Rz. 26
Die Einhaltung der Klagefrist stellt eine von Amts wegen zu prüfende und beachtende Zulässigkeitsvoraussetzung dar. Ist die Klagefrist nicht gewahrt worden, so kommt allenfalls eine Wiedereinsetzung nach § 67 in Betracht. Ansonsten ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
Eine Wiedereinsetzung kann grundsätzlich nicht gewährt werden, wenn zunächst ausschließlich ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt worden ist, wie dies zum Teil nach anderen Prozessordnungen üblich ist (BSG, SozR 3-1500 § 67 Nr. 11; siehe aber Nr. 5 a. a. O. zum Fall einer PKH-Ablehnung während der noch laufenden Rechtsmittelfrist; a. A., d. h. für eine Wiedereinsetzung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 13.9.2010, L 2 AS 302/10 B, juris). Ist die Klagefrist zur Zeit der Antragstellung noch nicht abgelaufen, sollte ein entsprechender Hinweis seitens des Gerichts erfolgen. Im Übrigen ist das diesbezügliche Verschulden eines Bevollmächtigten dem Vertretenen zuzurechnen, § 202 SGG i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO.
Rz. 27
Bei der Frist des § 87 handelt es sich nicht um eine richterliche Frist i. S. d. § 65, die verlängert werden kann, sondern um eine gesetzliche Frist als Prozessvoraussetzung. Die Beteiligten können daher auch keine (wirksamen) Vereinbarungen hierüber treffen, vor allem nicht auf die Einhaltung verzichten.
Die Nichteinhaltung der Klagefrist ist in jeder Lage des Verfahrens – auch ohne Rüge der Beklagtenseite – zu berücksichtigen, auch noch in der Rechtsmittelinstanz. Ist die Klage erstinstanzlich als zulässig behandelt worden, stellt sich im Berufungsverfahren jedoch die Unzulässigkeit wegen Fristversäumnisses heraus, so muss ein stattgebendes Urteil des SG aufgehoben werden und die Klage als unzulässig abgewiesen werden. Im Falle eines abweisenden SG-Urteils ist in der Begründung des Berufungsurteils ebenfalls auf die Unzulässigkeit der Klage abzustellen. Auch das BSG hat ein Urteil des LSG aufzuheben, wenn und soweit das LSG zu Unrecht von einer fristgemäßen Klageerhebung ausging (vgl. BSG, SGb 1994 S. 519 f.).
Mit Ablauf der Klagefrist wird der angefochtene Verwaltungsakt/Widerspruchsbescheid gemäß § 77 für die Beteiligten bindend.
Rz. 28
Nicht von Amts wegen zu überprüfen ist, ob auch die Widerspruchsfrist eingehalten worden ist, wenn die Behörde sachlich über das Widerspruchsbegehren entschieden hat (BSG, SozR 1500 § 87 Nr. 5). Das gilt aber nicht, wenn ein Dritter erstmalig durch den Widerspruchsbescheid belastet wird. Dann ist im Rahmen der Begründetheit der Klage die Einhaltung der Widerspruchsfrist zu prüfen.