Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit bei Bezug einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
Orientierungssatz
1. Wie die Ermittlung der Höhe des Gewinns hat auch die Zuordnung des Gewinns zu der jeweiligen Person im Rahmen der Bestimmung des Arbeitseinkommens nach § 15 SGB 4 nach steuerrechtlichen Maßstäben zu erfolgen (vgl BSG vom 25.2.2004 - B 5 RJ 56/02 R = SozR 4-2400 § 15 Nr 1 sowie LSG Darmstadt vom 17.1.2012 - L 2 R 524/10 und vom 2.7.2013 - L 2 R 97/12).
2. Eine tatsächliche Ausübung der selbstständigen Tätigkeit durch den Versicherten ist nicht entscheidend, wenn die Einkünfte steuerrechtlich als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit behandelt werden (vgl BSG vom 7.10.2004 - B 13 RJ 13/04 R = BSGE 93, 226 = SozR 4-2400 § 15 Nr 2).
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 12. November 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die zuerkannte Rente wegen voller Erwerbsminderung auch im Zeitraum vom 1. Juni 2009 bis 30. Juni 2012 auszuzahlen.
Die Beklagte bewilligte dem 1955 geborenen Kläger mit Bescheid vom 25. Juli 2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juni 2009. Die Anspruchsvoraussetzungen seien seit 7. November 2008 erfüllt. Unter Berücksichtigung der individuellen Hinzuverdienstgrenzen stehe dem Kläger die Rente für die Zeit ab 1. Juni 2009 nicht zu. Die Rente sei ab 1. Juni 2009 nicht zu zahlen.
Hiergegen richtete sich der Kläger mit Widerspruch, mit dem er geltend machte, seit Anfang 2006 sei es ihm gesundheitlich sehr schlecht gegangen und er sei seiner Arbeit seitdem nicht mehr richtig nachgegangen. Er könne maximal 30 bis 45 Minuten am Tag arbeiten. Alle Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb seien seiner Frau und seinen Kindern zuzuschreiben. Sein Sohn sei gelernter Bäcker und habe seine Tätigkeit neben seinem normalen Beruf in der Bäckerei übernommen und seine Tochter habe ebenfalls neben ihrem Beruf mit seiner Frau zusammen den Verkauf der Waren aufrechterhalten. Er habe mit seiner Arbeitskraft den Gewinn aus der gewerblichen Tätigkeit nicht erwirtschaftet. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 14. Februar 2012 zurück. Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werde nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde (§ 96 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch VI - SGB VI). Aufgrund der Einkünfte des Klägers aus einem selbständigen Gewerbebetrieb sei zu prüfen, ob das hierbei erzielte Einkommen die individuellen Hinzuverdienstgrenzen übersteige. Nach § 15 SGB IV sei Arbeitseinkommen der nach den Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Dabei sei unerheblich, ob eine selbständige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt werde. Für die Berücksichtigung von Arbeitseinkommen reiche es aus, dass es einkommenssteuerrechtlich als Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb bewertet werde. Der steuerrechtliche Gewinn des Klägers sei in den Einkommenssteuerbescheiden ausgewiesen. Aus den Bescheiden der Jahre 2008 und 2009 gehe hervor, dass die Finanzbehörde die Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb dem Kläger zugeordnet habe und nicht seiner Ehefrau. Ab dem 1. Juni 2009 bestehe damit wegen Überschreitens sämtlicher Hinzuverdienstgrenzen kein zahlbarer Rentenanspruch des Klägers.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 8. März 2012 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt. Der Kläger vertrat weiterhin die Auffassung, dass der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb nicht ihm zuzurechnen sei, da er im Betrieb nicht mehr mitgearbeitet habe. Er legte seine Steuerbescheide für den Zeitraum von 2008 bis 2010 vor.
Nachdem der Kläger sein Gewerbe zum 30. Juni 2012 abgemeldet hatte, gewährte ihm die Beklagte ab 1. Juli 2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Beklagte bezog sich für ihre Rechtsauffassung auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. Oktober 2004 (B 13 RJ 13/04 R). Danach komme es auf die tatsächliche Ausübung der selbständigen Tätigkeit durch den Versicherten nicht an. Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit seien dann als anrechenbarer Hinzuverdienst bei der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu bewerten, wenn diese steuerrechtlich als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit behandelt worden seien. Der Kläger habe seinen Betrieb erst mit der Gewerbeabmeldung zum 30. Juni 2012 aufgegeben. Bis zu diesem Zeitpunkt seien ihm somit die steuerrechtlich festgestellten Gewinneinkünfte aus der selbständigen Tätigkeit anzurechnen.
Mit Urteil vom 12. November 2015 wies das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts die Klage ab.
Mit seiner am 8. März 2016 eingelegten Berufung richtet sich der Kläger gegen das ihm am 11. Februar 2016 zugestellte Urteil. Er wiederholt im Wesentlichen seinen ...