Rz. 163
Für nicht privilegierte Volljährige gelten die Ausführungen in Rz. 24 bis 67 und Rz. 156 ff. entsprechend. Es entfallen aber die sich aus §§ 1603 Abs. 2 Satz 2, 1609 Nr. 1 BGB folgenden Privilegien. Zudem können sich aus dem Bestimmungsrecht der Eltern zur Art der Unterhaltsgewährung (§ 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB) Probleme ergeben. Im Einzelnen gilt Folgendes.
2.7.2.2.1 Bedürftigkeit
Rz. 164
Der angemessene Gesamtunterhaltsbedarf eines Studierenden, der nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, beträgt zurzeit i. d. R. 640,00 EUR (Düsseldorfer Tabelle zum Kindesunterhalt, Anm. 7, vgl. Rz. 170).
Rz. 165
Ein eheähnliches Verhältnis, in dem der Unterhaltsberechtigte mit seinem Partner zusammenlebt, kann zu einer Reduzierung seiner Bedürftigkeit führen (BGH, Urteil v. 21.12.1988, IVb ZR 18/88; OLG Thüringen, Beschluss v. 4.11.2004, 1 WF 303/04). Finanzielle Mittel, die der Volljährige von seinem Partner für die gemeinsame Lebensführung erhält, mindern die Bedürftigkeit ebenso wie Leistungen des Unterhaltsberechtigten für den gemeinsamen Haushalt, soweit der Partner diese vergüten kann (OLG Thüringen, Beschluss v. 4.11.2004, 1 WF 303/04).
2.7.2.2.2 Leistungsfähigkeit
Rz. 166
Der angemessene Eigenbedarf eines Elternteils gegenüber einem nicht privilegierten volljährigen Kind beträgt monatlich zurzeit mindestens 1.100,00 EUR (Düsseldorfer Tabelle zum Kindesunterhalt, Anm. 5, vgl. Rz. 170).
2.7.2.2.3 Bestimmungsrecht der Eltern
Rz. 167
Nach § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB können Eltern, die einem unverheirateten volljährigen Kind Unterhalt zu gewähren haben, die Art des Unterhalts bestimmen. Einer Studentin/einem Studenten kann deshalb im Rahmen eines Gesamtkonzeptes angeboten werden, in der Wohnung der Eltern zu leben sowie Verpflegung, ein Taschengeld und Geld für zweckgebundene Ausgaben (z. B. Studienliteratur) zu erhalten (OLG Celle, Beschluss v. 5.5.2006, 17 WF 60/06; OLG Hamm, Beschluss v. 9.11.1998, 15 W 202/98). Akzeptiert der junge Volljährige das Angebot nicht, entfällt die Unterhaltspflicht (Diederichsen, in: Palandt, BGB, § 1612 Rz. 13).
Rz. 168
Auf Antrag des volljährigen Kindes kann das Familiengericht aus besonderen Gründen die Unterhaltsbestimmung der Eltern ändern (§ 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB). Solche Gründe können schwere familiäre Zerwürfnisse, schwere Verfehlungen der Eltern gegenüber dem Kind, ein unzureichender Wohnraum oder die Notwendigkeit eines auswärtigen Studiums sein. Nicht ausreichend ist ein Streit im üblichen Rahmen eines Generationenkonflikts oder der bloße Wille des Volljährigen. Damit wird nicht in unzulässiger Weise in die Lebensplanung des Volljährigen eingegriffen. Denn ein allgemeiner Anspruch, die eigene Lebensplanung auf Kosten anderer zu verwirklichen, besteht nicht.
In der Praxis ist regelmäßig zu beobachten, dass schwere Verfehlungen der Eltern zur Grundlage eines Antrags an das Familiengericht gemacht werden. Stellt sich im Verfahren heraus, dass die Vorwürfe unzutreffend sind, kann der Volljährige seinen Unterhaltsanspruch ganz oder teilweise verwirken (§ 1611 Abs. 1 BGB).