Rz. 16
Das Leistungsspektrum der Krankenkasse umfasst u. a. die Krankenbehandlung (§§ 27 ff. SGB V) und die Rehabilitationsleistungen. Die Rentenversicherungsträger dagegen kennen keine Krankenbehandlung. Dafür sind sie gemäß § 40 Abs. 4 SGB V bei medizinischen Rehabilitationsleistungen i. S. d. § 15 SGB VI vorrangig vor den Leistungen der Krankenversicherung. Zwischen den Krankenkassen und den Rentenversicherungsträgern stellt sich somit die Frage, wer an der Schnittstelle zwischen Krankenbehandlung und medizinischer Rehabilitation zuständig ist.
Zur Abgrenzung der Leistungspflicht zwischen der Kranken- und Rentenversicherung regelt § 13 Abs. 2 Satz 1 ausdrücklich, dass der Rentenversicherungsträger nicht in der Phase der akuten Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit leisten soll. Das bedeutet, dass der Rentenversicherungsträger erst ab dem Zeitpunkt leistungspflichtig wird, wenn im Genesungsprozess die notwendigen Elemente der Krankenbehandlung gegenüber denen der Rehabilitation in den Hintergrund treten (vgl. hierzu Rz. 17 und Rz. 18).
Die Kosten für Krankenhausbehandlung und die Kosten der ärztlichen Behandlung außerhalb der Rehabilitationseinrichtung werden – auch bei interkurrenten Erkrankungen (Rz. 33 ff.) – in keinem Fall von der Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers erfasst, es sei denn, die Behandlung tritt während der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein (vgl. auch BSG, Urteil v. 13.9.2011, B 1 KR 25/10 R); das gilt auch dann, wenn der Betreffende nicht krankenversichert ist und die Akutbehandlung notwendig ist, um später eine erfolgreiche Rehabilitation/Teilhabe durchführen zu können.
Rz. 17
Die entscheidende Frage ist, ob eine Leistung der Akutbehandlung (= Zuständigkeit der Krankenversicherung nach §§ 27 ff. SGB V) oder bereits einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation i. S. d. § 15 SGB VI zuzuordnen ist. Hierzu hat das BSG mit Urteilen v. 15.2.1978 (3 RK 26/77, 3 RK 29/77 und 3 RK 30/77) Stellung bezogen. Danach spricht die Leistung für eine Krankenhausbehandlung i. S. d. § 39 SGB V, wenn
- der Arzt im Wesentlichen aktiv und fortdauernd (i. d. R. äußerlich) auf den Patienten einwirkt und
- diese ärztliche Einwirkung unter Zuhilfenahme der technischen Apparaturen des Krankenhauses und unter ständiger Assistenz, Betreuung und Beobachtung fachlich geschulten Personals erfolgt und
- diese Einwirkung regelmäßig darauf ausgerichtet ist, die Krankheit zu bekämpfen und entweder ausschließlich oder doch zumindest in erheblichem Maße den körperlichen Zustand des Patienten zu verbessern, und
- die pflegerische Tätigkeit der ärztlichen Behandlung untergeordnet ist.
In einem solchen Fall ist die Zuständigkeit der Krankenversicherung gegeben.
Für eine medizinische Rehabilitationsleistung spricht, wenn im Vordergrund der Maßnahme nicht mehr die Krankheit als solche, sondern die Beseitigung von (ggf. noch zu erwartenden) Folgen der Erkrankung und damit ihre Auswirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Leben (Behinderung) steht.
Ein Buchhalter nach Apoplexie (plötzliche Schädigung des Gehirns mit neurologischen Störungen) wird 6 Wochen lang im Krankenhaus intensiv ärztlich behandelt, damit durch die Apoplexie keine weiteren Gesundheitsschäden eintreten. Der Versicherte bleibt trotz intensiver ärztlicher Behandlung auf der rechten Körperseite gelähmt.
Durch die anschließende Verlegung in eine Rehabilitationseinrichtung lernt der Versicherte, die Folgen seiner Behinderung zu beseitigen. Ziel ist, dass der betroffene Halbseitengelähmte
- sich in das normale gesellschaftliche Leben (wieder-)eingliedert,
- seine alltägliche Selbstversorgung sichert und
- die Minderung seiner Erwerbsfähigkeit beseitigt bzw. minimiert.
Zur Erreichung dieser Ziele sind die unter ärztlicher Verantwortung zu erbringenden Therapien von Logopäden, Physiologen, Bewegungstherapeuten, Psychologen usw. notwendig. Die ärztliche Behandlung der Krankheit tritt im Verhältnis zu Beseitigung der Folgen der Behinderung in den Hintergrund.
Rz. 18
Für die Frage, ob die die Rehabilitation ausschließende Behandlungsbedürftigkeit noch im Vordergrund steht, kann auch § 107 SGB V herangezogen werden. Dort wird aufgeführt, welche Kriterien für ein Krankenhaus und welche Kriterien für eine Rehabilitationseinrichtung sprechen. Nach § 107 Abs. 1 SGB V sind Krankenhäuser Einrichtungen, die
- fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen,
- nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten und
- mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Dagegen haben nach § 107 Abs. 2 SGB V Rehabilitationseinrichtungen die Aufgabe,