Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Zurückverweisung an die Verwaltung durch das Sozialgericht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erfolgt durch das Sozialgericht gem. § 131 Abs. 5 SGG eine Zurückverweisung an die Verwaltung, ist der Rechtstreit durch die 2. Instanz analog § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG an das Sozialgericht zurückzuverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 SGG nicht vorliegen.

2. Die Anwendung des § 131 Abs. 5 SGG führt auch im Fall kombinierter Anfechtungs- und Leistungsklagen zu einer Reduktion des Streitgegenstands auf den Anfechtungsteil des Antrags.

 

Orientierungssatz

1. Unter den Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen.

2. Hat das Sozialgericht in der vorausgegangenen Entscheidung die Sache an die Verwaltung nach § 159 Abs. 5 SGG zurückverwiesen, jedoch keine Entscheidung über das eigentliche Begehren des Klägers getroffen, so setzt eine solche gerichtliche Entscheidung voraus, dass weitere Ermittlungen durch die Beklagte im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung noch erforderlich waren.

3. Wenn das Sozialgericht der Meinung ist, dass für eine Entscheidung weitere Ermittlungen erforderlich sind, so ist es gemäß § 103 SGG verpflichtet, von Amts wegen zu ermitteln und gfs. bestehende Vermittlungsdefizite zu beseitigen.

4. Hat der Unfallversicherungsträger beim Verfahren zur Anerkennung einer geltend gemachten Berufskrankheit bei Erlass des angefochtenen Widerspruchsbescheides alle erforderlichen Ermittlungen durchgeführt, so ist die Verweisungsentscheidung des Sozialgerichts aufzuheben und der Rechtstreit zur Entscheidung über den Klageantrag an das Sozialgericht zurückzuverweisen.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Februar 2018 aufgehoben und der Rechtsstreit an das Sozialgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen.

II. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt am Main vorbehalten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten sich über die Verschlimmerung der Schwerhörigkeit des Klägers als Folge der anerkannten Berufskrankheit Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BK 2301) und die Gewährung einer Rente.

Der 1956 geborene Kläger ist seit dem 22. August 1994 bei der C. AG tätig. In der Zeit vom 22. August 1994 bis zum 30. April 2002 arbeitete er als Gepäckabfertiger im Bereich Gepäckdienst/Flugzeugabfertigung und war für das Be- und Entladen von Gepäck zuständig. Seit dem 1. Mai 2002 arbeitete er als Gepäckmeister nur noch im Gepäckdienst. Zuvor war er als Werkzeugmacher mehr als 20 Jahre bei der Firma D. Formenbau tätig.

Am 10. Februar 2016 zeigte die Arbeitgeberin des Klägers der Beklagten den Verdacht des Vorliegens der BK 2301 an. Die Beklagte leitete Ermittlungen ein und befragte u.a. den Kläger, seine Arbeitgeberin und den Hausarzt des Klägers. In einem Formular teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er bei der Firma D. 30 Stunden pro Woche als Dreher und Fräser zu 100% in geschlossenen Räumen gearbeitet habe. Bei der C. AG arbeite er 35 Stunden in der Woche auf dem Vorfeld, wobei er sich zu 30% in geschlossenen Räumen und zu 70% im Freien aufhalte. In einem von Frau E. (Mitarbeiterin der Arbeitgeberin aus dem Personalbereich) ausgefüllten Formular wurde u.a. mitgeteilt, dass der Kläger als Gepäckmeister Führungskraft sei, zu 80% in geschlossenen Räumen und zu 20% im Freien arbeite und als Maschinen eine Gepäckförderanlage an 4 Stunden pro Arbeitsschicht an 16 Stunden pro Woche an ca. 4 bis 5 Tagen pro Monat genutzt werde. Es sei nicht bekannt, dass der Kläger Lärmeinwirkungen ausgesetzt sei. Als Schutzmaßnahme werde ein Gehörschutz genutzt.

In einer internen Stellungnahme des Bereichs Prävention der Beklagten zur Arbeitsplatzexposition, die unter Berücksichtigung des Akteninhalts und nach Gesprächen mit Frau E., Herrn F. (Sicherheitsfachkraft der C. AG) und dem Kläger am 23. Mai 2016 erstellt wurde, wurde ausgeführt, dass die Tätigkeit des Klägers bis zum 30. April 2002 die Aufgaben Gepäck sortieren und auf das Ankunftsband auflegen, Gepäck dem Ladeservice übergeben, Gepäck auf Position bereitstellen, Gepäck sortieren, Gepäckstücke aus GFA nehmen, Handling des Sperrgepäcks, Interlinegepäck sortieren und codieren, Ladeinfo aus Infosystem beschaffen, Leergut bereitstellen und abräumen, Rücklaufgepäck bearbeiten, Störungen an Einsatzleiter weiterleiten, Wagen und Container mit Gepäck beladen umfasst habe. Die Tätigkeiten hätten zu ca. 50% auf Abfertigungspositionen und zu 50% in geschlossenen Räumen stattgefunden. Der Tagesexpositionspegel überschreite die obere Auslöseschwelle der Lärm- und Vibrationsschutzverordnung von 85 dB(A). Seit dem 1. Mai 2002 umfasse die Tätigkeit des Klägers die Beobachtung und Steuerung der zuvor genannten Aufgaben mit den dabei anfallenden Führungsaufgaben und administrativen Aufgaben. Die Tät...

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