Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitlicher Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen. Qualifikationsanforderungen im Vertragsarztrecht. Ausschluss von Fachärzten für Innere Medizin ohne Schwerpunktbezeichnung. Geltung auch für Belegärzte. keine Gestattung der Erbringung einzelner Leistungen durch die KV abweichend vom EBM 2005. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Gastroenterologische Leistungen nach Nrn 13400, 13402, 13421, 13422 und 13423 EBM 2005 dürfen zwar grundsätzlich auch von Fachärzten für Innere Medizin ohne Schwerpunkt berechnet werden, aufgrund der Einschränkung in der Präambel 13.1 Nr. 1 jedoch ausschließlich dann, wenn diese nicht an der hausärztlichen Versorgung gem § 73 Abs 1a SGB 5 teilnehmen.
2. Die sich aus dem Vertragsarztrecht ergebenden Beschränkungen gelten nach der Rechtsprechung des BSG auch für Belegärzte, weil die belegärztliche Tätigkeit die Fortsetzung der ambulanten ärztlichen Tätigkeit darstellt (vgl BSG vom 3.2.2000 - B 6 KA 53/99 B und vom 13.11.1996 - 6 RKa 31/95 = SozR 3-2500 § 87 Nr 14).
3. Die Kassenärztliche Vereinigung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen oder besonderen Sicherstellungsauftrages nach §§ 72 Abs 1, 75 Abs 1 SGB 5 befugt, abweichend vom EBM 2005 die Erbringung und Abrechnung einzelner Leistungen bei entsprechendem Versorgungsbedarf zu gestatten.
4. Das in Kap 13 EBM 2005 normierte Qualifikationserfordernis des Führens der Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie (Abschn 13.3.3 Nr 1, mit Ausnahme in Nr 2 aufgeführten Leistungen) bzw Pneumologie (Abschn 13.3.7) und der dadurch bewirkte Ausschluss der Internisten ohne die entsprechende Schwerpunktbezeichnung sind mit Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG vereinbar (vgl BSG vom 9.4.2008 - B 6 KA 40/07 R = SozR 4-2500 § 87 Nr 16).
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Klägerin, Leistungen nach Nrn. 13256 (Bestimmung der Blutgase und des Säure-Basen-Status), 13400, 13402, 13421, 13422, 13423 (gastroentorologische Leistungen) sowie 13661 EBM 2005 (Bestimmung des Säurebasenhaushaltes und Blutgasanalyse) ab dem Quartal IV/05 abzurechnen.
Die Klägerin ist seit dem 1. Oktober 1995 als Fachärztin für Innere Medizin ohne Schwerpunkt mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und nimmt seit 1. April 2005 ausschließlich an der hausärztlichen Versorgung teil. Sie versorgt als Belegärztin 5 Belegarztbetten in den A-Rot-Kreuz-Kliniken. Bereits bis zum 10. Februar 2003 nahm sie ausschließlich an der hausärztlichen Versorgung teil. In der Zeit vom 11. Februar 2003 bis 31. März 2005 nahm sie sowohl an der hausärztlichen als auch an der fachärztlichen Versorgung teil, nachdem ihr mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 11. Februar 2003 die Genehmigung zur Erbringung der Leistungen nach den Nrn. 721, 741, 760, 764, 765 und 768 EBM 1996 im Rahmen ihrer belegärztlichen Tätigkeit erteilt worden war. Den Antrag auf erneute Genehmigung für die Zeit über den 31. März 2005 hinaus lehnte der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 26. April 2005 ab, da die bedarfsgerechte fachärztliche Versorgung gewährleistet sei. Auf den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch hob der Berufungsausschuss mit Beschluss vom 2. November 2005 den Beschluss des Zulassungsausschusses auf und verwarf den Antrag der Klägerin auf Genehmigung zur gleichzeitigen Teilnahme an der haus- und fachärztlichen Versorgung gemäß § 73 Abs. 1a SGB V als unzulässig. Dies begründete er damit, dass die Klägerin im Rahmen ihres Fachgebiets berechtigt und verpflichtet sei, gegenüber ihren stationären Belegpatienten alle Leistungen zu erbringen, die zur sachgerechten angemessenen medizinischen Behandlung erforderlich seien. Die Heranziehung des § 73 Abs. 1a SGB V und Genehmigung von sogenannten KO-Leistungen für die belegärztliche Tätigkeit sei unzutreffend, da diese lediglich im Rahmen der hausärztlichen Tätigkeit niedergelassener Vertragsärzte in Betracht kämen.
Die Klägerin beantragte am 11. Oktober 2005 und 4. Dezember 2005, weiterhin fachärztliche Leistungen im Rahmen ihrer Belegarzttätigkeit erbringen und abrechnen zu dürfen. Im Rahmen ihrer Tätigkeit stellten sich immer wieder Patienten mit Störungen des Respirationstraktes und schweren Störungen des Herz-Kreislaufsystems vor. Für eine effektive Behandlung seien häufig Blutgasanalysen notwendig und somit die Erbringung von Leistungen nach Nr. 13256. Des Weiteren seien Visiten an Sonn- und Feiertagen notwendig. Mit Nr. 5 sei im EBM 1996 diese besondere Leistung honoriert worden. Eine entsprechende Ziffer fehle im EBM 2005. Außerdem erbringe sie im Rahmen ihrer belegärztlichen Tätigkeit endoskopische, gastroskopische sowie koloskopische Leistungen, die sie bisher nach Nrn. 721, 741, 760, 764, 765 und 768 EBM 1996 habe abrechnen können. Die Frage, ob sie zur hausärztlichen der fachärztlichen Versorgung zugelassen sei, habe auf die belegärztliche Tätigkeit und die Möglichkeiten der Abrechnung in diesem Rahmen erbrachter Leistungen keinen Einfluss...