Rz. 2
§ 108 Satz 1 stellt die Einreichung vorbereitender Schriftsätze in das Ermessen der Beteiligten. Eine Ausnahme hiervon besteht für den Beklagten/die Beklagte nach § 104 Satz 2 hinsichtlich der Klageerwiderung. Mit der Zustellung der Klage ergeht die Aufforderung an den Beklagten/die Beklagte, sich schriftlich zu äußern. Von Bedeutung in diesem Zusammenhang ist auch § 106 Abs. 1 (vgl. Kommentierung zu § 106 Rn. 3 ff.). Diese insbesondere mit Blick auf den Kläger geschaffene Vorschrift schränkt in Verbindung mit der Präklusionsmöglichkeit nach § 106a Abs. 3 das nach § 108 Satz 1 bestehende Wahlrecht, einen Vortrag zu unterbreiten oder zu unterlassen, deutlich ein.
Rz. 3
Mit der Regelung in § 108 Satz 1 betont der Gesetzgeber inzidenter die überragende Bedeutung der mündlichen Verhandlung innerhalb des Prozessgeschehens.
In der Praxis kommt jedoch angesichts der durchschnittlichen Verfahrensdauer gerade auch dem Geschehensablauf vor Durchführung der mündlichen Verhandlung eine nicht unerhebliche eigenständige Bedeutung zu. Der verständige Richter wird in geeigneten Fällen die Prozessbeteiligten dazu anhalten, im Wege der schriftlichen Stellungnahme zu Ermittlungsergebnissen, Schriftsätzen anderer Prozessbeteiligter oder aber Richterbriefen mit rechtlichen Vorhalten, ihren Standpunkt einer Überprüfung zu unterziehen. Diese Vorgehensweise dient der Effektivität der Verfahrensführung und hat oftmals zur Folge, dass die mündliche Verhandlung überhaupt nicht mehr erforderlich wird, weil die Beteiligten im Vorfeld die Konsequenz aus der sich darbietenden Sach- und Rechtslage gezogen haben. Bei Unklarheiten hat der Vorsitzende nach § 106 Abs. 1 sogar die Pflicht, auf die Beteiligten einzuwirken und Stellungnahmen von ihnen einzuholen.
Die Möglichkeit für die Beteiligten, Schriftsätze einzureichen, ist nicht davon abhängig, dass auch tatsächlich eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird. Vielmehr gebietet es schon allein der Anspruch auf rechtliches Gehör, dass das Gericht die betreffenden Schriftsätze der Beteiligten zur Kenntnis nimmt, auch wenn es sich mit Einverständnis der Beteiligten zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung entschlossen hat.
Rz. 4
§ 108 Satz 1 gilt für alle Rechtszüge. Eine Beschränkung auf die erste Instanz besteht nicht, wie ausdrücklich aus § 155 Abs. 1 hervorgeht, wonach der Vorsitzende u. a. seine Aufgaben nach § 108 einem Berufsrichter des Senats übertragen kann. Ebenso wenig besteht ein Ausschlusstatbestand für die mündliche Verhandlung selbst. § 108 regelt ausdrücklich zwar nur das Stadium der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung. Nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 62 SGG ist das Gericht jedoch verpflichtet, auch erst in oder kurz vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung überreichte Schriftsätze zur Kenntnis zu nehmen, es ei denn, § 106a kommt zur Anwendung. Die Beteiligten laufen hingegen Gefahr, dass das Gericht die mündliche Verhandlung vertagt, weil es der Auffassung ist, auf den aktuellen Sachvortrag hin noch Ermittlungen durchführen zu müssen. Eine derartige Vertagung kann – sofern der betreffende Sachvortrag sehr wohl auch rechtzeitig vor der Ladung der Streitsache hätte unterbreitet werden können – die Auferlegung von Kosten nach § 192 Abs. 1 zur Folge haben.
Rz. 5
Eine Aussage über den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze trifft § 108 nicht. Über § 202 ist jedoch die Soll-Vorschrift des § 130 ZPO anwendbar, diese wiederum durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsverkehr v. 13.7.2001 (a. a. O.) durch § 130a ZPO ergänzt. Ebenfalls anwendbar ist § 138 Abs. 1 ZPO. Die Beteiligten haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände also vollständig und wahrheitsgemäß abzugeben.
Rz. 6
Nach Maßgabe des § 93 Satz 1 sind vom Grundsatz her den sonstigen Schriftsätzen Abschriften für die Beteiligten beizufügen. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen diese Verpflichtung sind Satz 2 und Satz 3 der Vorschrift zu entnehmen.
Rz. 7
Die Problematik der Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung mittels fernmündlicher Gespräche ist weiterhin gesetzlich nicht geregelt und auch im Schrifttum kaum diskutiert. Im täglichen Geschäftsverkehr eines Gerichts nimmt das Führen von Telefonaten, zumindest was den Kommunikationsbereich zwischen den Verfahrensbeteiligten und der Geschäftsstelle des Gerichts betrifft, indes einen nicht unerheblichen Raum ein. Der zuständige Kammervorsitzende hat zu überprüfen, ob und inwieweit auch für die richterliche Tätigkeit eine solche Praxis gesetzeskonform erscheint. Es existiert keine Vorschrift, die das Führen von Telefonaten zwischen dem Kammervorsitzenden und Beteiligten ausschließt. Unerlässlich im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG, § 62 SGG ist es jedoch, die übrigen Verfahrensbeteiligten von dem Inhalt des Gesprächs zu unterrichten, sofern es nicht um die bloße Besprechung von Regularien, um Terminierungen, die Erläuterung unklar erscheinender richterlicher Verfügungen oder Ähnliches geht.
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