Rz. 3
Aufrechnungsberechtigter ist der Träger der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 46b sowie – aufgrund der Verweisung in § 37a Abs. 3 – auch diejenigen Träger, denen ein Rückzahlungsanpruch aus einem Überbrückungsdarlehen bei am Monatsende fälligen Einkünften zusteht. Aufrechnungsgegner sind leistungsberechtigte Personen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 41. Im Falle von § 37a ist Aufrechungsgegner der Darlehensschuldner.
Aufgerechnet werden kann nach Abs. 1 mit bestandskräftigen Forderungen nach § 44a Abs. 7. Hierbei handelt es sich um Erstattungsansprüche, die durch eine abschließende Entscheidung nach vorläufiger Leistungserbringung entstehen (vgl. die Kommentierung dort). Aufgerechnet werden kann dabei ausschließlich gegen den dem Aufrechnungsgegner zustehenden monatlichen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Rz. 4
Die Aufrechnung nach Abs. 1 ist gemäß Abs. 2 auf 5 % der für die leistungsberechtigte Person maßgebenden Regelbedarfsstufe beschränkt. Andere Bedarfe, wie Mehrbedarfe, bleiben bei der Bestimmung der Höchstgrenze außer Betracht.
Rz. 5
Nach Abs. 3 ist eine Aufrechnung durch schriftlichen Verwaltungsakt gegenüber der leistungsberechtigten Person zu erklären. Der entsprechende Bescheid muss, um hinreichend bestimmt zu sein, die Art und Höhe der Haupt- und Gegenforderung, die Höhe des Aufrechnungsbetrages, die Dauer der Aufrechnung sowie die Gesichtspunkte erkennen lassen, die für die Ermessensentscheidung relevant waren. Bei einer Mehrzahl von Forderungen muss darüber hinaus angegeben werden, in welcher Reihenfolge die Forderungen miteinander verrechnet werden sollen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 25.7.2013, L 3 R 63/13). Wird eine Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erkärt, findet § 366 BGB entsprechend Anwendung, der die Tilgungsreihenfolge nach dem vermuteten vernüftigen Beteiligtenwillen vornimmt (vgl. BSG, Urteil v. 25.10.2016, B 1 KR 7/16R).
Die Dauer der möglichen Aufrechnung mit einer bestandskräftigen Forderung wird auf einen Zeitraum von 3 Jahren beschränkt. Diese Frist beginnt ab dem Monat, der auf den Monat, in dem die Bestandskraft der Forderung eintritt, folgt und endet dementsprechend 3 Jahre nach Ende des Monats, in dem die Bestandskraft eingetreten ist. Zeiträume, in denen eine Aufrechnung (z. B. durch die vorübergehende Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens, so BT-Drs. 18/9984) nicht möglich ist, verlängern den Aufrechnungszeitraum entsprechend.
Rz. 5a
Bei § 44b Abs. 1 handelt es sich um eine Ermessensnorm ("können"), hinsichtlich des "Ob" als auch des "Wie" (Beginn und Dauer) der Aufrechnung. Damit sind im Rahmen der Ermessensentscheidung sämtliche Umstände des Einzelfalles, insbesondere die familiäre und wirtschaftliche Situation des Aufrechnungsgegners, ein etwaiges Mitverschulden des Aufrechungsberechtigten sowie das Interesse der Steuerzahler, bestehende Forderungen mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zeitnah einzutreiben, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist auch zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine Begrenzung der Aufrechnung auf weniger als 3 Jahre gebieten (vgl. BSG, Urteil v. 9.3.2016, B 14 AS 20/15 R).
Rz. 6
Mit Abs. 4 werden die für die Ausführung des Vierten Kapitels zuständigen Träger zur Verrechnung ermächtigt, insbesondere um die Realisierung von Erstattungs- und Rückzahlungsansprüchen zu erleichtern. Bei der Verrechnung handelte es sich um eine besondere Form der Aufrechung, bei der eine Ermächtigung zur Aufrechnung einer fremden Forderung besteht (vgl. BSG Urteil v. 31.5.2016, B 1 KR 38/15 R). Anders als bei der Aufrechnung fehlt es daher an der Identität von Gläubiger und Schuldner der zur Verrechnung stehenden Forderung. Die Verrechnung erfolgt vielmehr im Dreiecksverhältnis. Dementsprechend kann nach Abs. 4 Satz 1 der ausführende Träger mit Ermächtigung eines Trägers, der zum Zeitpunkt der Entstehung der Forderung zuständig war (Wechsel der Zuständigkeit insbesondere aufgrund eines Umzugs, BT-Drs. a. a. O.), die Forderung mit den von ihm zu erbringenden Geldleistungen verrechnen. Bei dem bislang zuständigen Träger muss es sich aber nach dem Wortlaut der Vorschrift um einen Träger von Leistungen nach dem SGB XII handeln. Der ausführende Träger, der um Verrechnung ersucht wird, hat zu prüfen, ob dem Verrechnungsersuchen Gründe entgegenstehen. Zeitlicher Rahmen und Umfang der Verrechnung entsprechen der Aufrechnung nach den Abs. 1 bis 3. Die Verrechnung ist ebenso durch schriftlichen Verwaltungsakt zu erklären.
Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. a. a. O.) hätte ein infolge der Verrechnung zwischen für die Ausführung des Vierten Kapitels zuständigen Trägern bestehender Ausgleichsanspruch für den Bund, der die Nettoausgaben für Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII zu tragen hat, keinerlei Auswirkungen: Für die Höhe der bundesweiten Nettoausgaben wäre es unerheblich, welcher ausführende Träger die Verrechnung geltend macht und insoweit geri...