Rz. 42
Nach § 170 ZPO ist bei nicht prozessfähigen Personen (vgl. § 71 SGG) an den gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Zustellungen an die Person selbst sind unwirksam. Erfolgt die Zustellung nicht an eine natürliche Person, sondern an eine Behörde oder juristische Person, kann sie statt an den gesetzlichen Vertreter an den "Leiter" gerichtet werden. Leiter ist dabei derjenige, der dazu bestellt ist, die Behörde oder die Körperschaft nach außen zu vertreten (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 171 Rn. 4; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 171 Rn. 4; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 170 Rn. 4). Bei mehreren gesetzlichen Vertretern, etwa Eltern eines Minderjährigen, genügt die Zustellung an einen von ihnen (§ 170 Abs. 3 ZPO).
Rz. 43
Nach § 171 ZPO kann an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden, wenn er eine schriftliche Vollmacht vorlegt. Mit der Vorschrift soll sowohl der Generalbevollmächtigte eines Unternehmens als auch der Nachbar erfasst werden, der nur für die Entgegennahme von Postsendungen schriftlich bevollmächtigt ist (BT-Drs. 14/4554 S. 17). Nicht erforderlich ist, dass die Vertretung vorher dem Gericht angezeigt wurde. Die Vertretung kann auch erstmals gegenüber dem Postbediensteten nachgewiesen werden. Damit wird dem Umstand abgeholfen, dass bisher der Postbedienstete das zuzustellende Schriftstück dem Dritten, der eine Vollmacht nicht dem Gericht angezeigt hatte, nicht aushändigen konnte, dieser es aber bei der Post nach Niederlegung gegen Vorlage einer Vollmacht dort abholen konnte (BT-Drs., a. a. O.).
Rz. 44
In einem anhängigen Verfahren ist zwingend an den für den Rechtsweg bestellten Prozessbevollmächtigten zuzustellen (§ 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Damit soll gewährleistet werden, dass der Rechtsanwalt, in dessen Verantwortung die Prozessführung gelegt ist, im gesamten Verfahren Kenntnis von zuzustellenden Schriftstücken erhält (BGH, Beschluss v. 19.9.2007, VIII ZB 44/07, MDR 2007 S. 1444). Die an den Beteiligten selbst bewirkte Zustellung ist in diesem Fall unwirksam. Die Regelung des § 172 ZPO begründet den Vorrang des Prozessbevollmächtigten in einem anhängigen Verfahren für alle Zustellungen. Die Bestellung ist nicht identisch mit der Vollmachtserteilung, sondern meint nur das Auftreten – auch schriftsätzlich – als Bevollmächtigter vor Gericht. § 172 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO ziehen den Instanzbegriff sehr weit, um die Zustellung zu erleichtern (zum Rechtszug vgl. Hüßstege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 172 Rn. 5). Hierzu rechnet auch das Zwangsvollstreckungsverfahren (Hüßstege, a. a. O., § 172 Rn. 6).
Rz. 45
Bei der Einlegung eines Rechtsmittels sieht § 172 Abs. 2 ZPO 3 aufeinander abgestimmte Fallgruppen vor. Grundsätzlich ist ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszugs zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Wird also ein Urteil des Sozialgerichts angefochten, ist die Berufung dem Bevollmächtigten zuzustellen, der vor dem Sozialgericht tätig war. Wurde für den Rechtsmittelzug bereits ein Prozessbevollmächtigter bestellt, ist der Schriftsatz diesem zuzustellen. Dem Beteiligten selbst ist zuzustellen, wenn er weder für den vorangegangenen Rechtszug einen Prozessbevollmächtigten hatte noch für die Rechtsmittelinstanz einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat.