Rz. 64
Die Vorschrift ist von entscheidender Bedeutung für die Fristwahrung. Sie enthält zwei miteinander verknüpfte Regelungen und postuliert eine Ausnahme. Satz 1 legt fest, wann ein elektronisches Dokument eingegangen ist. Satz 2 bestimmt, dass dem Absender deshalb eine automatisierte Eingangsbestätigung zu erteilen ist. Satz 3 nimmt Abschriften aus.
Rz. 65
Die Gesetzesbegründung vermerkt zu § 65a Abs. 5 Satz 1 (BT-Drs. 17/12634 S. 26): "Satz 1 entspricht dem Regelungsgehalt des bisherigen Absatzes 3. Satz 2 bestimmt, dass dem Absender zum Nachweis des Zugangs eine automatisierte Eingangsbestätigung zu erteilen ist. Diese ist gemäß § 5 Absatz 8 Satz 1 des De-Mail-Gesetzes in der De-Mail-Infrastruktur vorgesehen. Eine automatisierte Eingangsbestätigung ist als Standard auch für andere sichere Übermittlungswege vorzusehen. Hierdurch soll der Absender unmittelbar und ohne weiteres Eingreifen eines Justizbediensteten Gewissheit erlangen, ob eine Übermittlung an das Gericht erfolgreich war oder ob weitere Bemühungen zur erfolgreichen Übermittlung des elektronischen Dokuments erforderlich sind.""
Rz. 66
Eingegangen ist ein elektronisches Dokument, wenn es vollständig auf der Empfangseinrichtung gespeichert ist (vgl. BGH, Beschluss v. 25.4.2006, IV ZB 20/05, zum Eingang auf einem Telefaxspeicher; Schoch/Schneider/Bier/Ulrich, 37. EL Juli 2019, VwGO, § 55a Rz. 94; Jung, in: BeckOGK, SGG, Stand 1.9.2019, § 65a Rz. 38). Die Empfangseinrichtungen sind regelmäßig (landesweit) zentrale Eingangsserver; von hier werden die elektronischen Dokumente ggf. über Zwischenstationen bis zum sog. Client-Server des adressierten Gerichts transportiert (Schoch/Schneider/Bier/Ulrich, a. a. O.). Dieses Verfahren ist ein rein gerichtsinterner Vorgang (Bacher, NJW 2015 S. 2753, 2756). Infolgedessen kommt es weder auf den Zeitpunkt des Eingangs auf dem Client-Rechner des jeweiligen Gerichts noch auf den Zeitpunkt eines etwaigen Ausdrucks bei Gericht an (Müller, NZS 2018 S. 207, 213; Schoch/Schneider/Bier/Ulrich, a. a. O.; Jung, a. a. O.) und zwar auch dann nicht, wenn die Gerichtsakten in Papierform geführt werden (Hoppe, in: Eyermann, VwGO, § 55a Rz. 17). Grundsätzlich fristwahrend ist daher der Eingang auf dem Landesjustizserver (OLG Düsseldorf, Urteil v. 24.7.2013, VI-U (Kart.) 48/12; vgl. auch Jung, a. a. O.).
Wenn das Übermittlungsprotokoll nicht im Abschnitt "Zusammenfassung Prüfprotokoll" den Meldetext "request executed" und unter dem Unterpunkt "Übermittlungsstatus" die Meldung "erfolgreich" anzeigt, darf nicht von einer erfolgreichen Übermittlung des Schriftsatzes an das Gericht ausgegangen werden. Die Einhaltung der entsprechenden organisatorischen Abläufe in der Kanzlei hat der Rechtsanwalt zumindest stichprobenweise zu überprüfen (BGH, Beschluss v. 24.5.2022, XI ZB 18/21; Beschluss v. 11.5.2021, III ZB 9/20).
Rz. 66a
Der BGH hat hierzu entschieden, dass ein über das beA eingereichtes elektronisches Dokument wirksam bei Gericht eingegangen ist, wenn es auf dem für dieses eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das EGVP gespeichert worden ist. Ob es von dort aus rechtzeitig an andere Rechner innerhalb des Gerichtsnetzes weitergeleitet oder von solchen Rechnern abgeholt werden konnte, ist demgegenüber unerheblich (BGH, Beschluss v. 11.5.2021, VIII ZB 9/20; Beschluss v. 25.8.2020, VI ZB 79/19; Urteil v. 14.5.2020, X ZR 119/18). Der BFH folgt dem (Beschluss v. 25.5.2022, X B 158/21). Diese Grundsätze verfeinert das OLG Bamberg (Beschluss v. 2.5.2022, 2 UF 16/22), wie folgt: "Hiermit wird lediglich der Zeitpunkt des Eingangs bei dem vom Absender bestimmten Empfangsgericht konkretisiert. Bereits nach allgemeinen Grundsätzen bedarf es für den Zugang von empfangsbedürftigen Erklärungen neben dem Gelangen in den Machtbereich des Empfängers auch der Möglichkeit der Kenntnisnahme unter normalen Umständen. Nachdem aufgrund des im elektronischen Dokument und in der elektronischen Nachricht angegebenen Empfängers (OLG Bamberg) im konkreten Fall eine unmittelbare Weiterleitung vom zentralen Intermediär-Server in dessen elektronisches Postfach erfolgte, bestand keine Möglichkeit, dass das nach § 64 Abs. 1 Satz 1 FamG empfangszuständige Amtsgericht von der Beschwerdeeinlegung Kenntnis erlangen konnte. Der zentrale Empfangsserver für die Gerichtsbarkeit eines Bundeslandes ist insoweit der für mehrere Gerichte eingerichteten gemeinsamen Briefannahmestelle vergleichbar. Bei dieser erlangt gleichfalls nur dasjenige Gericht die tatsächliche Verfügungsgewalt über den entsprechenden Schriftsatz, an das dieser gerichtet ist." Ausgehend hiervon ist eine richtige Adressierung zu verlangen. Wird beispielsweise versehentlich das LG statt des OLG angegeben, dürfte der Eingang auf dem zentralen Landesjustizserver nicht fristwahrend sein (so Sigmund, NJW 2017 S. 3134, 3136).
Rz. 66b
Das für die Fristwahrung maßgebliche Datum lässt sich sowohl dem Transfervermerk als auch dem Prüfprotokoll zum Punkt "Eingang auf dem Server" entnehmen. Die dort dokume...