Rz. 21
Abs. 6 wurde mit dem Zweiten Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht v. 15.8.2019 (BGBl. I S. 1294) eingeführt. Der Gesetzgeber hat zu der Neuregelung darauf hingewiesen, dass Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG, die ihre nach § 9 Abs. 3 i. V. m. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB I bestehenden Pflichten, Angaben über die finanzielle Situation zu machen und Änderungen unverzüglich mitzuteilen, schuldhaft verletzen, als verhaltenslenkende Maßnahme nur Leistungen nach § 1a Abs. 1 erhalten sollen. Diese Leistungseinschränkung findet ihre Grundlage in Art. 20 Abs. 3 der Aufnahmerichtlinie. Danach können die Mitgliedstaaten die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen einschränken oder entziehen, wenn ein Antragsteller verschwiegen hat, dass er über Finanzmittel verfügt, und dadurch bei der Aufnahme zu Unrecht in den Genuss von materiellen Leistungen gekommen ist (BT-Drs. 19/10047 S. 52).
Rz. 22
Der Tatbestand setzt voraus, dass Leistungsberechtigte nach Vollendung des 18. Lebensjahres (1) Vermögen (nicht Einkommen) nicht angegeben haben (2). Zum Vermögen zählt nicht nur das eigene, sondern auch das Vermögen von Familienangehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben und das gemäß § 7 Abs. 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach dem AsylbLG aufzubrauchen ist, entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I nicht angegeben haben (3) oder gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 nicht darüber Mitteilung gemacht haben (4) und deshalb zu Unrecht Leistungen nach dem AsylbLG beziehen (5). Demnach müssen die Voraussetzungen für die Rücknahme bewilligter Leistungen nach Maßgabe von § 9 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. §§ 45 ff. SGB X vorliegen. An dieser Stelle ist auch zu prüfen, ob die Vermögensfreigrenze nach § 7 Abs. 5 überschritten wurde und ob es sich nicht um Gegenstände handelt, die nicht zu berücksichtigen sind. Das Verhalten der Leistungsberechtigten muss vorsätzlich oder grob fahrlässig gewesen sein (6). Der Vorsatz bzw. die Fahrlässigkeit muss sich auf die Mitwirkungspflicht beziehen, nicht auf den Leistungsbezug.
Rz. 23
Solange berücksichtigungsfähiges Vermögen (über der Freigrenze) vorhanden ist, entfällt der Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG gemäß § 7 Abs. 1 ganz. Erst für den nachfolgenden Zeitraum sind die vorgenannten tatbestandlichen Voraussetzungen zu prüfen. Dem Leistungsberechtigten ist zu beiden Zeiträumen jeweils ein Bescheid zu erteilen, falls Leistungen zu Unrecht gewährt wurden, die Bewilligung unter den Voraussetzungen nach § 9 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. §§ 45, 50 SGB X zurückgenommen und (durch Bescheid) Erstattung der Leistungen verlangt werden. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 sind unter Umständen auch Kosten für Unterkunft, Heizung und Haushaltsenergie zu erstatten (Herbst, in: Mergler/Zink, AsylbLG, § 1a Rz. 56).