0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch Art. 2 Nr. 5 des Dritten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) mit Wirkung zum 1.1.2017 neu eingefügt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift regelt das Pflegegeld. Wie schon nach altem Recht ist es nicht Sinn des Pflegegeldes, den Pflegebedarf zu decken, sondern die Pflegebereitschaft zu erhalten (so schon BVerwG, Urteil v. 14.3.1991, 5 C 8/87, FEVS 41 S. 401 m. w. N.). Daneben sollen durch das Pflegegeld Mehraufwendungen des Pflegebedürftigen und der Pflegeperson, wie z. B. erhöhte Telefonkosten aufgrund fehlender Mobilität, finanziert werden (Meßling, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 64a Rz. 18). Der Charakter der Pflegegeldleistung bleibt durch die Pflegestärkungsgesetze unverändert (vgl. BT-Drs. 18/5926 S. 122). Da das Pflegegeld die Pflegebereitschaft erhalten bzw. als Motivationshilfe dienen will, wird es auch ungeachtet des tatsächlichen Aufwandes (HessVGH, Urteil v. 12.6.1990, 9 UE 1622/89, FEVS 42 S. 1) und eines darüber zu führenden Nachweises pauschal gewährt. Es bleibt gemäß § 82 Abs. 1 als ‹Leistung nach diesem Buch› bei der Bestimmung des Einkommens anrechnungsfrei (Pflegegeld nach dem SGB XI wäre als zweckbestimmte Leistung i. S. d. § 83 nicht anrechenbar). Dies gilt nicht nur für den Leistungsempfänger selbst, sondern auch für die Pflegeperson, an die das Pflegegeld bestimmungsgemäß weitergereicht wurde, weil es sonst seinen Anreizzweck nicht erfüllen könnte (BVerwG, Urteil v. 4.6.1992, 5 C 82/88, BVerwGE 90 S. 217; Kaiser, in: BeckOK SGB XII, § 64a Rz. 2). Die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung weitergereichten Pflegegeldes ist in § 13 Abs. 6 SGB XI geregelt, der über die Inbezugnahme ‹vergleichbarer Geldleistungen› auch auf § 64a verweist (Udsching, in: Udsching/Schütze, SGB XI, § 13 Rz. 32).
2 Rechtspraxis
2.1 Höhe des Pflegegeldes
Rz. 3
Abs. 1 Satz 1 überträgt im Wesentlichen inhaltsgleich § 64 Abs. 1 bis 3 in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung auf das neue Recht. Er stellt klar, dass (nur) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 bei häuslicher Pflege Anspruch auf Pflegegeld haben und verweist hinsichtlich der Höhe auf § 37 Abs. 1 SGB XI.
Rz. 4
Nach § 37 Abs. 1 Satz 3 SGB XI beträgt das Pflegegeld je nach Pflegegrad 316,00 EUR (Pflegegrad 2), 545,00 EUR (Pflegegrad 3), 728,00 EUR (Pflegegrad 4) oder 901,00 EUR (Pflegegrad 5) pro Kalendermonat. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 haben keinen Anspruch auf Pflegegeld, sie können nur die (eingeschränkten) in § 63 Abs. 2 aufgeführten Leistungen beziehen.
Rz. 5
Wurden in der Vorgängervorschrift noch – letztlich systemwidrig – die Pflegestufen 1 bis 3 geregelt, finden sich Bestimmungen zu den 5 Pflegegraden nunmehr zutreffend am Anfang des 7. Kapitels in § 61b. Eine Berücksichtigung besonderer qualitativer Umstände der Pflege (überdurchschnittliche körperliche Anstrengungen, unvermeidlicher Kontakt mit Ausscheidungen etc.) ist aufgrund des Wortlauts, der jeweils auf ein Pflegegeld in Höhe des Betrages nach dem SGB XI verweist, ausgeschlossen. Es handelt sich um eine pauschalierte und nicht zweckbezogene Geldleistung, eine Anerkennung für die innerfamiliäre Unterstützungs- und Hilfeleistung und nicht um ein Entgelt für erbrachte Pflegeleistungen (vgl. BT-Drs. 18/5926 S. 122).
2.2 Keine zusätzliche Erstattung angemessener Aufwendungen
Rz. 6
War nach bis zum 31.12.2016 geltender Rechtslage neben dem Pflegegeld auch die Erstattung angemessener Aufwendungen der Pflegeperson sowie das Erbringen angemessener Beihilfen möglich (§ 65 Abs. 1 a. F.), ist dies nach dem Inkrafttreten des PSG III im 7. Kapitel nicht mehr vorgesehen. Die Vorschrift des § 65 a. F. ging zurück auf die Anfangszeit des BSHG, als Pflegegeld nur bei einem noch stärkeren Maß an Pflegebedürftigkeit gewährt wurde. Da das Pflegegeld inzwischen ohne diese zusätzlichen Voraussetzungen gewährt wird, wurde die Notwendigkeit zur Übernahme weiterer Aufwendungen nicht gesehen. Der Gesetzgeber geht vielmehr davon aus, dass etwaige Aufwendungen der Pflegeperson bereits durch das Pflegegeld abgegolten sind (vgl. BT-Drs. 18/9518 S. 96).
2.3 Kürzung, Anrechnung und Ausschlusstatbestände
Rz. 7
Abs. 2 übernimmt inhaltsgleich den bisherigen § 64 Abs. 5 Satz 2 bis 4. Für den Fall, dass der Anspruch nicht für den vollen Kalendermonat besteht, ist der Geldbetrag nach Abs. 2 Satz 1 entsprechend zu kürzen. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn der Sozialhilfeträger erst im Laufe eines Monats i. S. d. § 18 Kenntnis vom Bedarf erhält oder wenn eine ansonsten vollstationär gepflegte Person sich an Wochenenden bei ihrer Familie aufhält und dort gepflegt wird. Auch bei sonstigen Gründen, die sich auf den Leistungszeitraum auswirken können (z. B. vorübergehender Krankenhausaufenthalt des Pflegebedürftigen o. Ä.), greift Abs. 2 Satz 1 ein. Dies war in der Vergangenheit zunächst umstritten und ist durch die Einführung von § 63 Sätze 3 ff. in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung, die nun in § 63b Abs. 4 verortet sind, geklärt worden: Danach ist die Fortzahlung ambulanter Leistungen während eines vorübergehe...