Zusammenfassung
Verzichtet ein Arbeitnehmer endgültig auf einen Teil seines Arbeitslohns oder seines Gehalts, spricht man von einem Gehaltsverzicht. Erlischt der arbeitsrechtliche Anspruch des Arbeitnehmers auf das Gehalt, ist nur der geminderte Arbeitslohn steuerpflichtig. Für einen wirksamen Gehaltsverzicht ist sozialversicherungsrechtlich zwischen einmalig und laufend gezahltem Entgelt zu unterscheiden.
Lohnsteuer: Das Zuflussprinzip ergibt sich aus § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG.
Sozialversicherung: Ganz konkret haben sich die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger per BE v. 28./29.3.2001, Top 8 mit dem Entgeltverzicht beschäftigt. Es setzt auf den Vorschriften des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV (sog. Entstehungsprinzip für laufende Bezüge) auf. Einmalzahlungen werden abweichend davon nach dem sogenannten Zuflussprinzip erst dann beitragspflichtig, wenn sie tatsächlich gezahlt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Eine Voraussetzung dafür, dass der Verzicht auf Entgeltbestandteile sich beitragsmindernd auswirken kann ist die schriftliche Vereinbarung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NachwG).
Arbeitsrecht
1 Rechtliche Einordnung
Verzichtet der Arbeitnehmer ausdrücklich auf ihm zustehende arbeitsrechtliche Ansprüche wie etwa einen Teil seines Lohns oder Gehalts, liegt ein klassischer Erlassvertrag i.S.d. § 397 BGB vor.
Eine Vereinbarung über einen Gehaltsverzicht unterliegt bestimmten rechtlichen Beschränkungen. Ein Erlassvertrag
- darf nicht gegen gesetzliche Verbote verstoßen,
- darf nicht sittenwidrig sein,
- unterliegt der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB, wenn es sich um vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.
Ein Gehaltsverzicht kann individualvertraglich vereinbart werden. Sofern in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind, Regelungen über Gehaltsverzichte getroffen sind, müssen diese beachtet werden.
2 Gehaltsverzicht und Mindestlohn
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Gehaltsverzicht Mindestlohnansprüche betreffen kann. Ist ein Anspruch auf Zahlung von Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 MiLoG entstanden, kann der Arbeitnehmer auf diesen nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; i.Ü. ist ein Verzicht ausgeschlossen.
Ein Verzicht kann nur in der Vergangenheit begründete und bereits entstandene Ansprüche umfassen. Ein Verzicht auf künftige Mindestlohnansprüche ist nicht möglich. Dies ergibt der Wortlaut des § 3 MiLoG, der ausdrücklich auf "den entstandenen Anspruch" abstellt. Ein Gehaltsverzicht kann daher nur diejenigen Anteile von künftigen Gehaltsansprüchen erfassen, die die Mindestlohnuntergrenze nicht unterschreiten.
Lohnsteuer
1 Zuflussprinzip
Während in der Sozialversicherung die Beiträge aus dem rechtlich zustehenden laufenden Arbeitsentgelt berechnet werden, gilt in der Lohnsteuer das sog. Zuflussprinzip. Maßgeblich für die Berechnung der Lohnsteuer ist nur derjenige Teil des Arbeitslohns, der dem Arbeitnehmer im Zeitraum tatsächlich ausgezahlt wird (zufließt).
Kommt es im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis zu einem arbeitsrechtlich wirksamen Gehaltsverzicht, so ist die Lohnsteuer aus dem infolge des Gehaltsverzichts zufließenden (neuen) Arbeitslohn zu berechnen. Weitere Besonderheiten sind aus lohnsteuerrechtlicher Sicht nicht zu beachten.
Sozialversicherung
1 Voraussetzungen für einen wirksamen Entgeltverzicht
Die Beitragspflicht zur Sozialversicherung entsteht bei laufendem Entgelt, anders als im Steuerrecht, mit der Lohnzahlungspflicht und knüpft damit an das rechtlich zustehende Entgelt an. Das gilt entsprechend bei der Beurteilung der Versicherungspflicht. Es spielt grundsätzlich keine Rolle, ob das Entgelt tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlt wurde. Nur wenn ein Verzicht auf laufendes Entgelt die nachfolgend genannten 3 Kriterien vollständig erfüllt, ist er beitrags- und versicherungsrechtlich wirksam. Für die Prüfung der Versicherungspflicht und die Beitragsberechnung ist dann nur noch das verbleibende Arbeitsentgelt maßgebend.
Verzicht auf Einmalzahlung ist einfacher umzusetzen
Bei einmalig gezahltem Entgelt gilt dagegen das Zuflussprinzip. Die Beitragspflicht entsteht erst, wenn einmaliges Entgelt tatsächlich ausgezahlt wird. Ist ein Verzicht auf einmaliges Entgelt vor der Auszahlung erfolgt, wird es versicherungs- und beitragsrechtlich nicht berücksichtigt. Ein für die Sozialversicherung wirksamer Gehaltsverzicht ist bei Einmalzahlungen damit leichter zu realisieren als bei laufenden Entgeltzahlungen.
1.1 Verzicht muss arbeitsrechtlich zulässig sein
Ein Verzicht auf laufend gezahltes Entgelt ist nur dann in der Sozialversicherung wirksam, wenn er arbeitsrechtlich zulässig ist. Damit wird der Rechtsanspruch auf das Entgelt aufgehoben. Der Verzicht kann arbeitsrechtlich wirksam im Rahmen einer Einzelvereinbarung erfolgen, wenn kein bindender Tarifvertrag vorliegt. Außerdem darf mit der Vereinbarung nicht gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) verstoßen werden.
Öffnungsklausel bei Tarifverträgen
Ist ein bindender Tar...