Rz. 6
Abs. 2 bezieht sich sowohl auf die Unterstützung des Familiengerichts als auch auf die Mitwirkung im gerichtlichen Verfahren. Die Vorschrift legt den Kernbereich der Unterstützungshandlungen des Jugendamtes fest. Das Wort "insbesondere" zeigt auf, dass es sich um eine nicht abschließende Aufzählung handelt.
Rz. 7
Das Jugendamt unterrichtet das Gericht über die Leistungen, die es angeboten und diejenigen Leistungen, die es erbracht hat (Abs. 2 Satz 1). Das Gericht braucht diese Informationen, um beurteilen zu können, welche weiteren (weitergehenden) Maßnahmen in Betracht kommen. Nach ganz h. M. hat das Familiengericht bei Leistungsansprüchen von Betroffenen keine Anordnungs- und Weisungsbefugnis gegenüber dem Jugendamt (Brandenburgisches OLG, Beschluss v. 5.12.2016, 13 UF 151/16; Schruth, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl., § 50 Rz. 29). Teilweise wird die gerichtliche Anordnung jugendhilferechtlicher Leistungen bei Gefährdung des Kindeswohls im Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB für zulässig erachtet (Strick, in: Münchner Kommentar, § 50 Rz. 2, 5). Dagegen spricht allerdings, dass der Gesetzgeber die früher in § 48c JWG vorgesehenen Aufgabenzuweisungskompetenzen der Vormundschafts- und Familiengerichte nicht in die Vorschriften des SGB VIII übernommen hat. Vielmehr betonen die Vorschriften des SGB VIII die eigenständige Verwaltungstätigkeit der Jugendhilfebehörden.
Rz. 8
Ausgehend von Abs. 2 Satz 1 stellt das Jugendamt in einer gutachtlichen Äußerung gegenüber dem Gericht erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen dar. Dazu gehört eine Beurteilung der körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung, die Mitteilung von Verhaltensauffälligkeiten, die Beschreibung der Wohnsituation, des sozialen Umfelds, der sozialen Bindungen des Kindes und vor allem der Erziehungsbedingungen. Eine gutachtliche Stellungnahme des Jugendamtes im Sorgerechtsregelungsverfahren ist hingegen nicht verwertbar, wenn das Jugendamt sie ausschließlich aufgrund von Gesprächen mit den Beteiligten in der Dienststelle abgibt. Entscheidend ist vielmehr, dass auch die Verhältnisse vor Ort sowie das häusliche Umfeld des Kindes bzw. der Personen, denen die elterliche Sorge bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen werden soll, in Augenschein genommen werden, weil dies prinzipiell ein für die familiengerichtliche Entscheidung wichtiger Umstand sein kann. Verwertet das Familiengericht eine solche mangelhafte Stellungnahme dennoch und stützt es seine Entscheidung darauf, verletzt es mitunter seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 5.1.2001, 25 UF 202/00; zum Umfang der Mitwirkungspflicht des Jugendamtes gegenüber dem Familiengericht vgl. OLG Stuttgart, Beschluss v. 28.8.2006, 17 UF 151/06).Schließlich soll die gutachtliche Äußerung des Jugendamtes Vorschläge beinhalten; sie soll auf weitere Möglichkeiten der Hilfe hinweisen. Dieser Vorschlag wird allerdings nicht als Entscheidungsvorschlag für das Gericht normiert, wird als solcher allerdings oftmals so verstanden (zum Umfang der Mitwirkungspflicht des Jugendamtes gegenüber dem Familiengericht siehe OLG Stuttgart, Beschluss v. 28.8.2006, 17 UF 151/06).
Rz. 9
Diese im Gesetzeswortlaut aufgeführten 3 Kernbereiche der Unterstützung und Mitwirkung geben insgesamt eine gutachtliche Äußerung vor. Zu einem Gutachten gehört nämlich zunächst die Darstellung und Analyse des derzeitigen Ist-Zustandes. In einem weiteren Schritt wird der Soll-Zustand benannt und dann in einem dritten Schritt die Mittel und Instrumente (die weiteren Hilfemöglichkeiten), die geeignet sind, das Ziel zu erreichen. Dem Wortlaut des Abs. 2 Satz 1 ist zu entnehmen, dass das Tätigwerden an sich zwingend vorgeschrieben wird. Daher dürfte ein Entschließungsermessen des Jugendamtes, ob es tätig werden soll, nicht bestehen. Absatz 2 umschreibt jedoch die Art und Weise des Tätigwerdens nur sehr abstrakt. Daher wird man ein Auswahlermessen hinsichtlich der Art und Weise und des Umfangs der Unterstützungsleistungen annehmen müssen. Wegen des Charakters der Mitteilung des Jugendamtes als unselbständiger Teil des familiengerichtlichen Erkenntnisprozesses kann das Jugendamt jedoch nicht verpflichtet werden, Berichte, (gutachterliche) Stellungnahmen oder sonstige (mündliche) Äußerungen, die es dem Familiengericht hat zukommen lassen, zu widerrufen, zurückzuziehen oder sonst für unbrauchbar erklären zu lassen (vgl. VG München, Beschluss v. 21.6.2012, M 18 E 12.2701). Gibt das Jugendamt nach § 50 eine Stellungnahme gegenüber dem Familiengericht ab, ist Adressat dieser Stellungnahme das Gericht und nicht das Kind oder die Eltern, so dass sich diese gegen die Stellungnahme des Jugendamtes nicht gesondert auf dem Verwaltungsrechtswege wehren können. Ihr Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG gegen diese Mitteilungen als unselbständige Teile des familiengerichtlichen Erkenntnisprozesses wird dadurch gewährleistet, dass sie Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung...