Entscheidungsstichwort (Thema)
Honorarabzug wegen verspäteter Einreichung von Honorarabrechnungen
Orientierungssatz
1. Regelungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) mit den Landesverbänden der Krankenkassen zu Fragen der verspäteten Abrechnungsabgabe des Vertragsarztes, der Abgeltung des Verwaltungsaufwandes bei Fristversäumnis und des Verlustes des Abrechnungsanspruchs stellen eine rechtmäßige Berufsausübungsregelung i. S. von Art. 12 Abs. 1 S 2 GG dar. Die Honorierung der in einem Quartal erbrachten Leistungen hat möglichst aus dem für dieses Quartal zur Verfügung stehenden Gesamtvolumen zu erfolgen, vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2007 - B 6 KA 29/06 R.
2. Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vertragspartner die Regelung von Abrechnungsrichtlinien in die Kompetenz der KV allein überweisen.
3. Die Erhebung einer Abgabe bei verspäteter Abrechnung des Vertragsarztes ist zulässig. Sie dient dazu, die durch die Bearbeitung verspätet abgegebener Abrechnungen entstehenden zusätzlichen Verwaltungskosten zu decken, vgl BSG, a. a. O.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 8. September 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits auch für das Berufungsverfahren zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Honorarabzugs in Höhe von 700,00 Euro wegen verspäteter Einreichung der Abrechnung für das Quartal I/09.
Der Kläger ist als Facharzt für Anästhesiologie mit Praxissitz in BN-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 22. Juni 2009 einen Honorarabzug in Höhe von 700,00 Euro für das Quartal I/09 fest. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe seine Abrechnung für das Quartal I/09 erst am 28. April 2009 eingereicht, ohne dass ihm eine Genehmigung für eine Fristverlängerung vorgelegen habe. Abgabe sei bekanntermaßen der 10. des jeweils ersten Monats des Folgequartals. Durch die Osterfeiertage hätte die Abrechnung bis zum 14. April 2009 ohne Fristverlängerung eingereicht werden können. Gemäß § 3 der Abrechnungsrichtlinien erhebe sie für Abrechnungen, die ohne hinreichende Begründung verspätet oder unvollständig eingereicht würden, für jeden Tag der Fristüberschreitung einen Betrag in Höhe von 50,00 Euro zur Deckung der zusätzlichen Verwaltungskosten. Die Überschreitung betrage 14 Tage.
Hiergegen legte der Kläger am 10. Juli 2009 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, § 3 der Abrechnungsrichtlinien habe keine Rechtsgrundlage bzw. der einbehaltene Betrag von 700,00 Euro sei unangemessen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2010 den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, ihre Vertreterversammlung habe am 25. Oktober 2008 mit Wirkung zum Quartal IV/08 die Abrechnungsrichtlinien beschlossen. Nach § 3 Ziffern 1 und 2 der Abrechnungsrichtlinien seien die Abrechnungsunterlagen vollständig und spätestens 10 Tage nach Ende des Abrechnungsquartals bei ihr einzureichen. Für Abrechnungen, die ohne hinreichende Begründung verspätet oder unvollständig eingereicht worden seien, würden zur Deckung der hiermit verbundenen zusätzlichen Verwaltungskosten über den allgemeinen Verwaltungskostensatz hinaus für jeden Tag der Fristüberschreitung 50,00 Euro erhoben. Dieser Abzug werde jedoch auf maximal 2.500,00 Euro bzw. höchstens 10 % des gesamten abgerechneten Nettohonorars begrenzt. Hierüber habe sie im info.doc 2008 Nr. 6 (Dezember 2008) informiert, ebenso auf ihrer Homepage. Der Kläger habe einen Antrag auf Fristverlängerung nicht gestellt. Er habe die festgesetzte Frist um 14 Tage überschritten. Die Verwaltungskostenbeiträge stellten eine pauschale Vergütung für die finanziellen Aufwendungen zur Durchführung der der KV gesetzlich zugewiesenen Aufgaben dar. Die Art und Höhe der Beiträge und Gebühren beschließe die Vertreterversammlung. Die vorgeschriebenen 50,00 Euro pro Tag der Fristüberschreitung deckten die Aufwendungen an zusätzlichen Personal- und Sachkosten ab, die über die regulär anfallenden Verwaltungskosten hinausgingen und durch die Überschreitung der Frist zur Einreichung der Abrechnungsunterlagen entstanden seien. Es bestehe kein Anspruch auf Bearbeitung im laufenden Abrechnungsverfahren. Würden die verspäteten Unterlagen ungeachtet dessen in der aktuellen Abrechnung bearbeitet werden, so entstehe ein vermehrter Verwaltungsaufwand, etwa weil in bereits laufende Computerprogramme eingegriffen werden müsse oder weil Teile der Unterlagen manuell bearbeitet werden müssten. Es handele sich um eine Pauschale, da eine Berechnung des Aufwands im Einzelnen wiederum einen hohen Verwaltungsaufwand bedeuten würde. Die Höchstgrenze sei eingehalten worden. Das Nettohonorar des Klägers habe 30.099,80 Euro betragen. Ein verschuldensunabhängiges Versäumnis habe der Kläger nicht dargelegt.
Hiergegen hat der Kläger am 31. März 2010 die Klage beim Sozialgericht Marburg erhoben und auf seine Widerspruchsbegründung Bezug genomme...