Rz. 19
Der einstweilige Rechtsschutz wird auf Antrag gewährt (Abs. 1 Satz 1). Daher ist ein den Anforderungen des § 90 genügender Antrag des Antragstellers oder seines Bevollmächtigten erforderlich. Die Antragstellung richtet sich nach der jeweiligen Antragsart:
- die sofortige Vollziehung des Bescheids vom ... anzuordnen (Abs. 1 Nr. 1),
- die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom ... anzuordnen (Abs. 1 Nr. 2),
- die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom ... in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ... anzuordnen (Abs. 1 Nr. 2),
- die sofortige Vollziehung des Bescheids vom ... wiederherzustellen (Abs. 1 Nr. 3),
- festzustellen, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom ... aufschiebende Wirkung hat.
Rz. 20
Eine Antragsfrist ist nicht vorgesehen. Verwirkung kommt grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. OVG Saarland, Beschluss v. 17.3.1976, II W 2/76, DÖV 1976 S. 607). Der Antrag kann solange gestellt werden, wie das Widerspruchs- oder Klageverfahren oder das Verfahren über ein Rechtsmittel (Berufung/Revision) gegen ein erst- oder zweitinstanzliches Urteil noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist (Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 86b Rn. 28).
Rz. 21
Antragsgegner eines Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist der Rechtsträger, der den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat (vgl. OVG Sachsen, Beschluss v. 2.3.2006, 2 M 103/06). Anderes gilt nur dann, wenn die Klage in der Hauptsache wegen § 70 Nr. 3 gegen eine dem Rechtsträger nachgeordnete Behörde zu richten ist (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss v. 26.10.2006, 5 ME 254/06, ZBR 2007 S. 392). Wird die sofortige Vollziehung durch die Widerspruchsbehörde angeordnet, ist der Antrag wegen des akzessorischen Charakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zum Hauptsacheverfahren gegen den Träger der Ausgangsbehörde bzw. entsprechend § 70 Nr. 3 SGG gegen die Behörde selbst zu richten (Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 80 Rn. 140 m. w. N.; a. A. Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 80 Rn. 55 m. w. N.; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 86b Rn. 28). Beteiligtenfähig sind nach § 70 Nr. 3 SGG Behörden dann, wenn das Landesrecht dies bestimmt. So hatte z. B. das Land Nordrhein-Westfalen von dieser Option Gebrauch gemacht (Gesetz zur Ausführung des Sozialgerichtsgesetzes im Lande Nordrhein-Westfalen – AG-SGG – v. 3.9.1953, GV. NRW 1953 S. 412/SGV. NRW. 304) i. d. F. des Gesetzes v. 17.12.1974 (GVBl NRW S. 1588). Durch Art. 2 Nr. 29 i. V. m. Art. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Modernisierung und Bereinigung von Justizgesetzen im Land Nordrhein-Westfalen v. 26.1.2010 (GVBl NRW S. 30) sind mit Wirkung zum 1.1.2011 die dies ermöglichenden landesrechtlichen Bestimmungen aufgehoben worden. Damit ist die Beteiligtenfähigkeit von Behörden nicht mehr vorgesehen und die landesrechtliche Option nach § 70 Nr. 3 SGG weggefallen. Dies hat zur Folge, dass beispielsweise die Bezirksregierung nicht mehr als Beteiligte in einem sozialgerichtlichen Streitverfahren auftreten kann, sondern aufgrund des nunmehr geltenden Rechtsträgerprinzips das Land Nordrhein-Westfalen verfahrensbeteiligt ist. Dies hat ggf. einen Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes zur Folge, der eine Rubrumsänderung von Amts wegen nach sich zieht (LSG NRW, Beschluss v. 23.3.2011, L 11 KA 96/10 B ER; hierzu auch BSG, Urteil v. 28.7.2008, B 1 KR 5/08 R; Beschluss v. 8.5.2007, B 12 SF 3/07 S). Entsprechend sind die Anträge umzustellen (zur Funktionsnachfolge vgl. auch OVG Sachsen, Beschluss v. 2.3.2006, 2 M 103/06).