Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ausschluss der Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe. Hauptsacheverfahren. Nichterreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes. keine Änderung der Rechtslage in Anbetracht der Änderung des § 172 Abs 3 Nr 1 SGG durch das SGB4ÄndG 3 vom 5.8.2010
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist im sozialgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache ein Rechtsmittel nicht gegeben ist (vgl LSG Darmstadt vom 6.7.2009 - L 9 B 274/08 AS).
2. Daran hat sich durch die Neuregelung des § 172 Abs 3 Nr 1 SGG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5.8.2010 (BGBl I 1127), in Kraft getreten am 11.8.2010, nichts geändert.
Der Senat sieht daher wie der 7. Senat des LSG Darmstadt (Beschluss vom 4.10.2010 - L 7 AS 436/10 B) keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, so dass in Hauptsacheverfahren die Beschwerde gegen eine die Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht ablehnende Entscheidung nach §§ 73a, 127 Abs 2 S 2 Halbs 2 ZPO nach wie vor ausgeschlossen ist, wenn der Wert des Streitgegenstandes der Hauptsache die Wertgrenze für die Zulässigkeit der Berufung nicht übersteigt.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 21. Februar 2011 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Die am 9. März 2011 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Beschwerde mit dem sinngemäßen Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 21. Februar 2011 aufzuheben und dem Kläger Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz zu bewilligen,
hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist nicht statthaft und damit unzulässig.
Nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne ist § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten nämlich die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe, mithin auch § 127 ZPO, entsprechend. Nach Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 dieser Vorschrift findet die Beschwerde gegen eine die Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht ablehnende Entscheidung nicht statt, wenn der Wert des Streitgegenstandes der Hauptsache die Wertgrenze für die Zulässigkeit der Berufung (§ 511 ZPO) nicht übersteigt. Dieser durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (Zivilprozessreformgesetz - BGBl. I 1887, 1896) mit Wirkung ab 1. Januar 2002 eingeführte begrenzte Ausschluss der Beschwerde ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Beschluss vom 6. Juli 2009 - L 9 B 274/08 AS - juris; ebenso Hess. LSG, Beschluss vom 8. Juli 2009 - L 6 AS 174/09 B - juris und Beschluss vom 13. Juli 2009 - L 7 AL 89/09 B -) von der Verweisung des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG mit umfasst.
Daran hat sich auch durch die Neuregelung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5. August 2010 (BGBl. I 1127), in Kraft getreten am 11. August 2010, nichts geändert. Danach ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre; dies gilt auch für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen dieser Verfahren. Nach der Gesetzesbegründung soll durch die Änderung verhindert werden, dass gegen die Ablehnung eines Antrages auf Prozesskostenhilfe im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes weitergehende Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen als in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren selbst (sogen. Konvergenzgedanke). Durch die Ergänzung in Abs. 3 Nr. 1 wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass in diesen Fällen auch die Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe ausgeschlossen ist, was in Rechtsprechung und Literatur bisher umstritten war (BT-Drucks. 17/1684, S. 16 f. zu Art. 6).
Eine weitergehende Regelungsabsicht kann der gesetzlichen Neuregelung nicht entnommen werden. Bestätigt wird diese Einschätzung dadurch, dass die Anregung des Bundesrats (vgl. BR-Drucksache 152/10, Beschluss S. 5 Nr. 9), den Ausschluss der Beschwerde zur Vorbeugung von Missverständnissen in Anlehnung an § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu präzisieren und auf alle PKH-Entscheidungen, also auch auf solche, die sich auf ein Klageverfahren beziehen, auszudehnen, trotz der von der Bundesregierung zugesagten Prüfung (vgl. BT-Drucks. 17/1684 S. 25 zu Nr. 9) nicht Gesetz geworden ist. Der Gesetzgeber hat also in Kenntnis der in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte auch für Hauptsacheverfahren umstrittenen Frage des Beschwerdeausschlusses bei Nichterreichen der Wertgrenze für die Zulässigke...