Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung des Geburtsdatums in der Versicherungsnummer eines ehemals türkischen Staatsangehörigen. Berichtigung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. § 33a Abs 2 SGB 1 ist eine Ausnahmevorschrift zu § 33a Abs 1 SGB 1.
2. Grundsätzlich ist bei der Prüfung des Erreichens einer Altersgrenze im Leistungsfall das Geburtsdatum maßgeblich, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten gegenüber einem (deutschen) Sozialleistungsträger ergibt.
3. Die Berichtigung des Geburtsdatums kommt nur in Betracht, wenn das Geburtsdatum wegen eines Schreibfehlers beim (deutschen) Sozialleistungsträger falsch eingetragen worden ist. Beruht die Angabe des Geburtsdatums eines ausländischen Berechtigten auf einer wegen eines Schreibfehlers falschen Eintragung in seinem Herkunftsland, wird hierdurch kein Anspruch auf Berichtigung begründet.
Orientierungssatz
Die Vorschriften des § 33a SGB 1 sind europa- und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl BSG vom 19.10.2000 - B 8 KN 3/00 R).
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger unter Berücksichtigung seines berichtigten Geburtsdatums eine neue Versicherungsnummer zu erteilen ist.
Der Kläger war türkischer Staatsangehöriger. Er kam 1982 in die Bundesrepublik Deutschland. Unter dem 19. Oktober 1982 wurde dem Kläger eine Versicherungsnummer von der LVA Hessen erteilt unter Berücksichtigung des Geburtsdatums 1. Oktober 1964.
Im Juni 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Korrektur seiner Versicherungsnummer unter Zugrundelegung des Geburtsdatums 1. Oktober 1962. Hierzu legte er seinen deutschen Personalausweis vom 23. April 2002 und einen türkischen Standesregisterauszug des Standesamtes N-Stadt vom 12. April 2002 vor. Mit Bescheid vom 3. Juli 2002 lehnte die Beklagte die Änderung des Geburtsdatums ab. Die Voraussetzungen des § 33a Sozialgesetzbuch I (SGB I) lägen nicht vor. Ein Schreibfehler habe nicht vorgelegen. Er habe auch keine Urkunde vorgelegt, die zeitlich vor der ersten Angabe seines Geburtsdatums gegenüber einem deutschen Sozialleistungsträger ausgestellt worden sei und ein früheres Geburtsdatum enthalte. Gegen den Bescheid richtete sich der Kläger mit Widerspruch, dem er den Beschluss des Amtsgerichts N. vom 26. Dezember 2001 beifügte, mit dem das Geburtsdatum des Klägers vom 1. Oktober 1964 berichtigt worden war auf den 1. Oktober 1962. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2002 zurück.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 19. Dezember 2002 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Er trug hierzu vor, sein Geburtsort liege in der Provinz N-Stadt, in der eine Melderegistrierung erst in den letzten Jahren eingeführt worden sei. Seine Registrierung sei erst am 14. September 1977 erfolgt. Ausweislich der Erläuterungen im türkischen Standesregisterauszug vom 2. Juli 2003, den er vorlegte, sei auch das Geburtsjahr seines Vaters berichtigt worden. Außerdem könne es medizinisch nicht möglich sein, dass er bereits knappe 4 Monate nach seiner am 10. Juni 1964 geborenen Schwester geboren worden sei. Nachträglich könne leider nicht mehr geklärt werden, warum es zu fehlerhaften Eintragungen im Melderegister gekommen sei. Da die exakte Feststellung des Geburtsdatums medizinisch ebenfalls nicht möglich sei, bleibe als Beweismittel nur der türkische Gerichtsbeschluss.
Mit Urteil vom 6. Februar 2004 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im Wesentlichen aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Berücksichtigung seines auf den 1. Oktober 1962 geänderten Geburtsdatums. Dem Anspruch stehe § 33a SGB I entgegen. Dem Kläger sei im Jahre 1982 die Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des Geburtsjahres 1964 erteilt worden. Ein Anspruch auf Änderung oder Neuvergabe einer Versicherungsnummer bestehe trotz der entsprechenden Feststellungen durch das Amtsgericht N-Stadt nicht. Nach § 33a Abs. 1 SGB I sei, soweit Rechte und Pflichten davon abhängig seien, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten wird, das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger ergebe. Danach sei weiterhin das Geburtsdatum 1. Oktober 1964 maßgebend, dass der Kläger bei seinem Eintritt in die Versicherung selbst für zutreffend erachtet habe. Eine Änderung sei nur unter den nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 33a Abs. 2 SGB I möglich. Ein Schreibfehler liege ersichtlich nicht vor; dies werde von Seiten des Klägers auch nicht geltend gemacht. Auch eine Urkunde, die den Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Nr. 2 SGB I genügen könnte, existiere nicht. Der Beschluss des Amt...