Rz. 3
Abs. 1 wird an § 1774 BGB angepasst, wonach neben dem Jugendamt nur noch natürliche Personen zum Vormund bestellt werden können. Das Familiengericht wählt gemäß § 1778 Abs. 1 BGB den Vormund aus, der am besten geeignet ist, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, wenn die Vormundschaft nicht einem nach § 1782 BGB von den Eltern Benannten zu übertragen ist.
Rz. 4
Abs. 1 normiert ein Vorschlagsrecht und zugleich eine Vorschlagspflicht des Jugendamtes (vgl. hierzu auch die Komm. zu § 56). Vorzuschlagen sind Einzelpersonen. Diese müssen im Einzelfall zum Pfleger oder Vormund geeignet sein. Sie müssen also zunächst einmal grundsätzlich geeignet sein. Bei Einzelpersonen ist zu prüfen, ob Ausschlussgründe nach § 1782 BGB (Benennung und Ausschluss durch die Eltern) und § 1784 BGB (Ausschlussgründe) vorliegen. Insbesondere dann, wenn die Eltern nach § 1776 BGB wirksam einen Vormund benennen, besteht keine Vorschlagspflicht, weil das Familiengericht in dem Fall keine Auswahlentscheidung zu treffen hat. Auch diese Vorschriften gelten für die Pflegschaft entsprechend.
Rz. 4a
Nach der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts kann gemäß § 1774 Abs. 1 BGB in der ab 1.1.2023 geltenden Fassung eine natürliche Person als ehrenamtlicher Vormund (Nr. 1), als Berufsvormund (Nr. 2), als Mitarbeiter eines anerkannten Vormundschaftsvereins (Nr. 3) oder das Jugendamt selbst (Nr. 4) bestellt werden. Gemäß § 1779 Abs. 2 Satz 1 BGB hat eine natürliche Person, die geeignet und bereit ist, die Vormundschaft ehrenamtlich zu führen, gegenüber den in § 1774 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BGB genannten Vormündern Vorrang. Dies gilt auch dann, wenn zur Regelung einzelner Sorgeangelegenheiten ein zusätzlicher Pfleger nach § 1776 BGB bestellt wird (§ 1779 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Rz. 4b
Die Kriterien für die Eignung der natürlichen Person sind in § 1779 Abs. 1 BGB aufgeführt. Es sind ihre Kenntnisse und Fähigkeiten (Nr. 1), ihre persönlichen Eigenschaften (Nr. 2), ihre persönlichen Verhältnisse und ihrer Vermögenslage (Nr. 3) und ihre Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den anderen an der Erziehung des Mündels beteiligten Personen (Nr. 4). Anhand dieser Kriterien hat das Jugendamt die Geeignetheit der vorzuschlagenden Personen zu prüfen. Der Vorschlag an das Familiengericht sollte wenn möglich mehrere Personen beinhalten, wobei deren Eignung nach den gesetzlichen Kriterien gewichtet werden kann. Gemäß § 55 Abs. 5 sind Aufgaben der Pflegschaft und Vormundschaft funktionell, organisatorisch und personell von den übrigen Aufgaben des Jugendamts zu trennen. Das bedeutet, dass diejenigen Fachkräfte, die Aufgaben des Jugendamtes als Vormund wahrnehmen sollen, nicht zugleich mit dem Vorschlag nach Abs. 1 beauftragt werden dürfen (Hoffmann, in: Frankfurter Kommentar SGB VIII, 9. Aufl., § 53 Rz. 20).
Rz. 4c
Die Einzelpersonen und Vereine müssen außerdem im Einzelfall geeignet sein. Dies bedeutet, dass das Jugendamt seinen Vorschlag auch in Bezug auf die Person des jeweiligen Mündels abzufassen hat. Die besonderen Verhältnisse, in denen das Mündel lebt, seine Vermögensverhältnisse und sonstige Besonderheiten müssen in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Ferner ist zu prüfen, ob Familienangehörige oder Verwandte als Pfleger oder Vormund in Betracht kommen oder ob insoweit Interessenkonflikte zu erwarten sind. Wird Eltern das Sorgerecht für Kinder entzogen, so sind Familienangehörige und Verwandte des Kindes vorrangig zum Vormund des Kindes zu bestimmen, wenn sie zur Führung der Vormundschaft geeignet sind. Bei der Beurteilung dieser Frage sind die Erziehungseignung und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der als Vormund in Betracht kommenden Personen sowie ggf. der Kindeswille zu berücksichtigen (vgl. hierzu OLG Saarbrücken, Beschluss v. 17.7.2014, 6 UF 48/14). Art und Umfang der Ermittlungen zur Geeignetheit des vorzuschlagenden Vormunds bestimmt das Jugendamt nach eigenem Ermessen (Hoffmann, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 9. Aufl., § 53 Rz. 9).