Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Arbeitslosengeldes. Leistungsentgelt. gewöhnlich anfallende gesetzliche Abzüge. pauschalierter Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den pauschalierten Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen und die fehlende Berücksichtigung individueller Begünstigungen (hier: Befreiung von der Krankenversicherungspflicht.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Berücksichtigung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei der Bemessung seines Arbeitslosengeldes (Alg).
Der 1941 geborene Kläger meldete sich am 28.06.2004 zum 01.11.2004 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Gleichzeitig reichte er eine Bestätigung der AOK Hessen ein, wonach er ab dem 01.11.2004 von der Krankenversicherungspflicht befreit war.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18.01.2005 Arbeitslosengeld ab dem 01.11.2004 in Höhe von 350,07 Euro wöchentlich. Gegen die Bewilligungsentscheidung legte der Kläger Widerspruch ein, weil das Leistungsentgelt unter Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung ermittelt worden sei, obwohl er nicht Mitglied einer Krankenkasse sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass das Arbeitslosengeld gem. § 129 SGB III 60% des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt) betrage (allgemeiner Leistungssatz). Das Leistungsentgelt ergebe sich aus dem im Bemessungszeitraum erzielten Bruttoentgelt (Bemessungsentgelt). Leistungsentgelt sei das um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt. Entgeltabzüge seien Steuern, die Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung sowie die sonstigen gewöhnlich anfallenden Abzüge, die zu Beginn des Kalenderjahres maßgeblich seien (§ 136 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung). Der Bemessungszeitraum umfasse die Entgeltzeiträume vom 01.11.2003 bis 31.10.2004. In diesem Zeitraum sei in 52 Wochen ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt von insgesamt 61.309,80 Euro erzielt worden. Hieraus ergebe sich ein durchschnittliches wöchentliches Entgelt (Bemessungsentgelt) von 1.179,03 Euro (§ 132 Abs. 3 SGB III). Entsprechend den Eintragungen in der Steuerkarte bestehe ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem allgemeinen Leistungssatz in der Leistungsgruppe A in Höhe von wöchentlich 350,07 Euro (§§ 128, 137 SGB III in Verbindung mit der nach § 151 Nr. 2 SGB III ergangenen Leistungsentgeltverordnung). Die Höhe des Arbeitslosengeldes richte sich also nach einem pauschalierten und nicht nach dem tatsächlich erzielten Nettoarbeitsentgelt. Daher blieben die individuellen Sozialversicherungsbeiträge (z. B. Beitragssatz der Krankenversicherung) und Steuerverhältnisse (z. B. Steuerfreibeträge, Kirchensteuerfreiheit) außer Betracht.
Hiergegen hat der Kläger am 06.03.2006 Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Er hat vorgetragen, die Sozialversicherungspauschale von 21% habe zumindest auf die Beiträge zur Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung mit 13% und dann die restlichen 8% für die Krankenversicherung aufgeteilt werden müssen. Der Abzug der Krankenversicherungsbeiträge stelle eine Zweckentfremdung dar. Der Kläger hat beantragt, den Bescheid vom 18.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2006 aufzuheben bzw. abzuändern und festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge zu zahlen, da er nicht in einer solchen Versicherung angemeldet ist, sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm aus diesem Grund noch 6.837,10 Euro auszuzahlen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2011 abgewiesen. Der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag sei unzulässig, weil es dem Kläger hierfür an dem nach § 55 SGG erforderlichen berechtigten Interesse an der baldigen Feststellung fehle. Die Beteiligten seien sich darüber einig, dass der Kläger nicht verpflichtet sei, Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge zu zahlen, weshalb die Beklagte während des Leistungsbezugs des Klägers auch keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung abgeführt habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Das Gericht hat auf die Begründung im Widerspruchsbescheid verwiesen (§ 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend hat es ausgeführt, dass die vom Kläger in seiner Klagebegründung in Bezug genommene “Sozialversicherungspauschale von 21%" Bestandteil der erst am 01.01.2005 in Kraft getretenen Regelung über das Leistungsentgelt in § 133 SGB III neue...