Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Übernahme der Kosten für die Versorgung mit Essen auf Rädern. Notwendigkeit des Nachweises tatsächlicher Aufwendungen bei der nachträglichen Geltendmachung von Ansprüchen zur Essensversorgung. Bestellung eines besonderen Vertreters bei partieller Prozessunfähigkeit
Orientierungssatz
1. Die nachträgliche Übernahme der Kosten für die Versorgung mit “Essen auf Rädern„ durch den Sozialhilfeträger scheidet schon dann aus, wenn der Hilfebedürftige den Nachweis schuldig bleibt, dass er die Leistungen zur Essensversorgung im streitgegenständlichen Zeitraum überhaupt beschafft hat und ihm damit Kosten beziehungsweise offene Verbindlichkeiten aus der Belieferung entstanden sind.
2. Einzelfall zur Bestellung eines besonderen Vertreters bei partieller Prozessunfähigkeit wegen einer paranoiden Persönlichkeitsstörung.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 27. März 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf einen Zuschuss in Höhe von 2,30 Euro kalendertäglich für "Essen auf Rädern" nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - SGB XII im Zeitraum vom 12. Juli 2007 bis 26. September 2009.
Der Kläger bezieht laufende Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Am 12. Juli 2007 beantragte er einen Zuschuss für die Möglichkeit, Essen auf Rädern in Anspruch zu nehmen. Zur Begründung legte er eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises sowie ein Attest seines Hausarztes Dr. D. vom 5. Juli 2007 vor. Hierin bestätigt der Facharzt für Allgemeinmedizin, dass die deutschen Leitlinien zur arteriellen Hypotonie eine Natriumreduktion als wichtige nicht-medikamentöse Maßnahme zur Besserung des Blutdruckes enthielten.
Mit Bescheid vom 2. August 2007 lehnte der Beklagten den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Hiergegen legte der Kläger am 13. August 2007 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, er beziehe eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer und zähle zu dem Personenkreis schwerbehinderter Menschen mit erheblicher Geh- und Stehbehinderung nach dem SGB IX. Aus dem ohnehin zu niedrig bemessenen Regelsatz sei er nicht in der Lage, die Kosten in Höhe von 5,00 Euro täglich für das Essen auf Rädern aufzubringen. Es sei zu berücksichtigen, dass er auch wegen seiner weiteren Erkrankungen (Diabetes mellitus und Hypotonie) aus medizinischer Sicht natriumverminderte Diabeteskost benötige. Ihn allein infolge einer noch nicht erreichten Altersgrenze von der beantragten Leistung ausschließen zu wollen, sei rechtsmissbräuchlich.
Am 22. November 2007 hat der Kläger Untätigkeitsklage, gerichtet auf die Bescheidung seines Widerspruchs zum Sozialgericht Gießen erhoben (Az.: S 18 SO 245/07).
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, Essen auf Rädern stelle eine Dienstleistung dar, die ihren Bezieher das Beschaffen und Zubereiten einer warmen Mahlzeit abnehme. Einen Anspruch auf einen Zuschuss zum Bezug dieser Dienstleistung könne bei Vorliegen sonstiger Voraussetzungen nur dann bestehen, wenn es dem Antragsteller nicht möglich oder zumutbar sei, seine Nahrung selbst zu beschaffen und zuzubereiten. Der Kläger habe jedoch nicht nachgewiesen, dass ihm dies nicht möglich sei. Er habe auf den bei ihm festgestellten Grad der Behinderung mit Merkzeichen "G" hingewiesen, daraus folge jedoch nicht, dass ihm eine eigenständige Zubereitung von Mahlzeiten unmöglich oder unzumutbar sei. Soweit der Kläger auf den Bedarf an einer besonderen Kostform aus medizinischen Gründen verweise, sei diese Kostform nicht an die Zubereitung der Mahlzeiten durch einen Anbieter von "Essen auf Rädern" gebunden. Daher könne auch aus diesem Bedarf an einer besonderen Kostform kein Anspruch auf einen Zuschuss für den Bezug von Essen auf Rädern bestehen. Die Bewilligung einer Leistung für Essen auf Rädern erfolge im Allgemeinen im Rahmen der Altenhilfe nach § 71 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII. Der Kläger sei jedoch nach diesen Vorschriften nicht anspruchsberechtigt. Er sei zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids erst 49 Jahre alt. Die Gewährung von Altenhilfe setze nicht zwangsläufig die Vollendung des 65. Lebensjahres voraus, sondern könne in begründeten Fällen auch schon ab dem 60. Lebensjahr einsetzen. Diese Altersgrenze habe der Kläger jedoch nicht erreicht.
Am 9. Januar 2008 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Gießen (Az.: S 20 SO 9/08) erhoben. Mit Beschluss vom12. Februar 2008 hat das Sozialgericht die Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verbunden.
Der Kläger hat vorgetragen, es komme ihm im Wesentlichen darauf an, sich entsprechend der bei ihm ...