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Die Vorschrift überträgt im Wesentlichen inhaltsgleich den bisherigen § 67 BSHG, der seinerseits altes Recht der Fürsorge für Kriegs- und Friedensblinde fortgeführt und weiterentwickelt hatte. Wie bei vorigen Rechtsänderungen ist die jetzige Regelung eng mit dem Spitzenverband der Betroffenen abgestimmt worden. So entspricht die Ergänzung des Abs. 1 einem Vorschlag einer Arbeitsgruppe der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger und des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e. V. Anstelle der bisherigen Ermessenausübung, die mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden war, wird damit eine gestaffelte und bundeseinheitlich geregelte Kürzungsvorgabe eingeführt (Abs. 1 Satz 2). Diese Regelung ist mit Art. 2 des PSG III v. 23.12.2016 mit Wirkung zum 1.1.2017 angepasst worden. Nach altem Recht waren auf die Leistungen der Blindenhilfe die Leistungen bei häuslicher Pflege nach dem SGB XI in Abhängigkeit der Pflegestufe anzurechnen. Infolge der Umstellung von 3 Pflegestufen in 5 Pflegegrade war die Vorschrift entsprechend der Überleitungsregel des § 140 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB XI anzupassen. Die Leistungsverbesserungen in der Pflege sollen, so die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9518), den Leistungsberechtigten nach § 72 zugutekommen, ohne dass die Blindenhilfe absolut stärker als bisher gekürzt wird. Dementsprechend sind ab dem 1.1.2017 auf die Blindenhilfe bei Pflegebedürftigen des Pflegegrades 2 Leistungen bei häuslicher Pflege nach dem SGB XI mit 50 % des Pflegegeldes bei Pflegegrad 2 und bei Pflegebedürftigen der Pflegegrade 3 bis 5 die Leistungen bei häuslicher Pflege nach dem SGB XI mit 40 % des Pflegegeldes bei Pflegegrad 3, höchstens jedoch mit 50 % des Betrages nach § 72 Abs. 2, anzurechnen.
Die privat- und beamtenrechtlichen Pflegeleistungen nach dem SGB XI werden ausdrücklich mit einbezogen. Durch Abs. 1 Satz 4 wird klargestellt, dass in entsprechender Anwendung des § 39 die Blindenhilfe gekürzt werden kann. Nicht übernommen wird der bisherige § 67 Abs. 4 BSHG, da Erwerbsfähige in den Regelungsbereich der neuen Leistung Arbeitslosengeld II nach dem SGB II übergehen. Auch die frühere Kürzungsbefugnis wegen fehlender Möglichkeit zur bestimmungsgemäßen Mittelverwendung ist damit aufgehoben. Eine für Blinde wesentliche Änderung ist der Wegfall der besonderen Einkommensgrenzen nach § 81 BSHG, die nicht in das neue Recht des SGB XII übernommen wurden. Galt bislang für die Inanspruchnahme von Blindenhilfe der 6fache Eckregelsatz, so ist diese Einkommensgrenze jetzt gemäß § 87 Abs. 1 Satz 3 auf den Einsatz von Einkommen, das die Einkommensgrenze um 60 % übersteigt, abgeschmolzen worden. Gleichwohl bleibt die Sonderstellung der Blindenhilfe verfassungsrechtlich vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nicht unproblematisch, weil die ausschließliche Anknüpfung an die Art der Behinderung große Gruppen ähnlich schicksalhaft von schweren Erkrankungen oder Behinderungen betroffener Menschen (hohe Querschnittslähmungen, Stoffwechselerkrankungen wie Mukoviszidose oder Muskelschwund, angeborene oder fortschreitende geistige Behinderungen wie Morbus Down oder Alzheimer) trotz vergleichbaren Bedarfs von vorneherein aus dem Kreis der Leistungsberechtigten ausschließt. Die Streichung der jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen begegnet vor diesem Hintergrund keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (SG Altenburg, Urteil v. 17.1.2007, S 8 BL 1045/06 – am Beispiel des Thüringer Landesblindengesetzes).