Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Arbeitslosengeldes nach Beendigung von Arbeitsverträgen zwischen Ehegatten
Beteiligte
Rechtsanwälte Martin Behrens und Koll. |
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Bemessung des Arbeitslosengeldes nach der Beendigung von Arbeitsverträgen zwischen Ehegatten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Annahmegründe gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.
1. Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, ob die Regelung des Arbeitsförderungsrechts, wonach bei der Bemessung der Arbeitslosenunterstützung im Anschluss an eine Beschäftigung beim Ehegatten als Arbeitsentgelt höchstens das Entgelt familienfremder Arbeitnehmer bei gleichartiger Beschäftigung zugrundzulegen ist (§ 112 Abs. 5 Nr. 3 AFG; jetzt § 134 Abs. 2 Nr. 1 SGB III), eine entsprechende Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gebietet, hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (vgl. § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG).
Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entschieden (vgl. BVerfGE 92, 53 ≪71 f.≫; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. Mai 2000, 1 BvL 1/98, 4/98, 15/99), dass Unterschiede im Erfolgswert von Beiträgen innerhalb gleichmäßig beitragsbelasteter Gruppen gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen können (vgl. BVerfG, a.a.O.). Die Prüfung der Frage, ob eine Abweichung auf der Leistungsseite durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt ist, hat daher keine grundsätzliche Bedeutung; sie erfolgt bei der einzelnen Regelung nach einem verfassungsrechtlich bereits geklärten Maßstab. Nach diesem beurteilt sich die Verfassungsmäßigkeit von Vorschriften, auf Grund deren die Höhe der Leistung im Recht der Arbeitslosenversicherung gesetzlich beschränkt ist (vgl. zur Anrechnung von Einkommen § 141 SGB III; zum Ruhen wegen anderer Sozialleistungen § 142 SGB III; zum Ruhen bei Arbeitskämpfen § 116 AFG; jetzt § 146 SGB III; vgl. auch BVerfGE 79, 87 ≪98≫).
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten verfassungsmäßigen Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
a) Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Das Bundessozialgericht hat im angegriffenen Urteil zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin für das zufließende Entgelt die gleichen Beiträge entrichten muss wie familienfremde Beschäftigte. Eine Grundrechtsverletzung könnte sich nur aus der Zusammenschau des Beitragsrechts mit § 112 Abs. 5 Nr. 3 AFG ergeben. Leistungsrechtlich wird die Beschwerdeführerin zwar gegenüber familienfremden Arbeitnehmern ungleich behandelt, indem bei der Bemessung ihres Arbeitslosengeldes nicht das beitragspflichtige Arbeitsentgelt, sondern ein Vergleichsentgelt zugrundegelegt wurde. Diese Ungleichbehandlung ist aber durch den mit § 112 Abs. 5 Nr. 3 AFG verfolgten Zweck gedeckt.
Die Regelung dient der Abwehr von Manipulationen durch zivilrechtliche Gestaltungen unter Ehepartnern zu Lasten der Versichertengemeinschaft. Die Gefahr solcher Manipulationen besteht hier, weil es innerhalb einer Ehe an dem für die Gestaltung von Arbeitsverhältnissen typischen Interessengegensatz zwischen den Vertragspartnern fehlt. Sie liegt in der Arbeitslosenversicherung nicht fern, für die kurze Anwartschaftszeiten typisch sind (vgl. BVerfGE 72, 9 ≪20≫) und die eine Möglichkeit zur freiwilligen Höherversicherung des Arbeitsentgeltes nicht kennt. Dabei kann der Gesetzgeber, um Missbrauch auszuschließen, eine typisierende Regelung wie § 112 Abs. 5 Nr. 3 AFG treffen, ohne dass er wegen der damit im Einzelfall einhergehenden, unvermeidlichen Härten gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (vgl. BVerfGE 99, 280 ≪290≫). Zwar werden von ihr auch Arbeitnehmer erfasst, bei denen – wie im Falle der Beschwerdeführerin – ein Missbrauchsverdacht nicht besteht. Dies dient aber der Vermeidung schwieriger Beweisprobleme. Die Vorschrift wählt zugleich einen sachgerechten Ansatzpunkt für die Einschätzung des arbeitsmarktüblichen Entgelts.
b) Auch ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Zwar stellt § 112 Abs. 5 Nr. 3 AFG Ehepartner bei der Bemessung der Leistung schlechter als andere Personen. Eine solche Differenzierung zu Lasten Verheirateter ist nur zulässig, wenn sich hierfür aus der Natur des Lebensverhältnisses einleuchtende Sachgründe ergeben (vgl. BVerfGE 78, 128 ≪130≫). Solche Gründe sind aber – wie oben unter a) ausgeführt – gegeben. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt entschieden, dass es keine Diskriminierung von Ehe und Familie darstellt, wenn Ehegatten-Dienstverhältnisse einem Fremdvergleich unterzogen werden (vgl. BVerfGE 13, 290 ≪314, 317≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 7. November 1995, 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34), wie es hier geschieht. Deshalb ist auch eine Beitragserstattung von Verfassungs wegen nicht geboten.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hoffmann-Riem
Fundstellen
Haufe-Index 565186 |
SozSi 2001, 320 |