Rz. 3
Der Gesetzgeber ist sich offenbar bewusst, dass es einer besonderen Eignung bedarf, wenn man sich mit der Durchführung der Aufgaben, die das SGB XII regelt, zu befassen hat. Nicht ohne Grund wird verlangt, dass die betreffenden Personen sowohl von der Persönlichkeit her geeignet sein müssen und zusätzlich entweder über eine entsprechende Ausbildung verfügen oder vergleichbare Erfahrungen vorweisen müssen.
Rz. 4
Persönlichkeit setzt voraus, dass die handelnden Personen menschlich und charakterlich geeignet sein müssen. Es können also nur solche Personen zum Einsatz kommen, die den Leistungsberechtigten zunächst einmal ohne jeden Vorbehalt begegnen und nicht schon von vornherein mit Vorurteilen an ihre Arbeit und die Nöte/Situationen der Hilfesuchenden herangehen (Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 6 Rz. 7; Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 6 Rz. 3; Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 6 Rz. 6; Roscher, a. a. O., § 6 Rz. 7).
Empfehlenswert ist es mithin, genau zu schauen, ob die eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den einzelnen Behördenteilen eines Sozialamtes über ein gewisses Maß an Lebenserfahrung verfügen. Es kann nicht angehen, dass ein Sozialamt als die Stelle in der Verwaltung bezeichnet wird, auf der alle "unliebsamen und unbequemen" Mitarbeiter(-innen) eingesetzt werden (oft aufgrund von Versetzungen, die als "Bestrafung" erlebt werden). Ebenso dürfte es auch nicht sinnvoll sein, ganz junge Verwaltungsmitarbeiter(-innen) einzusetzen, die gerade ihre Ausbildung abgeschlossen haben (und die dann z. B. mit älteren Menschen über deren Krankheiten oder mit Schwangeren über Probleme im Zusammenhang mit der Schwangerschaft zu reden haben).
Rz. 5
Wenn jemand von seiner Persönlichkeit her für die Aufgaben geeignet ist, muss er zusätzlich über eine entsprechende Fachkenntnis verfügen. Er muss in der Lage sein, die Situation des Leistungsberechtigten zu erfassen, die erforderlichen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen und das Gesetz dann entsprechend der gewonnenen Erkenntnisse richtig anzuwenden. Ein hinreichendes Maß an menschlicher Reife, sozialer Einstellung, Neigung für die Tätigkeit im Sozialbereich, Toleranz, Flexibilität und Einfühlungsvermögen sind nur einige der zu fordernden Eigenschaften, die im Sozialamt eingesetzte Mitarbeiter(-innen) mitbringen sollten (Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 6 Rz. 3). Die Technik der Gesetzesauslegung und -anwendung muss außerdem noch beherrscht werden (Schoch, Sozialhilfe, 2. Aufl., S. 93; Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 6 Rz. 9). Zu weiteren Anforderungen auch etwa hinsichtlich der Ausbildungsvoraussetzungen und -erwartungen vgl. Roscher, a. a. O., § 6 Rz 6; Schlegel/Voelzke, a. a. O., § 6 Rz. 16).
Rz. 6
Dabei muss das eingesetzte Personal erhebliche Spannungsfelder bewältigen:
- die Komplexität der sozialen Situation des einzelnen Leistungsberechtigten erfassen;
- die nicht auszuschließende (wenn auch oft wohl weit übertrieben dargestellte) Situation eines möglichen Leistungsmissbrauchs im Blick haben;
- die Unterscheidung zwischen dem Notwendigen an Hilfe auf der einen Seite und der möglichen/gewünschten Hilfe andererseits treffen;
- die Spannung zwischen den vom Gesetzgeber vorgegebenen Zielen und der gesellschaftlichen Wirklichkeit (die gerade nach der Reform des Jahres 2004 und der Umsetzung der so genannten Hartz IV-Gesetzgebung noch deutlich zunehmen dürfte) aushalten können;
(vgl. insoweit insgesamt auch Roscher, a. a. O., § 6 Rz. 2).
Rz. 7
Alternativ zur passenden Ausbildung ist aber auch eine "vergleichbare Erfahrung" im Bedarfsfall ausreichend. Gerade wenn es um die Einschätzung persönlicher Problemfelder und -situationen bei Leistungsberechtigten geht und wenn es erforderlich ist, etwa aufgrund korrekt verstandener Umsetzung des in § 20 SGB X geregelten Untersuchungsgrundsatzes, Lebenssachverhalte, die für eine zu treffende Entscheidung wichtig sind, zu erfassen, kann auch eine entsprechende beruflich erworbene soziale Kompetenz ausreichend sein (Roscher, a. a. O., § 6 Rz. 8; Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 6 Rz. 7). Es ist durchaus denkbar, dass die betreffenden Personen keine den jeweiligen Aufgaben entsprechende Ausbildung durchlaufen haben oder eine andere (Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 6 Rz. 9).
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der Sozialhilfeträger – sofern keine anderen Regelungen getroffen sind – nach wie vor verpflichtet ist, vor dem Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften oder im Zusammenhang mit dem Erlass von Widerspruchsbescheiden sog. sozial erfahrene Dritte zu beteiligen (§ 116).
Diese Personen wirken letztlich bei der Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII mit und sollten daher auch eine besondere Qualifikation besitzen. Diese muss nicht auf einer entsprechenden Ausbildung basieren, sondern kann das Ergebnis vergleichbarer Erfahrungen sein.
Ein besonderes Augenmerk ist auch darauf zu richten, dass sämtliche eingesetzten Personen – sei es haupt-, neben- oder ehrenamtliche Kräfte – auf Fragen der Schweigepflicht, des Datens...