[1] Die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 4 bis 6 SGB V können Versicherte, die sich in einem anderen EWR-Staat bzw. in der Schweiz behandeln lassen, nur dann beanspruchen, wenn alle nach deutschem Recht (hierzu gehören auch beispielsweise die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses) maßgeblichen Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählen wie bei einer Inanspruchnahme im Inland z.B. eine vorherige Antragstellung, die Vorlage einer ärztlichen Verordnung und ggf. die Begutachtung durch den [akt.] MD.
[2] Behandlungsmaßnahmen, die in Deutschland nicht zulasten der GKV erbracht werden, dürfen auch nach § 13 Abs. 4 bis 6 SGB V nicht erstattet werden. Bei Leistungen, die nach deutschem Recht nur unter bestimmten Bedingungen oder in bestimmter Form erbracht werden dürfen, sind diese Rechtsvorschriften auch bei einer Inanspruchnahme im anderen EWR-Staat bzw. in der Schweiz zu beachten. Hierzu zählen u.a.
- Künstliche Befruchtung,
- Schwangerschaftsabbruch,
- Radio-Jod-Therapie,
- Organtransplantationen.
[3] Ein Kostenerstattungsantrag nach § 13 Abs. 4 SGB V darf nicht deshalb abgelehnt werden, weil die Leistungen auch im Inland hätten bezogen werden können.
[4] Erforderlich für eine Kostenerstattung ist die Vorlage von quittierten und spezifizierten Rechnungen sowie z.B. eine ärztliche Verordnung und ein genehmigter Kostenvoranschlag. Damit die Krankenkasse eine möglichst genaue Kostenerstattung vornehmen kann, ist ggf. eine detaillierte Übersetzung der Auslandsrechnung unverzichtbar; vgl. aber Abschnitt 5. Bezüglich der Übersetzungskosten ist § 19 Abs. 2 SGB X zu beachten.
[5] Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. (Ausnahmen: § 13 Abs. 4 Satz 6 SGB V und § 18 Abs. 1 und 2 SGB V, siehe Abschnitt 6). Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen (. . . Verordnungsgebühr, Eigenanteil) in Abzug zu bringen.
[6] Die Ermittlung des Erstattungsbetrages erfolgt in Form einer Vergleichsberechnung. Dabei ist im ersten Schritt zunächst der vom Versicherten verauslagte Betrag – ggf. in Euro umgerechnet – um die sich nach § 61 SGB V ergebenden Zuzahlungen zu mindern. Der so ermittelte Betrag ist im zweiten Schritt dem Betrag gegenüberzustellen, auf den der Erstattungsbetrag begrenzt ist (sog. Höchstbetrag). Bei der Berechnung des sog. Höchstbetrages sind die deutschen Vertragssätze/Apothekenabgabepreis (bzw. Festbetrag), die gesetzlich vorgesehenen Rabatte sowie die sich nach § 61 SGB V ergebenden Zuzahlungen zu berücksichtigen. Zur Erstattung gelangt der niedrigere von beiden Beträgen. Es ergibt sich also folgende Berechnungsweise:
Rechnungsbetrag
./. Zuzahlungen (auf Grundlage des Rechnungsbetrages unter Berücksichtigung der Mindest- und Höchstzuzahlung)
= "tatsächlicher Betrag"
Deutscher Vertragssatz/Apothekenabgabepreis (bzw. Festbetrag)
./. Rabatte
./. Zuzahlungen (auf Grundlage des Vertragssatzes/Abgabepreises unter Berücksichtigung der Mindest- und Höchstzuzahlung)
= "Höchstbetrag"
Vergleich der Beträge nach 1. und 2.
der niedrigste Betrag = Erstattungsbetrag vor Abschlag
./. Abschlag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen (auf Grundlage des "Erstattungsbetrages vor Abschlag")
= Erstattungsbetrag
[7] Die Krankenkasse berät unabhängig der sich aus den §§ 13 ff. SGB I ergebenden allgemeinen Informationspflichten ihre Versicherten ausführlich insbesondere darüber, dass der Versicherte direkter Vertragspartner des ausländischen Leistungserbringers ist und die deutsche Krankenkasse keinen Einfluss auf Qualität und Preis der Leistungen nehmen kann.
[8] So ist, soweit möglich, abzuwägen bzw. gemeinsam mit dem Versicherten zu entscheiden, ob beispielsweise bei einer im Ausland geplanten Behandlung die Inanspruchnahme der Sachleistungen im Rahmen der Sachleistungsaushilfe (Vordruck E 112) erfolgen soll oder ob eine Kostenerstattung auf der Basis des § 13 Abs. 4 bis 6 SGB V sinnvoll ist.
[9] Die Versicherten sind im Rahmen der Beratung darauf hinzuweisen, dass die grenzüberschreitende Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen im Hinblick auf unterschiedliche Rechtssysteme, insbesondere auf eine ggf. im Vergleich zum deutschen Recht eingeschränkte Gewährleistung, mit Problemen verbunden sein kann. Ggf. bestehende Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit im Ausland selbstbeschafften Leistungen (z.B. Zahnersatz) sind grundsätzlich vom Versicherten gegenüber dem Leistungserbringer geltend zu machen.