Rz. 33

Abs. 2 begründet im Anschluss an die Übernahme der Vorschriften des Grundsicherungsgesetzes in das SGB XII (§§ 41 bis 46) den grundsätzlichen Anspruch auf diese Leistung. Im Wesentlichen enthält Abs. 2 allerdings nur Klarstellungen bzw. Wiederholungen der in §§ 41 und 43 genannten Voraussetzungen:

 

Rz. 34

Abs. 2 Satz 1 beschreibt den Kreis der Leistungsberechtigten, indem er auf die Personen verweist, die die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 erreicht oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

 

Rz. 35

Abs. 2 Satz 2 a. F. wurde durch das Gesetz v. 24.3.2011 (BGBl. I S. 453) mit Wirkung zum 1.1.2011 gestrichen (vgl. Rz. 1a). § 43 enthält eine deckungsgleiche Regelung.

 

Rz. 36

Abs. 2 Satz 2 stellt klar, dass die Leistungen nach §§ 41 ff. gegenüber den Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt vorrangig sind. Dies ist auch deshalb von großer Bedeutung, weil gemäß § 46a Abs. 1 der Bund die den zuständigen Trägern entstandenen Nettokosten für Geldleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im Jahr 2013 in Höhe von 75 % und ab 2014 zu 100 % erstattet, während die Träger (Städte und Landkreise) die Kosten der Hilfe zum Lebensunterhalt selbst tragen müssen. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind allerdings gemäß § 41 Abs. 1 antragsabhängig. Obwohl Abs. 2 Satz 2 den Vorrang der Leistungen nach §§ 41 ff. vorsieht, entfällt der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB XII jedoch nicht, wenn der Antrag fehlt. Vielmehr stehen dem Bedürftigen dann ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers (§ 18) Leistungen nach den §§ 27 ff., also Hilfe zum Lebensunterhalt, zu. Fehlt es also an einem Antrag für Leistungen nach dem Vierten Kapitel, kommen nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz Leistungen nach dem Dritten Kapitel in Betracht (BSG, Beschluss v. 27.7.2021, B 8 SO 10/19 R Rz. 9). Ein Folgeantrag nach Ablauf eines Bewilligungsabschnitts ist grundsätzlich nicht erforderlich (BSG, Urteil v. 29.9.2009, B 8 SO 13/08 R).

Gegenüber dem Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II (vormals Sozialgeld) sind die Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII vorrangig, was sowohl aus § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II als auch aus § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB II folgt. Scheidet ein Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel aber (allein) wegen eines bedarfsdeckenden Einkommens oder Vermögens (rechnerisch) aus, ist bei etwaiger (fiktiver) Bedürftigkeit des Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II) ein Anspruch auf Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht gesperrt.

Im Hinblick auf die Einsatzgemeinschaft gibt Abs. 2 lediglich ein unvollständiges Bild, als nur auf den Leistungsberechtigten selbst abgestellt wird. Vollständig und abschließend ist die Einsatzgemeinschaft in § 43 Abs. 1 Satz 2 geregelt: Zu ihr gehören der nicht getrennt lebende Ehegatte/Lebenspartner sowie der Partner einer eheähnlichen/lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft. Gesetzlich nicht geregelt ist die sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft, bei der – im Rahmen der vorgenannten Einsatzgemeinschaft – eine Person leistungsberechtigt nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ist, die andere einen Anspruch auf Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 SGB II hat. In diesem Fall hat das BSG im Hinblick auf den Einsatz von Einkommen entschieden, dass das Einkommen nach der Kaskadenmethode zu verteilen ist (BSG, Urteil v. 9.6.2011, B 8 SO 20/09 R). Dies bedeutet, dass Einkommen zunächst innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II einzusetzen ist, und erst dann, wenn dort Einkommen übrig bleibt, dieses auf den Anspruch des Leistungsberechtigten nach dem Vierten Kapitel des SGB XII anzurechnen ist. Im Hinblick auf die Berücksichtigung von Vermögen hat das BSG zur gemischten Bedarfsgemeinschaft entschieden, dass über die Härteregelung des § 90 Abs. 3 ein gemeinsamer Vermögensschonbetrag zu bilden ist, der sich durch Addition der nach Maßgabe der im jeweiligen Existenzsicherungssystem geltenden Freibeträge bildet (BSG, Urteil v. 20.9.2012, B 8 SO 13/11 R).

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