Rz. 4
Abs. 1 regelt die Bedarfsstufen für den monatlichen notwendigen persönlichen Bedarf, soweit dieser vollständig durch Geldleistungen gedeckt wird. Der Begriff des notwendigen persönlichen Bedarfs wird in § 3 Abs. 1 Satz 2 legaldefiniert (vgl. § 3 Rz. 15). Es handelt sich um die Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens. Gemeint ist damit insbesondere der Bedarf zur Gewährleistung des soziokulturellen Existenzminimums. Die Änderung der Leistungssätze stützt sich auf die Ergebnisse der nach § 28 Abs. 3 SGB XII im RBEG vorgenommenen Sonderauswertungen der EVS 2013. Die Anknüpfung an das Statistikmodell der EVS 2013 setzt die Vorgaben des BVerfG für eine transparente und bedarfsgerechte Bemessungsmethode um und stellt zugleich sicher, dass die Bedarfsberechnungen auf der Grundlage der aktuellsten verfügbaren Erkenntnisse erfolgt. Die Geldbeträge zur Gewährleistung des soziokulturellen Existenzminimums ergeben sich aus den bedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Abteilungen 7 (Verkehr), 8 (Nachrichtenübermittlung), 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur), 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen) sowie 12 (Andere Waren und Dienstleistungen) der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2013. Ein Minderbedarf wird bei Abteilung 12 wegen der nicht anfallenden Kosten für die Anschaffung eines Personalausweises zugrunde gelegt, die bei Ausländern nicht anfallen.
Rz. 5
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren (BGBl. 2016 I S. 390) am 17.3.2016 (vgl. § 3 Rz. 8) werden bei den Geldbeträgen einzelne regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben der Abteilungen 9 (Freizeit, Unterhaltung und Kultur) und 10 (Bildungswesen) nicht mehr berücksichtigt (vgl. BT-Drs. 18/7538 S. 21 ff.). Es handelt sich bei Abteilung 9 um die laufenden Nr. 50, 51, 53, 56, 68 (Fernseh- und Videogeräte, TV-Antennen, Datenverarbeitungsgeräte sowie System- und Anwendungssoftware, einschließlich Downloads und Apps, langlebige Gebrauchsgüter und Ausrüstungen für Sport, Camping und Erholung, Musikinstrumente, außerschulische Sport- und Musikunterrichte, Hobbykurse sowie Reparaturen und Installationen von langlebigen Gebrauchsgütern und Ausrüstungen für Kultur, Sport, Camping und Erholung sowie Musikinstrumente sowie Sport- und Campingartikel); bei Abteilung 10 um die laufende Nr. 69 (Gebühren für Kurse ohne Erwerb von Bildungsabschlüssen). Begründet wird dies mit der mangelnden Aufenthaltsverfestigung in den ersten 15 Monaten des Aufenthalts in Deutschland. Erst mit einer längeren Verweildauer im Inland, die mit einer entsprechenden "Integrationstiefe" bzw. einer Einbindung in die Gesellschaft einhergeht, sollen diese Ausgaben als bedarfsrelevant anerkannt werden (BT-Drs. 18/7538 S. 21). Diese Kürzungen werden wegen prozeduraler Mängel bei der Bedarfsbemessung für verfassungsrechtlich problematisch erachtet (Frerichs, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., AsylbLG, § 3a Rz. 19 und § 3 Rz. 59 ff.).
Rz. 6
Abs. 1 und 2 regeln insgesamt 8 Bedarfsstufen (Nr. 2a und 2b sowie Nr. 3a und 3b gesondert gezählt) sowohl für den notwendigen persönlichen Bedarf als auch für den notwendigen Bedarf. Es handelt sich um Differenzierungen hinsichtlich des Lebensalters, dem Alleinleben oder dem Zusammenleben mit dem Ehepartner oder Lebenspartner, der Unterbringung in einer Wohnung oder in einer Gemeinschaftsunterkunft. Die Bedarfssätze wurden mit dem Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes v. 10.12.2014 (BGBl. I S. 2187) ab 1.3.2015 an die Fortschreibung der Regelsätze gekoppelt. Für den Zeitraum vom 1.1. bis 28.2.2015 richtete sie sich zunächst noch nach der Anordnung im Urteil des BVerfG v. 18.7.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11). Ab 1.3.2015 bis 31.12.2015 erfolgt die Fortschreibung aufgrund der Bekanntmachung des BMAS v. 16.1.2015 (BGBl. I S. 25), vom 1.1.2016 bis 16.3.2016 aufgrund der Bekanntmachung des BMAS v. 16.10.2016 (BGBl. I S. 1793), ab 17.3.2016 aufgrund Art. 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren v. 11.3.2016 (BGBl. I S. 390). Für die folgenden Jahre von 2017 bis 2019 erfolgte keine Bekanntgabe einer Fortschreibung. Dies ist u. a. Gegenstand einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG an das BVerfG, über die noch nicht entschieden wurde (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 26.1.2021, L 8 AY 21/19). Erst für den Zeitraum vom 1.9.2019 bis 31.12.2019 erfolgte durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes v. 13.8.2019 (BGBl. I S. 1290) mit der Einführung von § 3a eine Neufestsetzung der Bedarfssätze. Für das Jahr 2020 erfolgte die Fortschreibung durch Bekanntmachung des BMAS v. 1.10.2019 (BGBl. I S. 1429), für das Jahr 2021 durch Art. 3 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe und zur Änderung des SGB XII sowie weiterer Gesetze v. 9.12.2020 (BGBl. I S. 2855), für das Jahr 2022 durch Bekanntmachung des BMAS v. 12.10.2021 (BGBl. I S. 4678), für das Jahr 2022 durch Bekanntmachung des BMAS v. 21.12.2022...