Rz. 40

Seit dem 1.1.2009 können die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung von den Versicherten einen Zusatzbeitrag zu verlangen. Abs. 4 stellt klar, dass auch dieser Beitrag von der Leistungspflicht nach § 32 Abs. 1 und 2 erfasst ist. Die Vorschrift flankiert damit das Recht der Betroffenen auf freie Wahl einer Krankenkasse (§ 173 ff. SGB V). Sie können bei erstmaliger Erhebung eines Zusatzbeitrages ihrer Krankenkasse – auch unter dem Gesichtspunkt des § 2 Abs. 1 – nicht dazu gezwungen werden, in eine Krankenkasse zu wechseln, die keinen Zusatzbeitrag erhebt (wie hier: H. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 32 Rz. 42; Holzey, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 23.3.2017, § 32 Rz. 47; LG Aachen, Urteil v. 22.9.2000, 43 O 94/00).

 

Rz. 41

Durch Art. 9 des GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetzes v. 21.7.2014 (BGBl. I S. 1137) wurde der Wortlaut des Abs. 4 zum 1.1.2015 im Hinblick auf den "kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz" (§ 242 Abs. 1 SGB V) angepasst. Es handelt sich dabei nur um eine redaktionelle Änderung.

 

Rz. 42

Ab dem 1.1.2018 wird sich die Regelung inhaltsgleich in Abs. 3 befinden. Die Neufassung von Abs. 4 regelt dann die Angemessenheit von Beiträgen für eine private Krankenversicherung als Voraussetzung für die Anerkennung als Bedarf. Bei Personen, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, sind angemessene Beiträge nach den Sätzen 2 und 3 anzuerkennen (Satz 1).

 

Rz. 43

Nach Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 sind Beiträge für eine private Krankenversicherung bis zu der Höhe angemessen, die sich aus Versicherungsverträgen ergibt, die der Erfüllung der Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) genügen, jedoch begrenzt auf die Höhe des halbierten Beitrags im Basistarif. Nach § 193 Abs. 5 Satz 1 VVG sind Versicherer verpflichtet, den dort genannten Personengruppen eine Versicherung im brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen – Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) zu gewähren. Zudem ist nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b VVG das Wechselrecht in den Basistarif im Fall einer bestehenden privaten Krankenversicherung geregelt. Im Fall einer bescheinigten Hilfebedürftigkeit i. S. d. Sozialrechts haben Versicherte nach § 152 Abs. 4 Satz 1, 3 VAG gegen ihr Versicherungsunternehmen einen Anspruch auf Halbierung des Beitrags im Basistarif.

Bei der nach § 152 Abs. 4 VAG vorzunehmenden Prüfung, ob durch die Beitragszahlung Hilfebedürftigkeit eintreten würde oder ob unabhängig vom Versicherungsbeitrag Hilfebedürftigkeit vorliegt, ist der Beitrag nach § 152 Abs. 3 Satz 1 oder 3 VAG (Beitrag im Basistarif ohne Selbstbehalte, der auf den Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt ist bzw. bei Beihilfeberechtigten der anteilige Beitrag) zugrunde zu legen. Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit im Falle eines Tarifwechsels nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b VVG ist der tatsächlich geschuldete Beitrag zugrunde zu legen. Ferner sind die Beiträge nach Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 angemessen, wenn die private Krankenversicherung durch eine Absicherung im brancheneinheitlichen Standardtarif nach § 257 Abs. 2a SGB V in der am 31.12.2008 geltenden Fassung erfolgt. Der Standardtarif stellt eine Alternative zum Basistarif für Personen dar, die bereits am Stichtag 31.12.2008 in einer privaten Krankenversicherung versichert waren.

 

Rz. 44

Durch die in Abs. 4 Satz 3 enthaltene Ausnahmeregelung, dass im Falle einer absehbar nur vorübergehend bestehenden Leistungsberechtigung auch ein höherer Beitrag anerkannt werden kann, wird die bereits im geltenden Recht (Abs. 5 Satz 2, vgl. Rz. 49) enthaltene Möglichkeit beibehalten, dass Personen nicht wegen einer absehbar kurzzeitig bestehenden Hilfebedürftigkeit ihre private Krankenversicherung auf den Basistarif umstellen müssen. Im Unterschied zur geltenden Fassung, in der die Zeitspanne einer vorübergehenden Hilfebedürftigkeit nicht geregelt ist, wird die Dauer grundsätzlich auf 3 Monate festgelegt. Eine auf 3 Monate befristete finanzielle Notlage kann bei Personen eintreten, wenn der Zufluss von zumindest bedarfsdeckenden Einkünften oder ein Vermögenszufluss absehbar ist. In diesen Fallkonstellationen wird dadurch verhindert, dass wegen einer voraussichtlich nur für wenige Monate bestehenden Hilfebedürftigkeit ein Tarifwechsel erforderlich wird. Der zweite und in der Praxis häufigere Anwendungsfall liegt vor, wenn privat krankenversicherte Personen von ihrem Versicherungsunternehmen einen Wechsel in den Basistarif oder den Standardtarif verlangen und der Tarifwechsel wegen der dabei vorzunehmenden Prüfung der Beitragshöhe oder aus anderen Gründen nicht kurzfristig vorgenommen werden kann. In begründeten Ausnahmefällen sieht Abs. 4 Satz 4 eine Verlängerung der Frist um weitere 3 Monate auf Antrag oder eine Bewilligung bereits...

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