Rz. 18
Auch die Höhe des Auszahlungsbetrages ist, anders als in § 48, nicht in das Ermessen des Leistungsträgers gestellt. Dieser hat vielmehr ohne Rücksicht auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs die zum Lebensunterhalt dienende Sozialleistung ggf. in voller Höhe an die Unterhaltsberechtigten auszuzahlen. Dies beruht offensichtlich darauf, dass der Unterhalt des Untergebrachten selbst sichergestellt ist, andererseits jedoch andere notwendige Aufwendungen zur Aufrechterhaltung des Haushalts und zur Erfüllung eingegangener Verpflichtungen des Untergebrachten (Miete, Kreditverträge, Versicherungen etc.) zu tätigen sind. Nur daraus ist auch erklärlich, dass § 50 Abs. 2 die Überleitung von Unterbringungskosten generell als nachrangig gegenüber den Ansprüchen aus § 49 regelt, ohne die Erstattung aus dem durch die Unterbringung geringeren notwendigen Selbstbehalt zu erwähnen.
Rz. 19
Über die Höhe der Auszahlung an die antragstellenden Unterhaltsberechtigten enthält die Vorschrift auch bei mehreren Unterhaltsberechtigten keine Aussage. Aus der Formulierung "soweit der Untergebrachte kraft Gesetzes unterhaltspflichtig ist", lässt sich ableiten, das sich die Befugnis zur Auszahlung an Dritte allein nach deren jeweiligem zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch richten kann und soll (so auch Mrozynski, SGB I, 4. Aufl., § 49 Rz. 8; E. Jung, in: Wannagat, SGB I, § 49 Rz. 9; Baier, in: Krauskopf, SozKV SGB I, § 49 Rz. 11; W. Lilge, in: Lilge, SGB I, § 49 Rz. 5a, 7). Da die Vorschrift aber keine Unterhaltspflichtverletzung voraussetzt, wird in der überwiegenden Zahl der Fälle kein Unterhaltstitel vorliegen, der konkrete bezifferte Unterhaltsansprüche bestimmt. Selbst die Geltendmachung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten für die Zukunft (des nächsten Fälligkeitstermins für die Sozialleistung) dürfte als Voraussetzung für einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch als Zahlungsanspruch problematisch sein, weil zuvor im Regelfall keine Mahnung und möglicherweise wegen der Unterbringung auch kein verschuldeter Verzug vorliegen wird (vgl. § 1613 i. V. m. §§ 284, 285 BGB).
Rz. 19a
Das Abstellen auf den gesetzlichen Unterhaltsanspruch für die Auszahlung an Dritte ist für das Sozialrecht nicht nur unpraktikabel (so Mrozynski, SGB I, 4. Aufl., § 49 Rz. 8; dem folgend: E. Jung, in: Wannagat, SGB I, § 49 Rz. 9), sondern dürfte den Sozialleistungsträger in vielen Fällen überfordern, denn dieser ist weder personell noch verfahrensrechtlich in der Lage, die in diesen Fällen erforderlichen Feststellungen zu treffen (§§ 60 ff. gelten nur für Leistungsberechtigte, nicht für Auszahlungsempfänger). Der Sozialleistungsträger wird über nahestehende Angehörige und daher vermutlich Unterhaltsberechtigte lediglich in den Fällen Kenntnis haben, in denen für die Leistung Angehörige (Ehefrau, Kinder) vorausgesetzt werden. Andere Unterhaltsberechtigte nach bürgerlichem Recht (z. B. der geschiedene Ehegatte oder ehemalige Lebenspartner) sind dagegen zumeist unbekannt. Stellen diese Dritten keinen Antrag auf Auszahlung, bleiben sie, wenn nicht der Untergebrachte selbst darauf und auf deren Unterhaltsanspruch hinweist, unbekannt mit der Folge, dass ihnen gegenüber auch keine Zahlungen aus der Sozialleistung erbracht werden. Der Rückgriff auf den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch bedeutet andererseits auch, dass der Eigenbedarf (§ 1603 Abs. 1 BGB) des Untergebrachten zu berücksichtigen ist. Dieser Eigenbedarf kann zwar wegen der Unterbringung gemindert sein, es bestehen jedoch keine gesetzlichen Vorgaben über den Umfang für diesen Fall. Ob man sich daher für den Eigenbedarf an § 35 Abs. 2 SGB XII oder § 47 StVollzG orientieren kann (vgl. Mrozynski, SGB I, 4. Aufl., § 49 Rz. 7) und/oder darüber hinaus konkrete Kosten für eingegangene Verpflichtungen des Untergebrachten (Miete, Kreditverträge, Versicherungen etc.) berücksichtigen kann oder muss, ist mithin offen.
Rz. 20
Es erscheint daher nicht unbedenklich, in diesen Fällen für die Bestimmung der Höhe der konkreten Unterhaltsansprüche verschiedener Berechtigter eine verwaltungsaktmäßige Entscheidung des Sozialleistungsträgers zu verlangen (so z. B. Mrozynski, SGB I, 4. Aufl., § 49 Rz. 1), da mit § 49 dem Sozialleistungsträger nicht die Stellung des Familiengerichts zur verbindlichen Entscheidung über Unterhaltsansprüche eingeräumt ist. Die gesetzlichen Unterhaltsansprüche von Personen, die keinen Antrag gestellt haben, werden durch die Auszahlungsentscheidung des Sozialleistungsträgers auch nicht ausgeschlossen; dies gilt insbesondere dann nicht, wenn diese über titulierte Unterhaltsansprüche verfügen, jedoch keine Kenntnis von der Unterbringung haben. Insoweit entscheidet der Sozialleistungsträger auch nicht über die Unterhaltsansprüche, sondern diese bilden lediglich den Maßstab für die Auszahlung von Sozialleistungsansprüchen an Dritte in Abweichung von § 47. Der Leistungsträger müsste seine Verwaltungsentscheidung zudem unter den Vorbehalt einer abweichenden zivilgerichtlic...