Rz. 53
Nicht unerhebliche Probleme können entstehen, wenn ein Kind von seiner nicht verheirateten Mutter zur Adoption freigegeben (§ 1747 Abs. 1 BGB) und adoptionswilligen Eltern in Pflege gegeben wird (§ 1744 BGB). Ist zu diesem Zeitpunkt kein Mann als rechtlicher Vater oder möglicher biologischer Vater (§ 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB) bekannt, reicht die Einwilligung der Mutter. Mit der Einwilligung ruht ihre elterliche Sorge, kann also von der Mutter nicht mehr ausgeübt werden (§§ 1751 Abs. 1 Satz 1; 1675 BGB). Das Jugendamt tritt grundsätzlich als Vormund an ihre Stelle (§ 1751 Abs. 1 Satz 2 BGB). Den Adoptivpflegeeltern stehen die Entscheidungsbefugnisse von Pflegepersonen zu (§§ 1751 Abs. 1 Satz 5, 1688 BGB).
Rz. 54
Erfährt nunmehr der biologische Vater von der Geburt des Kindes und lässt seine Vaterschaft gerichtlich feststellen (§§ 1600d, 1600e Abs. 1 BGB), hat er die Möglichkeit die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich zu beantragen (§ 1672 Abs. 1 BGB), ohne dass es der Zustimmung der – nicht mehr sorgeberechtigten – Mutter bedürfte (§ 1751 Abs. 1 Satz 6 BGB; BGH, Beschluss v. 26.9.2006, XII ZB 229/06). Wesentlich ist allein das Wohl des Kindes (§ 1672 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bis zu einer abschließenden Entscheidung über diesen Antrag des Vaters darf eine Adoption des Kindes nicht ausgesprochen werden (§ 1747 Abs. 3 Nr. 2 BGB).
Rz. 55
In dieser Situation prallen 3 Grundrechtspositionen aufeinander. Das Elternrecht des Vaters aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, das Recht der Adoptivpflegefamilie auf staatlichen Schutz aus Art. 6 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschluss v. 12.10.1988, 1 BvR 818/988) und das Recht des Kindes auf Schutz seines Persönlichkeitsrechtes (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG). Im Rahmen der Abwägung der Grundrechtspositionen ist letztendlich das Wohl des Kindes bestimmend. Zu beachten ist aber: Auch wenn die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater und damit die Trennung des Kindes von der Adoptivpflegefamilie (vgl. § 1632 Abs. 1 BGB) mit im Regelfall erheblichen psychischen Belastungen für das Kind einhergeht, rechtfertigt dies allein nicht, den Antrag des Vaters abzulehnen. Andernfalls wäre die Zusammenführung von Kind und Eltern immer ausgeschlossen, wenn das Kind eine soziale Familie gefunden hat. Härten ist vielmehr durch eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB zu begegnen, um Vater und Kind Gelegenheit zu geben, eine soziale Beziehung aufzubauen, die eine Trennung von der Pflegefamilie vorbereitet (BVerfG, Beschluss v. 5.4.2005, 1 BvR 1664/04; BGH, Beschluss v. 26.9.2006, XII ZB 229/06, der aber im konkreten – außergewöhnlichen – Fall keine das Kindeswohl angemessen berücksichtigende Konfliktlösung sah).