Rz. 17
Der Gesetzgeber geht bei Geldleistung von dem Regelfall des bargeldlosen Zahlungsverkehrs aus und unterstellt damit das Einverständnis des Betroffenen mit dieser Form der Erfüllung. Auch wenn dieses nicht ausdrücklich oder konkludent durch die Angabe einer Bankverbindung erklärt wurde, kann der Leistungsträger daher durch Überweisung auf ein ihm bekanntes Konto des Empfängers erfüllen (so LSG Berlin, Urteil v. 22.3.2000, L 9 KR 19/98). Zur Überweisung auf ein Eigengeldkonto nach § 52 StVollzG selbst bei Widerspruch vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 24.7.2015, L 8 U 633/15. Nach zivilrechtlichen Grundsätzen kann der Gläubiger einer Geldforderung, der über mehrere Bankverbindungen und/oder mehrere Konten verfügt, bestimmen, auf welches seiner Konten zu überweisen ist. Erfüllung des Anspruchs tritt daher nur dann ein, wenn auch auf das angegebene Konto überwiesen wird. Wird auf ein anderes Konto überwiesen, kann der Gläubiger die Geldleistung daher grundsätzlich nochmals fordern. Diesem Nachforderungsverlangen kann jedoch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen, wenn wegen der Überweisung auf ein anderes Konto des Berechtigten zugleich ein Rückforderungsanspruch für diese Zahlung bestände oder die Überweisung auf ein angegebenes Konto erfolgt, dass zwischenzeitlich aufgelöst wurde (vgl. BFH, Urteil v. 10.11.1987, VII R 171/84) oder bei dem die Verfügungsbefugnis fehlt (LSG Brandenburg, Urteil v. 24.4.2003, L 6 V 10/02). Insoweit geht das Übermittlungsrisiko auf denjenigen über, der den Überweisungsweg und das Überweisungsziel für die Bringschuld vorgibt. Zum selbst zu verantwortetem Risiko in solchen Fällen vgl. BVerfG, Beschluss v. 29.5.2015, 1 BvR 163/15.
Rz. 18
§ 47 übernimmt diese zivilrechtliche Verpflichtung zur Überweisung auf ein vom Sozialleistungsberechtigten bestimmtes Konto jedoch nicht, sondern lässt die Überweisung auf ein Konto des Empfängers bei einem Geldinstitut zu (LSG Berlin, Urteil v. 22.3.2000, L 9 KR 19/98). Die Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 12.9.1984, 10 RKg 15/83, und Urteil v. 14.8.2003, B 13 RJ 11/03 R) leitet die grundsätzliche Verpflichtung zur Überweisung auf ein vom Berechtigten bestimmtes Konto aus der Regelung des § 33 über die Berücksichtigung von Wünschen bei der Ausgestaltung von Rechten und Pflichten (Individualisierungsgrundsatz) her und macht demzufolge die Pflicht zur Zahlung auf ein bestimmtes Konto davon abhängig, dass damit kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand verbunden ist. Die Regelung des § 33 ist jedoch nicht, dies zeigt auch die systematische Stellung, auf Geldleistungen und deren Erfüllung ausgelegt (so auch Joussen, SGb 2004 S. 635; Mrozynski, SGB I, 6. Aufl., § 47 Rz. 5; vgl. auch Komm. zu § 33). Die Pflicht zur Zahlung und damit Erfüllung auf ein vom Berechtigten vorher bestimmtes Konto könnte sich daher nur aus der Übernahme zivilrechtlicher Regelungen ergeben (so Joussen, SGb 2004 S. 635). § 47 enthält mit dem Hinweis der Überweisung auf ein Konto jedoch gerade eine eigenständige und vom Zivilrecht abweichende Regelung, auch soweit eben nicht (wie in anderen Vorschriften) auf die Überweisung auf ein benanntes oder angegebenen Konto abgestellt wird (vgl. Rz. 7), sodass zivilrechtliche Regelungen nicht anwendbar sind; insbesondere nicht in Bezug auf die Erfüllungswirkung bei Überweisung auf ein Konto des Berechtigten, auch wenn ein anderes Konto benannt wurde. (Zur Überweisung auf ein Eigengeldkonto nach § 52 StVollzG in Abweichung von § 47 vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 24.7.2015, L 8 U 633/15.). Dies schließt allerdings nicht aus, dass der Geldleistungsberechtigte ein anderes Konto für die Zahlung benennt, und der Leistungserbringer diese Bestimmung des Zahlungskontos grundsätzlich zu beachten hat. Das dürfte für den Fall der erstmaligen Errichtung eines eigenen Kontos des Leistungsberechtigten, der Neuerrichtung eines Pfändungsschutzkontos und des Wechsels des Bankinstituts oder der Bankverbindung außer Streit stehen und auch vom zahlungspflichtigen Leistungsträger berücksichtigt werden, denn in diesen Fällen wäre ein solches Begehren auch "angemessen" im Sinne der Entscheidung des BSG (Urteil v. 12.9.1984, 10 RKg 15/83). Allerdings wird der Leistungsträger zur Umstellung der Zahlungsanweisung auf das neue Empfängerkonto einige Zeit benötigen. Insbesondere muss er auch die Zeit für die Änderung der bisherigen Zahlungsanweisung haben, da Überweisungen laufender Geldleistungen zumeist unter Nutzung elektronischer Datenverarbeitungssysteme automatisiert erfolgen, was einige Zeit für die Umstellung benötigt (vgl. Sächs. LSG, Urteil v. 14.3.2017, L 5 R 452/15; Lilge, in: Lilge/Gutzler, SGB I, 5. Aufl., § 47 Rz. 9). Nicht mehr "angemessen" sind jedoch Tatbestände, in denen seitens des Geldleistungsberechtigten die Bestimmung des Kontos oder der Bankverbindung häufig geändert wird, ohne dass dafür plausible Gründe angegeben werden. Nicht nur der entstehende Verwaltungsaufwand für die ständigen Kontoänderungen wäre in diesen Fällen u...