Verfahrensgang
VG Sigmaringen (Beschluss vom 03.03.1998; Aktenzeichen 1 K 1378/97) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführer greifen mit der Verfassungsbeschwerde einen Beschluß des Verwaltungsgerichts an, mit dem das Verfahren eingestellt wurde, weil die Klage gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO als zurückgenommen gelte.
- Gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung der VwGO (6. VwGOÄndG) vom 1. November 1996 (BGBl I S. 1626) gilt die Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. In diesen Fällen stellt das Gericht gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die Rechtsfolge der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Die Beschwerdeführer haben beim Verwaltungsgericht Klage auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhoben. Das Verwaltungsgericht forderte den Bevollmächtigten auf, die Klage zu begründen und wies darauf hin, daß die Klage als zurückgenommen gelte, wenn das Verfahren trotz dieser Aufforderung länger als drei Monate nicht betrieben werde. Die Frist endete am 2. März 1998 (Montag). Durch ein am 2. März 1998 übermitteltes Telefax beantragte der Bevollmächtigte die Verlängerung der Frist.
Mit dem angegriffenen Beschluß stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren ein; die Klage gelte als zurückgenommen. Die Frist könne nach deren Ablauf nicht mehr verlängert werden. Die Entscheidung sei unanfechtbar.
- Mit der Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und 103 Abs. 1 GG.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.
Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht der in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität entgegen (vgl. BVerfGE 81, 22 ≪27≫). Dieser fordert, daß ein Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzungen zu erwirken (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschluß vom 9. Juli 1997, 2 BvR 1166/97). Dieser Verpflichtung sind die Beschwerdeführer nicht nachgekommen.
Sie wenden sich mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens mit der Begründung, ihre Klage gelte gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO als zurückgenommen. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber die Klagerücknahmefiktion des § 81 Satz 1 Asylverfahrensgesetz in die VwGO übernehmen (vgl. BTDrucks 13/3993, S. 12). Ebenso wie in den Fällen des § 81 Satz 1 AsylVfG (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschluß vom 9. Juli 1997, 2 BvR 1166/97) haben die Beschwerdeführer auch bei Anwendung des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO die Möglichkeit, beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens zu stellen, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 92 Abs. 2 VwGO gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Verwaltungsgerichte haben in diesem Verfahren durch Urteil zu entscheiden, ob das Verfahren durch Klagerücknahme beendet ist oder fortgesetzt werden muß (vgl. Clausing in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 92 Rn. 71, 77 ≪Stand Mai 1997≫; Rennert in Eyermann, VwGO, 10. Aufl. 1998, § 98 Rn. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl. 1998, § 92 Rn. 28).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kühling, Jaeger, Steiner
Fundstellen
Haufe-Index 1276243 |
NJW 1998, 3770 |
NVwZ 1998, 1173 |
www.judicialis.de 1998 |