Rz. 13
In Abs. 3 wird klargestellt, in welchem Verhältnis Geld- und Sachleistungen, bzw. Gutscheine in der Sozialhilfe zueinander stehen – eine Klarstellung, die aufgrund praktischer Erfahrungen überfällig war. Es ist zulässig, bei Vorliegen eines entsprechenden Bedarfs auch Geld- und Sachleistung nebeneinander zu gewähren (Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 10 Rz. 11).
Rz. 14
Der Gesetzgeber hat in Abs. 3 Satz 1 schon eine Reihenfolge vorgegeben, in der Geld- und Sachleistungen gewährt werden. Die Geldleistung hat zunächst einmal den Vorrang vor Sachleistungen. Mit Festschreibung dieser Rangfolge wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Sozialhilfe zunächst Hilfe zur Selbsthilfe sein und die Eigenverantwortung der Leistungsberechtigten gestärkt werden soll. Nur wenn der Gesetzgeber ausdrücklich etwas anderes geregelt hat, ist eine Sachleistung gleich-, bzw. vorrangig (z. B. § 37 Abs. 1; keine andere Bedarfsdeckungsmöglichkeit umfasst auch die Möglichkeit der Sachleistung).
Unproblematisch ist ebenfalls der Fall, dass ein Leistungsberechtigter selbst die Sachleistung wünscht. Dann kann diesem Wunsch gemäß § 9 Abs. 2 entsprochen werden (vorausgesetzt, der Leistungsberechtigte ist über die gesetzlich vorgesehene Gewährungspraxis umfassend und korrekt aufgeklärt worden und wünscht dennoch die Sachleistung).
Rz. 15
Eine weitere Ausnahme vom Vorrang der Geldleistung liegt vor, wenn durch Gutscheine oder Sachleistungen das Ziel der Sozialhilfe erheblich besser oder wirtschaftlicher erreicht werden kann. Hier muss der Sozialhilfeträger eine Prognose im Hinblick auf die Erreichbarkeit des Ziels der Sozialhilfe anstellen. Als unbestimmte Rechtsbegriffe unterliegen die Begriffe "erheblich besser oder wirtschaftlicher" der vollen gerichtlichen Prüfung (vgl. Holzhey, a. a. O., § 10 Rz. 45).
Bei der Gewährung vollstationärer Hilfen ist das Ziel der Sozialhilfe regelmäßig durch eine Sachleistung erheblich besser/wirtschaftlicher zu erreichen (vgl. Streichsbier, a. a. O., § 10 Rz. 5). Auch die zweckwidrige Verwendung gewährter Geldmittel oder unwirtschaftlichem Verhalten in der Vergangenheit kann dazu führen, dass das Ziel der Sozialhilfe durch eine Sachleistung erheblich besser erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil v. 8.2.1973, V C 106.72).
Rz. 16
Abs. 3 Satz 2 wurde mit Wirkung zum 1.1.2011 durch Art. 3 Nr. 3 des Gesetzes v. 24.3.2011 (vgl. Rz. 1) gestrichen, Abs. 3 im Übrigen neu gefasst. Ursprünglich war mit Abs. 3 Satz 2 der unter Geltung des BSHG bestehende Streit beendet worden, ob es sich bei Wertgutscheinen um eine Geld- oder Sachleistung handelt. Da Gutscheine nunmehr in § 10 Abs. 3 den Sachleistungen gleichgestellt werden, kann hieraus geschlossen werden, dass diese als Sachleistungen anzusehen sind (vgl. Dauber, a. a. O., § 10 Rz. 38). Durch die Neufassung des Abs. 3 hat der Gesetzgeber der Einführung der Bedarfe für Bildung und Teilhabe in Form von Gutscheinen Rechnung tragen wollen.