0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist als Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) am 1.1.2005 (Art. 70 Abs. 1 des genannten Gesetzes) in Kraft getreten und ist seitdem nicht geändert worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 51 hat § 36a BSHG in das Recht des SGB XII übertragen. § 36a BSHG, der mit Wirkung zum 1.7.2001 § 37a BSHG a. F. abgelöst hatte, regelte die Hilfe bei Durchführung einer nicht rechtswidrigen Sterilisation. Die Vorschrift sollte für Personen, die keinen Anspruch auf entsprechende Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung hatten, die notwendigen Hilfen sicherstellen. Aus der im SGB XII geltenden Regelung ergeben sich inhaltliche Änderungen gegenüber dem alten Recht (Rz. 6).
Rz. 3
Die Parallelvorschrift im SGB V (§ 24b) stimmt im Wesentlichen mit § 51 überein. Vor diesem Hintergrund können bei Auslegungsproblemen die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 SGB V als Auslegungshilfe herangezogen werden (vgl. die Veröffentlichung auf der Homepage des Gemeinsamen Bundesausschusses im Internet unter http://www.g-ba.de).
2 Rechtspraxis
2.1 Leistungsberechtigte
Rz. 4
Leistungsberechtigt sind alle Personen, die i. S. d. SGB XII leistungsberechtigt sind, unabhängig von ihrem Alter, Familienstand oder Geschlecht, sofern sie keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung haben (vgl. § 2 Abs. 1 und die Komm. zu § 48 SGB XII).
2.2 Inhalt der Leistung
2.2.1 Begriff der Sterilisation
Rz. 5
Unter Sterilisation versteht man die Herbeiführung der Unfruchtbarkeit (Sterilität) eines Menschen durch einen chirurgischen Eingriff, bei dem Ei- bzw. Samenleiter unterbrochen oder funktionsunfähig gemacht werden; im Unterschied zur Kastration bleiben Libido und die Fähigkeit zum Sexualverkehr erhalten. Dementsprechend wird die Kastration nicht von der Vorschrift erfasst. Für diese Fälle kann ein Leistungsanspruch also nur unter den Voraussetzungen des § 48 in Betracht kommen.
2.2.2 Durch Krankheit erforderlich
Rz. 6
Nach dem Wortlaut der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1514 S. 62 zu § 46) ergeben sich aus § 51 keine inhaltlichen Änderungen gegenüber § 36a BSHG. Dem kann nicht gefolgt werden.
Anders als noch § 36a BSHG stellt § 51 nicht (allein) auf die mangelnde Rechtswidrigkeit der Sterilisation ab. Der aktuelle Wortlaut entspricht vielmehr § 24b Abs. 1 und 2 SGB V in der seit dem 1.1.2004 geltenden Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190). Vor dieser Änderung waren auch in § 24b SGB V a. F. die Leistungsansprüche von Versicherten bei der Durchführung nicht rechtswidriger Sterilisationen geregelt. Die Leistungen bei einer nicht rechtswidrigen Sterilisation wurden aus dem Leistungskatalog des SGB V gestrichen. Der Gesetzgeber war der Auffassung, dass derartige Leistungen in erster Linie zur persönlichen Lebensplanung der Versicherten gehören. Sie sollen daher ausschließlich auf der eigenverantwortlichen Entscheidung der Versicherten zur Finanzierung dieser Leistung beruhen (vgl. Komm. zu § 24b SGB V und BT-Drs. 15/1525 S. 82).
Vor dem Hintergrund der Parallelität der Rechtsänderungen, dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift selbst und dem Wortlaut von § 52 Abs. 1 Satz 1 enthält § 51 damit eine Beschränkung auf die – nicht rechtswidrige – durch Krankheit erforderliche Sterilisation (zweifelnd Schlette, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 20. Erg.-Lfg. IV/10, K § 51 Rz. 6; wie hier H. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 51 Rz. 5 f.).
Sterilisationen, die nicht aus medizinischen Gründen erforderlich sind, sind daher im Rahmen des SGB XII nicht zu leisten, da in solchen Fällen auch ein Rückgriff auf § 48 ausscheidet.
Rz. 7
Für die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Krankheit vorliegt, die die Durchführung einer Sterilisation erforderlich macht, ist der im SGB V geltende Krankheitsbegriff maßgebend (vgl. dazu Komm. zu § 27 SGB V; zu denkbaren Fallgestaltungen etwa bei seelischen Erkrankungen vgl. Schlette, a. a. O.).
2.2.3 Sonstige Leistungsvoraussetzungen
Rz. 8
Obwohl der Wortlaut dies jetzt nicht mehr ausdrücklich zu erkennen gibt, sind die Kosten für die Durchführung einer Sterilisation von den zuständigen Trägern weiterhin nur dann zu übernehmen, wenn es sich um eine rechtmäßige Sterilisationen handelt. Insoweit muss also – wie bei sonstigen operativen Eingriffen auch – eine wirksame Einwilligung des Berechtigten vorliegen. Diesbezüglich sind Besonderheiten bei Personen, die unter Betreuung stehen (§ 1899 Abs. 2, § 1905 BGB), und Minderjährigen zu beachten. Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Minderjährige wirksam in die Vornahme einer Sterilisation einwilligen können, ist umstritten (vgl. Birk, in: LPK-BSHG, 16. Aufl., § 36a Rz. 4 m. w. N.). Richtigerweise dürfte auf die Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen im konkreten Einzelfall abzustellen sein. Im Hinblick auf die Tragweite der Entscheidung sind aber hohe Anforderungen zu stellen.
2.2.4 Leistungsumfang
Rz. 9
Der Leistungsumfang ist identisch mit den in § 24b Abs. 1 Satz 1 SGB V beschriebenen Leistungen. Dementsprechend wird auf die dortige Komm. verwiesen.
2.3 Abgrenzungen
Rz. 10
Leistung...