Entscheidungsstichwort (Thema)

SGB IV

 

Leitsatz (amtlich)

Der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SvEV beitragsfrei zu stellende Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld entspricht dem von dem Arbeitgeber gemäß § 14 MuSchG tatsächlich zu gewährenden Zuschussbetrag. Ein Abzug der von den Arbeitnehmerinnen zu entrichtenden Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung (abzüglich der von dem Arbeitgeber zu leistenden Zuschüsse hierzu) findet weder im Rahmen des § 14 MuSchG bei der Ermittlung des Vergleichs-Nettoarbeitsentgelts noch im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SvEV statt.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. September 2019 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 1. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2014 wird insoweit aufgehoben, als dort Beitragsnachforderungen über einen Betrag in Höhe von 17.878,87 Euro hinaus festgesetzt wurden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, wobei eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen nicht stattfindet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten sind eine Beitragsnachforderung in Höhe von 1.076,14 € und in diesem Zusammenhang die Berechnungsmodalitäten des beitragsfrei gestellten Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld streitig.

Die Beklagte führte im Zeitraum vom 18. März bis 2. Juni 2014 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 durch. Mit Bescheid vom 1. August 2014 machte sie eine Nachforderung in Höhe von 18.955,01 € geltend. Ein Teil dieser Forderung in Höhe von 1.076,14 €, der vorliegend allein streitgegenständlich ist, betraf die Nachentrichtung von Beiträgen zu arbeitgeberseitigen Leistungen während des Bezuges von Mutterschaftsgeld durch die Beigeladenen zu 1 bis 18, die im betroffenen Zeitraum jeweils entweder freiwillig gesetzlich oder privat krankenversichert waren. Die streitgegenständlichen Forderungen resultierten ausweislich des Bescheides der Beklagten daraus, dass die Klägerin die steuer- und beitragsfrei gestellten arbeitgeberseitigen Leistungen zum Mutterschaftsgeld für die Beigeladenen fehlerhaft berechnet und insofern Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten habe. Arbeitgeberseitige Leistungen bzw. Zuschüsse, die für die Zeit des Bezuges von Sozialleistungen gezahlt würden, seien Arbeitsentgelt und unterlägen damit grundsätzlich der Beitragspflicht (beitragspflichtige Einnahmen). Nach § 23c Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) (in den jeweils im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassungen - im Weiteren: a.F.) seien Leistungen/Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld, die nach § 14 Mutterschutzgesetz (MuSchG - ebenfalls in der im streitgegenständlichen Zeitraum anwendbaren Fassung - a.F.) gezahlt würden, dem (beitragspflichtigen) Arbeitsentgelt jedoch nicht zuzurechnen. Eine beitragsmäßige Berücksichtigung von arbeitgeberseitigen Leistungen/Zuschüssen komme gemäß § 23c Abs. 1 Satz 1 SG IV nur in den Fällen in Betracht, in denen der (zutreffend ermittelte) beitragsfrei gestellte Zuschussbetrag bei einer auf den Monat bezogenen Betrachtungsweise um mehr als 50,00 € (sog. Freigrenze) überschritten werde. Ein solcher Fall sei aufgrund des von der Klägerin fehlerhaft zu hoch bestimmten und in dieser Höhe den Beigeladenen zu 1 bis 18 gewährten Arbeitgeberzuschusses gegeben.

Gemäß § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MuSchG a.F. erhielten Frauen, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs. 2, 3 MuSchG a.F. hätten, während ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses für die Zeit der Schutzfristen (§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG a.F.) sowie für den Entbindungstag von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen 13,00 € und dem durchschnittlichen kalendertäglichen Nettoarbeitsentgelt (= Vergleichs-Nettoarbeitsentgelt) der letzten drei Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist. Die Ermittlung des Nettoarbeitsentgelts erfolge nach den Erläuterungen zu Ziffer 2.2 der bundeseinheitlichen Entgeltbescheinigung zur Berechnung Krankengeld/ Versorgungskrankengeld/ Verletztengeld (in der jeweils gültigen Fassung). Als Nettoarbeitsentgelt sei hierbei - vereinfacht - das um die gesetzlichen Abzüge verminderte Bruttoarbeitsentgelt zu betrachten, wobei bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung und bei privat Krankenversicherten auch die Beiträge der Arbeitnehmer zur Kranken- und Pflegeversicherung, vermindert um den Beitragszuschuss des Arbeitgebers hierzu, vom Bruttoarbeitsentgelt abzuziehen seien. Letzteres habe die Klägerin bei der Berechnung des Vergleichs-Nettoarbeitsentgelts für die Beigeladenen zu 1 bis 18 unterlassen mit der Folge, dass sie jeweils von einem zu hohen Zuschuss ausgegangen sei. Soweit der danach geleistete Zuschussbetrag darum den beitragsfrei gestellten Freibetrag übersteige, seien Sozialversicherungsbeiträge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge