0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Durch Art. 12 Nr. 7 i. V. m. Art. 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) wurde die Vorschrift zusammen mit den §§ 141 bis 145 mit Wirkung zum 1.1.2018 als 18. Kapitel des SGB XII (Regelungen für die Gesamtplanung für die Zeit vom 1.1.2018 bis zum 31.12.2019) eingefügt. Gemäß Art. 13 Nr. 41 BTHG ist die Vorschrift am 1.1.2020 außer Kraft getreten. Sie war im Wesentlichen gleichlautend mit dem ab 1.1.2020 geltenden § 121 SGB IX.
Durch Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Regelung einer Einmalzahlung der Grundsicherungssysteme an erwachsene Leistungsberechtigte und zur Verlängerung des erleichterten Zugangs zu sozialer Sicherung und zur Änderung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes aus Anlass der COVID-19-Pandemie (Sozialschutz-Paket III) v. 10.3.2021 (BGBl. I S. 335) wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 1.4.2021 mit neuem Inhalt eingeführt.
Durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung in den sozialen Mindestsicherungssystemen sowie zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und weiterer Gesetze v. 23.5.2022 (BGBl. I S. 760) wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 1.6.2022 geändert und die Zahlung einer weiteren Einmalzahlung von 200,00 EUR normiert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die v. 1.4.2021 bis zum 31.5.2022 geltende Fassung der Norm sah die Zahlung einer einmaligen pauschalen Zusatzleistung von 150,00 EUR zum Ausgleich COVID-19-bedingter Aufwendungen innerhalb des begrenzten Zeitraums vom 1.1.2021 bis 30.6.2021 vor. Zu den COVID-19-bedingten Mehraufwendungen gehören Ausgaben für Schnelltests, für Hygieneartikel, wie etwa Desinfektionsmittel, und für häusliche Freizeitgestaltung, insbesondere für Familien mit Kindern (BT/Drs. 19/26542 S. 19). Die Vorschrift normiert eine eigenständige einmalige Leistung eigener Art. Sie hat keine existenzsichernde Funktion (so zu Recht: Groth, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 144 Rz. 13 f.). Jedenfalls ist es den Empfängern von Grundsicherungsleistungen unabhängig von der Einmalzahlung zuzumuten die Kosten für eine angemessene Anzahl von OP-Masken oder Schutzmasken des Standards FFP2 zu tragen (SG Konstanz, Beschluss v. 1.4.2021, S 3 SO 338/21 ER). Inzwischen legt die sozialgerichtliche Rechtsprechung überwiegend zugrunde, dass kein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II wegen medizinischer bzw. FFP-2-Masken besteht (vgl. die Quellenangaben bei Groth, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 144 Rz. 15.2; insbesondere LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 23.3.2021, L 13 AS 125/21 B ER, und Blüggel, jurisPR-SozR 6/2021 Anm. 1).
Die am 23.5.2022 in Kraft getretene Fassung der Norm sieht eine weitere Einmalzahlung von 200,00 EUR zum Ausgleich Covid-19-bedingter Aufwendungen vor. Die Einmalzahlung erhalten damit erwachsene Leistungsberechtigte, deren monatlicher Regelsatz sich nach den Regelbedarfsstufen 1, 2 oder 3 bestimmt. Bei der Einmalzahlung handelt es sich um keine neue oder zusätzliche Leistung, sondern um eine die Regelbedarfe einmalig ergänzende Auszahlung. Leistungsberechtigte in stationären Einrichtungen, für die ein Regelsatz nach Regelbedarfsstufe 3 berücksichtigt und ein Barbetrag nach § 27b Abs. 3 oder § 27c Abs. 3 gezahlt wird, erhalten die Einmalzahlung mit dem Barbetrag ausbezahlt. Die Einmalzahlung wird für Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel (Hilfe zum Lebensunterhalt) von Amts wegen erbracht, für Leistungsberechtigte nach dem Vierten Kapitel (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) ist sie von dem Antrag nach § 44 Abs. 1 mit umfasst (BT-Drs. 20/1411 S. 18 f. und BT-Drs. 20/1768 S. 11). Anders als im SGB II erstreckt sich der Anspruch auf die Einmalzahlung auch auf Leistungsberechtigte, deren Regelsatz sich nach der Regelbedarfsstufe 3 bemisst. Sie erhalten die Einmalzahlung mit dem Barbetrag nach § 27b Abs. 3 (ggf. i. V. m.§ 27c Abs. 3) ausgezahlt (Groth, jurisPR-SozR 13/2022 Anm. 1).
2 Rechtspraxis
2.1 Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel
Rz. 3
Gemäß Satz 1 erhalten Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel (Hilfe zum Lebensunterhalt) oder dem Vierten Kapitel (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) die Einmalzahlung in Höhe von 150,00 EUR
- für COVID-19-bedingte Mehraufwendungen im Zeitraum vom 1.1.2021 bis zum 30.6.2021,
- wenn ihr Regelsatz für den Monat Mai 2021 sich nach der Regelbedarfsstufe 1, 2 oder 3 der Anlage zu § 28 ergibt.
Dies gilt für alle erwachsenen Leistungsberechtigten, unabhängig davon, ob sie in Wohnungen, sonstigen Unterkünften, einer besonderen Wohnform oder einer stationären Einrichtung leben. Die Einmalzahlung soll so wenig verwaltungsaufwendig wie möglich erbracht werden. Sie ist deshalb an einen bestehenden Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im Monat Mai 2021 gebunden und wird in der Folge von Amts wegen erbracht. Für Leistungsberechtigte in stationären Einrichtungen, für die die Regelbedarfsstufe 3 gilt, ist die Einma...