Rz. 6
Die Berufungsfrist beginnt mit Zustellung der vollständigen Urteilsausfertigung. Fehlen wesentliche Teile, wird die Frist trotz Zustellung nicht in Gang gesetzt (OVG NRW, Urteil v. 29.10.1991, 1 V 10/89, NJW 1992 S. 1188). Das Urteil muss jedenfalls Rubrum, Tenor, Tatbestand, Entscheidungsgründe, Rechtsmittelbelehrung und die Unterschriften der Berufsrichter enthalten. Wesentliche Fehler der Ausfertigung machen die Zustellung unwirksam (hierzu BGH, Beschluss v. 24.1.2001, XII ZB 75/00, NJW 2001 S. 1653). Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Ausfertigungsvermerk nicht unterschrieben oder in der Ausfertigung die Unterschrift eines Richters ohne Angabe des Verhinderungsgrundes ersetzt worden ist (Zeihe, § 151 Rn. 4g). Wenn das Gericht die Beteiligten während des ersten Monats nach Zustellung einer fehlerhaften Urteilsausfertigung auffordert, die übersandten Ausfertigungen zum Zwecke der Berichtigung zurückzusenden, beginnt die Rechtsmittelfrist erst mit Zustellung des berichtigten Urteils zu laufen (BSG, Beschluss v. 28.1.2004, B 6 KA 95/03 B, SozR 4-1500 § 151 Nr. 1). Ist die Zustellung nicht wirksam oder das verkündete Urteil nicht zugestellt worden, läuft die Rechtsmittelfrist des § 66 Abs. 1SGG nicht. Im Falle einer unvollständigen oder unrichtigen Rechtsmittelbelehrung läuft die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG. Nach Urteilsergänzung beginnt die Frist mit Zustellung der korrigierten Entscheidung erneut (§ 202 SGG i. V. m. § 517 ZPO). Eine Urteilsberichtigung (§ 138 SGG) hingegen hat keinen Einfluss auf die Rechtsmittelfrist; sie beginnt mit der Zustellung des Urteils (BGH, Urteil v. 24.6.2003, VI ZB 10/03 NJW 2003 S. 2991, 2992 zu § 319 ZPO). Angesichts des insoweit übereinstimmenden Unterschrifterfordernisses in § 174 Abs 3 ZPO und § 130 Nr. 6 ZPO können zur näheren Bestimmung der Anforderungen an die Unterschrift in einem Empfangsbekenntnis keine anderen Maßstäbe angelegt werden als für bestimmende Schriftsätze; auch ein unleserlicher Schriftzug auf einem Empfangsbekenntnis kann eine rechtswirksame Unterschrift i. S. d. § 174 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 202 SGG sein (so LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 26.7.2010, L 2 R 158/10).
Rz. 7
Die Berufung kann nicht vor Verkündung des Urteils eingelegt werden (vgl. LSG NRW, Beschluss v. 30.3.2001, L 10 B 1/01 SB; OLG Koblenz, Beschluss v. 11.12.1985, 14 W 727/85, NJW-RR 1986 S. 935; Bernsdorff, in: Hennig, SGG, § 151 Rn. 26). Die Berufungsfrist kann bis zuletzt ausgenutzt werden. Die Frist ist gewahrt, wenn der Schriftsatz am letzten Tag der Frist bis 24.00 Uhr in den Briefkasten des LSG gelangt. Die Anforderungen an den Berufungskläger, für einen rechtzeitigen Zugang der Berufung zu sorgen, sind umso höher, je mehr sich die Berufungsfrist dem Ende zuneigt (Pape/Notthoff, NJW 1996 S. 417, 423 m. w. N.; vgl. auch LSG Sachsen, Beschluss v. 5.3.2007, L 2 U 108/04).