Rz. 11

Mit dieser Vorschrift pauschaliert der Gesetzgeber den unzumutbaren Eigenanteil für Pflegebedürftige der Pflegegrade 4 und 5 (bis zum 31.12.2016 schwerstpflegebedürftige nach § 64 Abs. 3, vgl. Rz. 1) und blinde Menschen (§ 72), die durch ihre Behinderung besonders schwer betroffen sind (vgl. hierzu zum BSHG: OVG Lüneburg, Urteil v. 29.11.1989, 4 A 205/88). Sie umschreibt den begünstigen Personenkreis, wobei unerheblich ist, ob Pflegegeld oder Blindenhilfe gewährt werden (SG Hamburg, Urteil v. 26.1.2007, S 56 SO 209/06; SG Gotha, Urteil v. 2.6.2008, S 14 SO 998/06; SG Karlsruhe, Urteil v. 28.5.2009, S 1 SO 2233/08; Lippert/Zink, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 87 Rz. 33; a. A.: SG Düsseldorf, Urteil v. 14.10.2005, S 23 SO 165/05). Der Sozialhilfeträger kann ("mindestens") zugunsten des Hilfebedürftigen auch höhere Prozentsätze zugrunde legen (BSG, Urteil v. 25.4.2013, B 8 SO 8/12 R; Schoch, in: LPK-SGB XII, SGB XII, § 87 Rz. 16), wobei es zur Selbstbindung der Verwaltung kommen kann (vgl. dazu Lippert/Zink, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 87 Rz. 30). Der Eigenanteil kann nur aufgrund von besonderen Belastungen erhöht werden, die von der Pflegebedürftigkeit oder Blindheit unabhängig sind. Der Umstand, dass eine Familie durch die Pflegebedürftigkeit und die Behinderung einer Person in besonderer Weise belastet ist, führt nicht zu einer generellen Freistellung des über der Einkommensgrenze liegenden Einkommens. Mit der in Abs. 3 Satz 3 vorgesehenen pauschalen Verschonung des die Einkommensgrenze übersteigenden Einkommens in Höhe von 60 % hat der Gesetzgeber derartigen Gesichtspunkten bereits Rechnung getragen (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.2013, B 8 SO 8/12 R). Es können nur solche Umstände berücksichtigt werden, die nicht bereits Gegenstand anderer Sozialhilfeleistungen sind (BVerwG, Urteil v. 10.11.1965, V c 104.64; BSG, Urteil v. 25.4.2013, B 8 SO 8/12 R). Auch sind Belastungen nicht abzusetzen, die nach der gesetzgeberischen Wertung bereits mit dem freizulassenden Einkommen abzudecken sind, weil sie gleichermaßen bei allen nachfragenden Personen vorkommen (dann keine "besondere" Belastung, vgl. BSG a. a. O.). Die Freilassung nach Satz 3 errechnet sich bezogen auf die Einkommensgrenze des § 85 (nicht erst aus dem um besondere Belastungen nach Satz 2 geminderten Betrag, vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.2.2012, L 7 SO 3580/11).

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