0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 67f wurde durch Art. 8d des Gesetzes zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes sowie weiterer Vorschriften zur Digitalisierung der Verwaltung (OZG-Änderungsgesetz – OZGÄndG) v. 19.7.2024 (BGBl. I Nr. 245) mit Wirkung zum 24.7.2024 neu eingefügt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die neue Vorschrift § 67f wurde eingefügt mit dem Ziel, den Prozess der Entwicklung nutzerfreundlicher digitaler Services durch Modernisierung der Verwaltung zu fördern. § 67f ist eine eigenständige datenschutzrechtliche Regelung im Bereich des Sozialdatenschutzes für die Sozialverwaltung i. S. v. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO zum Zwecke der Verarbeitung von Sozialdaten nach dem Once-Only-Prinzip (Grundsatz der einmaligen Datenerfassung).
Sie entspricht damit dem neuen § 5 EGovG, der mangels Anwendbarkeit des EGovG für den Sozialdatenschutz im Sozialgesetzbuch keine Rechtsgrundlage darstellt. Nach dem Grundsatz der einmaligen Datenerfassung sollen die für die Verwaltungsleistungen erforderlichen Nachweise seitens der betroffenen Person nur noch einmal übermittelt werden müssen; im Gegenzug sollen Behörden die vorhandenen Daten auf Veranlassung der betroffenen Person einfach und sicher austauschen können.
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Abs. 1 Satz 1 bestimmt die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Erhebung von Sozialdaten im Rahmen eines elektronischen Verwaltungsverfahrens zur Nachweiserbringung. In Abs. 1 Satz 2, 3 und 4 werden die normbestimmenden Begriffe definiert.
Abs. 2 enthält die datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage für den Abruf der Nachweise.
Abs. 3 regelt die Befugnis der nachweisanfordernden Stelle zur Übermittlung der Identifikationsnummer nach § 1 IDNrG.
Abs. 4 stellt die Vorschaufunktion sicher, die der betroffenen Person ermöglichen soll, die automatisiert abgerufenen Nachweise vor deren Verwendung einzusehen und zu entscheiden, ob sie mit der Verwendung des Nachweises einverstanden ist.
In Abs. 5 wird die Verantwortung für die Zulässigkeit der Nachweiserhebung und des Nachweisabrufs nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der nachweisanfordernden Stelle zugewiesen.
2.1 Zulässigkeit der Nachweiserbringung (Abs. 1)
Rz. 4
Der Anwendungsbereich des § 67f ist nur eröffnet, wenn auch ein elektronisches Verwaltungsverfahren durchgeführt wird. Unerheblich ist, ob es sich um ein antragsgebundenes oder antragsloses Verwaltungsverfahren handelt.
Unter den Begriff "elektronische Durchführung eines Verwaltungsverfahrens" ist nicht die Kommunikation zwischen der betroffenen Person und der Behörde mittels E-Mail umfasst. Vielmehr ist die Nutzung eines Onlinedienstes gemeint, z. B. über ein Verwaltungsportal. In den Anwendungsbereich fallen auch hybride Verfahren, d. h. Verfahren, bei dem auch andere Beweismittel erforderlich sind, die nicht elektronisch erbracht werden können.
2.1.1 Wahlmöglichkeiten der betroffenen Person
Rz. 5
Die betroffene Person hat die Möglichkeit
- einen behördenseitigen, elektronischen, automatisierten Nachweisabruf zu veranlassen (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) oder
- den jeweiligen Nachweis selbst elektronisch einzureichen (Abs. 1 Satz 1 Nr. 2).
2.1.2 Nachweise
Rz. 6
Nachweise sind gemäß § 67f Abs. 1 Satz 2 Unterlagen und Daten jeder Art unabhängig vom verwendeten Medium, die zur Ermittlung des Sachverhalts geeignet sind. Damit sind Sozialdaten i. S. d. § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB X und ihnen gleichgestellte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse i. S. d. § 35 Abs. 4 SGB I, § 67 Abs. 2 Satz 2 SGB X gemeint.
Im Falle der Veranlassung des Abrufs i. S. v. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 müssen die Nachweise der Verwaltung bereits vorliegen, damit sie direkt bei der ausstellenden Behörde abgerufen werden können. Des Weiteren muss der erforderliche Nachweis ohne zeitlichen Verzug automatisiert abgerufen werden können.
Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Nachweisbegriff selbst in Anlehnung an die Definition in Art. 3 Nr. 5 der Verordnung (EU) 2018/1724 vom 2. Oktober 2018 über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors zu Informationen, Verfahren, Hilfs- und Problemlösungsdiensten und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 (ABl. L 295 v. 21.11.2018, S. 1) weit gefasst (vgl. BT-Drs. 20/10417 S. 35).
Synchrones Abrufverfahren
§ 67f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bezieht sich nur auf bereits vorliegende elektronische Nachweise, die innerhalb kürzester Zeit automatisiert abgerufen werden können. Abzugrenzen ist dies von einem asynchronen Abrufverfahren, welches eine menschliche Interaktion erforderlich macht. Dann besteht für die Behörde keine Verpflichtung, eine Abrufmöglichkeit zu eröffnen.
2.1.3 Nachweisanfordernde Stelle
Rz. 7
Nachweisanfordernde Stelle kann die für die Entscheidung zuständige Behörde oder eine andere öffentliche Stelle sein, die dafür zuständig ist, Nachweise einzuholen und an die für die Entscheidung zuständige Behörde weiterzuleiten (§ 67f Abs. 1 Satz 3).
Andere öffentliche Stelle
Andere öffentliche Stellen können Stellen sein, die für eine Portallösung oder einen "Einer für Alle"-Onlinedienst (EfA-Onlinedienst) zuständig sind (vgl. BT-Drs. 20/10417 S. 36).
2.1.4 Nachweisliefernde Stelle
Rz. 8
Nachweisliefernde Stelle ist diejenige öffentliche Stelle, die dafür zuständig ist, den Nachweis auszustellen (§ 67f Abs. 1...