Rz. 4
§ 119 gilt für alle Personen, die vor dem Schadensereignis pflichtversichert waren, im Zeitpunkt des Schadensereignisses pflichtversichert waren oder danach pflichtversichert werden. Damit hat der Gesetzgeber zwar eine deutliche Erweiterung des geschützten Personenkreises vorgenommen, jedoch sich der weitergehenden Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 19.10.1993, VI ZR 56/93) nicht angeschlossen, wonach die Schadensersatzpflicht zumindest auch dann besteht, wenn davon auszugehen ist, dass der Geschädigte, wäre es zum Schadensereignis nicht gekommen, eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen hätte (Bieresborn, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 119 Rz. 2). In dieser Konstellation muss der Geschädigte selbst den Anspruch geltend machen. Denn in der Regel dürfte der Rentenversicherungsträger nicht in der Lage sein, den Nachweis zu führen, ab welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe dem Geschädigten, der nie versicherungspflichtig war, ein Beitragsausfall entstanden ist. Durch die Gesetzesänderung zum 1.1.2001 ist eine teilweise Erweiterung im Sinne der Rechtsprechung des BGH vorgenommen worden. Wenn der Geschädigte, der bis zum Schadensereignis nicht pflichtversichert war, in der Rentenversicherung nach dem Schadensereignis pflichtversichert wird und aufgrund des Schadens dann geringere Rentenversicherungsbeiträge zahlt, geht insoweit der Anspruch auf den Rentenversicherungsträger über. Für einen Geschädigten, der zu keinem Zeitpunkt in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, gilt § 119 aber auch weiterhin nicht.
Rz. 5
Zu den Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung gehören nicht nur die abhängig Beschäftigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, sondern auch die weiteren in § 1 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 SGB VI genannten Personen. Versicherungspflichtig sind auch die in § 2 SGB VI genannten Selbstständigen sowie die in den §§ 3 und 4 SGB VI genannten Personen. Der Geschädigte muss im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits pflichtversichert sein oder danach tatsächlich pflichtversichert werden. Es reicht nicht schon aus, wenn ohne das schädigende Ereignis mit Sicherheit eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen worden wäre. § 119 soll lediglich verhindern, dass Schäden in einem im Schadenszeitpunkt bestehenden oder später tatsächlich begründeten Pflichtversicherungsverhältnis eintreten. Ein Fortbestand über den Zeitpunkt des Schadensfalls hinaus ist andererseits nicht erforderlich. Rentenversicherungsträger können für vor dem Schadensereignis nicht pflichtversicherte Personen keine anspruchsichernden Maßnahmen (wie z. B. eine Feststellungsklage) vornehmen, da bis zur Zahlung des ersten Pflichtbeitrages der Verletzte alleiniger Forderungsinhaber ist.
Freiwillig in der Kranken- oder Rentenversicherung versicherte Personen werden von vornherein nicht von § 119 erfasst, weil ihnen die Verfügungsbefugnis über Ersatzansprüche wegen Beiträgen, deren Entrichtung grundsätzlich in ihrem Belieben steht, nicht entzogen werden kann (Schlaeger/Bruno, in: Hauck/Noftz, Stand: 8/2017, § 119 Rz. 40).
Rz. 6
Als beteiligter Leistungsträger kommt im Rahmen des § 119 nur der Rentenversicherungsträger (vgl. § 23 Abs. 2 SGB I) in Betracht. Ein Schaden des Versicherten (und ein entsprechender Forderungsübergang) liegt entweder in Gestalt von Beitragsausfällen oder wegen verkürzter Leistungen durch niedrigere Beitragszahlungen infolge von Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit oder Minderverdienst vor. Kein Schaden des Versicherten liegt hingegen vor, wenn der Beitragsschaden deshalb unterbleibt, weil z. B. aufgrund einer Entgeltfortzahlung oder der Zahlung von Entgeltersatzleistungen (Krankengeld, Arbeitslosengeld, etc.) Beiträge in gleicher Höhe entrichtet werden.