Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Vorwegnahme der Hauptsache. Bürgergeld. Unterkunft und Heizung. Erteilung einer Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft. unangemessene Unterkunftskosten. drohende Zwangsräumung der bisher bewohnten Wohnung
Leitsatz (amtlich)
1. Dem Antrag der Antragstellerin auf Erteilung der Zusicherung im einstweiligen Rechtschutz steht nicht entgegen, dass damit die Vorwegnahme der Hauptsache erfolgen würde.
2. Die Zwangsräumung der derzeit bewohnten Wohnung begründet zwar die Eilbedürftigkeit, nicht aber ein Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner. Zwar ist der Schutz der Wohnung auch in Form des Behalts der Wohnung verfassungsrechtlich beachtlich, allerdings kann die drohende Wohnungslosigkeit keinen unbegrenzten Kostenübernahmeanspruch gegen den Antragsgegner begründen. Hierbei ist beachtlich, dass die Antragstellerin zwar von Wohnungslosigkeit bedroht ist, nicht aber von Obdachlosigkeit. Denn bzgl der Obdachlosigkeit besteht ein Einweisungsanspruch gegen die zuständige Kommune.
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. März 2024 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes eine Zusicherung der Mietkostenübernahme für eine Wohnung in der C-Straße in A-Stadt.
Die Antragstellerin lebt derzeit in A-Stadt in einer Mietwohnung. Sie ist als selbständige Immobilienmaklerin tätig.
Seit Februar 2023 bezieht sie Leistungen vom Antragsgegner. Zuletzt bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 15. Februar 2024 Leistungen für die Monate Februar bis Juli 2024.
Aufgrund von Mietrückständen kündigte der Vermieter die derzeit von der Antragstellerin bewohnte Wohnung außerordentlich zum 21. Februar 2023.
Per E-Mail vom 4. Oktober 2023 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, dass sie mit ihrem Vermieter einen gerichtlichen Vergleich geschlossen habe, wonach sie zum 31. Oktober 2023 aus ihrer Wohnung ausziehen müsse. Sie teilte des Weiteren mit, dass sie für den nächsten Tag einen Besichtigungstermin habe. Der Antragsgegner teilte ihr mit, dass die Wohnung zu groß und zu teuer sei und keine Kosten übernommen werden könnten.
Die Räumungsfrist wurde durch das Amtsgericht bis zum 31. Dezember 2023 verlängert.
Anfang Dezember 2023 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Erteilung einer Zusicherung für die Anmietung einer in der C-Straße in A-Stadt im ersten Obergeschoss gelegenen Mietwohnung, für welche ein Mietzins von 595,31 Euro, Nebenkostenvorauszahlungen 149,00 Euro und die Heizkosten 111,00 Euro zu zahlen wären. Die Zusicherung lehnte der Antragsgegner zunächst mit Bescheid vom 16. Dezember 2023 ab, mit Bescheid vom 19. Dezember 2023 erteilte der Antragsgegner für diese Wohnung dann doch eine Zusicherung.
Da die Wohnung in der C-Straße zwischenzeitlich nicht mehr verfügbar war, beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner am 14. Januar 2024 die Zusicherung der Aufwendungen für eine im D-Weg in A-Stadt gelegene 57qm große Wohnung mit einer monatlichen Kaltmiete von 643,00 Euro, Nebenkosten von 171,00 Euro ohne Heizkosten. Mit Bescheid vom 22. Januar 2024 lehnte der Antragsgegner die Zusicherung für die Wohnung im D-Weg mit der Begründung ab, die Miete sei nicht angemessen und könne daher seitens des Jobcenters nicht anerkannt werden.
Am 16. Februar 2024 beantragte die Antragstellerin über ihren Prozessbevollmächtigten nunmehr die Zusicherung der Aufwendungen für die ebenfalls in der C-Straße in A-Stadt gelegene Wohnung im vierten Obergeschoss. Die Grundmiete beträgt ausweislich des vorgelegten Mietvertrages 691,45 Euro, die Nebenkostenvorauszahlungen 149,00 Euro und die Heizkostenvorauszahlungen 111,00 Euro monatlich. Mit Bescheid vom 19. Februar 2024 lehnte der Antragsgegner den Antrag mit der Begründung ab, die Miete sei nicht angemessen und könne daher seitens des Jobcenters nicht anerkannt werden.
In der Verwaltungsakte befindet sich ein Berechnungsbogen zu den angemessenen Unterkunftskosten. Darin wird ausgeführt:
„Für die HG-Größe angemessen ist eine Wohnungsgröße von 35 m² - 50 m². Die Wohnungsgröße ist mit 58 m² eigentlich zu groß.
Für die HG-Größe ist eine Grundmiete in Höhe von 550,00 € angemessen. Die tatsächliche Grundmiete ist mit 691,45 € unangemessen.
Für die HG-Größe sind Betriebskosten in Höhe von 141,00 € (aufgerundet) angemessen. Die tatsächlichen Betriebskosten sind mit 149,00 € unangemessen.
Für die HG-Größe ist eine Bruttokaltmiete in Höhe von 691,00 € angemessen. Die tatsächliche Bruttokaltmiete ist mit 840,45 € unangemessen. Eine Zusicherung der begehrten Kosten kann grds. nicht erfolgen. Ggf. kommt im Rahmen der Einzelfallprüfung eine Übernahme der unangemessenen Unterkunftskosten in Betracht (vgl. Ausnahmen FRL).
Ergebnis: Die berücksichtigungsfähige Brutto...