abzufindenden Altenteilsleistungen auch zutreffend von "Geldabfindung" gesprochen. Insbesondere ergibt sich dies aber auch aus § 12 Abs. 1 und 4 der Höfeordnung idF vom 24. August 1964 (BGBl I 693). In Absatz 1 ist hier bestimmt, daß den Erben, die nicht Hoferben geworden sind, ein Anspruch gegen den Hoferben auf Zahlung eines Geldbetrages zusteht. Dieser Anspruch ist in Abs. 4 aaO ausdrücklich als "Abfindung" bezeichnet. Wenn das LSG der Meinung ist, eine "Abfindung" könne nach der Höfeordnung auch auf die Gewährung von Naturalleistungen in Form von Unterhalt und Wohnung gerichtet sein, so kann dies nicht überzeugen. Richtig ist nur, daß Altenteilsleistungen durch eine Geldabfindung abgegolten werden können (vgl. Palandt aaO) und daß andererseits gewährte Naturalleistungen auf die "Abfindung", d.h. die Zahlung eines "Geldbetrages" angerechnet werden können und nach § 12 Abs. 3 HO auch angerechnet werden müssen, soweit es sich um Nachlaßverbindlichkeiten handelt. Denn als solche kommen im Falle eines Übergabevertrages, da nach § 17 Abs. 2 HO mit dem Zeitpunkt der Übertragung des Hofes an einen hoferbenberechtigten Abkömmling "der Erbfall ... als eingetreten" gilt, auch Altenteile in Betracht (vgl. Scheyhing aaO S. 117 Randz. 20 zu § 12 HO und Randz. 30 zu § 17 HO S. 189); und zwar ist die Abzugsfähigkeit bei einem durch Übergabevertrag entstandenen Altenteil in gleicher Weise anzunehmen wie bei einem durch letztwillige Verfügung entstandenen Altenteil (vgl. Scheyhing aaO). Insoweit könnte sonach nur erwogen werden, ob ein Altenteil unter Umständen den Abfindungsanspruch eines Miterben bzw. des miterbenden überlebenden Ehegatten "abgelten soll" (vgl. Scheyhing aaO S. 189 Randz. 30 zu § 17 HO), nicht aber ist die Schlußfolgerung berechtigt, das der Schwester gewährte "Altenteil" habe Abfindungscharakter, weil § 12 HO für den weichenden Erben eine "Abfindung" vorsieht.
Diese Erwägungen machen gleichzeitig deutlich, daß der vom LSG gegebene Hinweis, es liege eine vorweggenommene Erbfolge vor, nicht gegen die Annahme eines Altenteils spricht. Die Übergabeverträge sind vielmehr - soziologisch verstanden - als die regelmäßige Form der (vorweggenommenen) Erbfolge aufzufassen (Scheyhing aaO S. 175 Randz. 1 zu § 17 HO). Bei dieser Sach- und Rechtslage kann in der Erklärung der Schwester, sie sei nun "vom elterlichen Erbteil abgefunden", kein Umstand erblickt werden, der gegen das Vorliegen einer Altenteilslast spräche, jedenfalls gilt dies dann, wenn sich aus dem Übergabevertrag ergibt, daß es sich nach der Art der übernommenen Verpflichtungen - wie hier - um typische Altenteilsleistungen handelt.
Auch der Auffassung des LSG, die Begriffe "Leibgedinge, Leibzucht, Altenteil und Auszug" seien keineswegs "miteinander voll zu identifizieren", bzw. der Meinung des Beklagten, im vorliegenden Fall liege zwar ein "Leibgedinge", aber keine Altenteilslast vor, kann nicht zugestimmt werden. Die Begriffe Altenteil, Leibgedinge, Leibzucht, Auszug sind vielmehr nur verschiedene zum Teil wohl auch länder- oder gebietsmäßig unterschiedlich geprägte Namen für ein und dasselbe Rechtsinstitut. Dies ergibt sich nicht nur aus der gleichmäßigen Behandlung dieser unterschiedlich bezeichneten Begriffe (vgl. z.B. Art. 96 EGBGB; Palandt, Komm. zum BGB, 23. Aufl., Überblick Ziff. 5 vor § 1105 BGB; Stein-Jonas ZPO, 18. Aufl., Band I Anm. II 2 g zu § 1 - S. 5 -; ferner die oben zitierte Entscheidung des BGH vom 26.9.1962 sowie RGZ 152, 104, 108, wo die Begriffe "Altenteil" und "Leibgedinge" wahlweise verwendet werden), sondern auch aus RGZ 162, 52, 56, wo es ausdrücklich heißt, daß der "Auszug" ein "anderer Ausdruck für Leibgedinge, Leibzucht usw." sei. Ist sonach das "Leibgedinge" das gleiche wie ein "Altenteil", so steht die vom SG zitierte Rechtsprechung der Auffassung des LSG und der Beklagten entgegen und wird andererseits durch das eigene Vorbringen des Beklagten bestätigt, daß es sich bei den hier strittigen Leistungen um eine Altenteilslast (Leibgedinge) handelt.
Der vom LSG betonte Umstand, daß es sich beim Altenteil um einen "Inbegriff von Rechten verschiedener Art" handelt, vermag die gegenteilige Auffassung des LSG ebenfalls nicht zu stützen; er ist im Gegenteil - wie oben bereits angedeutet worden ist - typisch für den besonderen Charakter des Altenteils (vgl. auch die zitierte Entscheidung des BGH vom 26.9.1962).
Nach alledem handelt es sich bei dem der Schwester des Klägers gewährten Unterhalts- und Wohnrecht um eine Altenteilslast im Sinne des § 9 Abs. 3 Buchst. c DVO. Dies gilt trotz des Umstandes, daß es sich bei ihr nicht um einen minderjährigen oder hilfsbedürftigen Abkömmling handelt. Denn es genügt, daß die Schwester ein naher Familienangehöriger des Übergebers ist. Auch im Steuerrecht besteht kein Zweifel daran, daß der Übergeber des Hofes sich u.a. Altenteilsleistungen für ihm nahestehende dritte Personen ausbedingen kann. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierzu im Urteil vom 16. September 1965 entschieden, daß zu den Hofübernahmelasten nicht nur die gegenüber dem Hofübergeber eingegangenen Verbindlichkeiten des Übernehmers, sondern auch gegenüber dritten Personen übernommene, in familiären Beziehungen wurzelnde altenteilsähnliche Verpflichtungen gehören. Die Versorgung solcher Personen stehe wirtschaftlich der Versorgung des Hofübergebers gleich (vgl. BStBl 1965 III S. 707). Zwar hat der BFH in dieser Entscheidung auch ausgesprochen, daß der Übernehmer eines landwirtschaftlichen Betriebs Altenteilsleistungen und ihnen wirtschaftlich gleichstehende Versorgungsleistungen nicht als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG), sondern nur als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG) abziehen könne (vgl. auch BFH in NJW 1969, 2223, 2224). Daher könnte eingewandt werden, daß "Sonderausgaben" nach § 9 Abs. 3 Buchst. c DVO nicht abgesetzt werden dürften, weil Aufwendungen, die steuerrechtlich als Sonderausgaben behandelt würden, keine sonstigen dauernden Lasten im Sinne der genannten Vorschrift seien. Dies ist zwar im Rundschreiben des BMA vom 28. Juni 1971, BVBl 1971, S. 63, 64 Nr. 8 zu den "sonstigen dauernden Lasten" ausgeführt. Altenteilslasten sind aber in § 9 Abs. 3 Buchst. c DVO ausdrücklich für absetzbar erklärt worden; es ist deshalb unwesentlich, daß sie steuerrechtlich als "Sonderausgaben" behandelt werden. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob sie dauernde Lasten (Betriebsausgaben) im Sinne der hier streitigen Vorschrift darstellen, weil es genügt, daß eine Altenteilslast, die neben den anderen dauernden Lasten genannt ist, vorliegt. Demgemäß ist auch im Rundschreiben des BMA vom 28. Juni 1971, aaO, S. 64 unter Nr. 7 zutreffend betont worden, daß Altenteilsleistungen auch dann abzugsfähig sind, wenn sie nicht zu den Betriebsausgaben gehören; diese Einschränkung beziehe sich nur auf "Schuldzinsen und andere dauernde Lasten" (vgl. dazu die Ausführungen im Urteil des erkennenden Senats vom 9. Mai 1972 - 8 RV 809/71 -).
Da es sich somit bei den hier strittigen Leistungen um Altenteilslasten im Sinne des § 9 Abs. 3 Buchst. c DVO handelt, war der Auffassung des SG im Ergebnis zuzustimmen und deshalb entsprechend dem von der Revision gestellten Antrag unter Aufhebung des Urteils des LSG die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da die Voraussetzungen der §§ 165, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG erfüllt waren, konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Fundstellen